Wasser auf Rickls Mühle
GROSS-SCHWEINBARTH. Die einstige Mühle am rauschenden Mühlbach ist heute ein High-Tech-Betrieb, geführt von Josef Rickl in fünfter Generation.
Beschaulichkeit und Romantik sucht man in der ehemaligen Rickl Mühle vergeblich, moderne Technik und erneuerbare Energie haben im Betrieb Einzug gehalten. "Der Müller ist ein technischer Mensch, überlegt immer Verbesserungen", erklärt Seniorchef Josef Rickl. Die Gebrüder Travnicek hatten die alte Mühle nach 1900 gebaut. Ohne Bauplan, so war es damals üblich. "Monatelang wohnten die Mühlentischler bei uns, bis sie zum nächsten Arbeitsplatz weiterzogen", erklärt Rickl. Das Bauwerk war aber nicht das erste am Groß-Schweinbarther Mühlbach. Seit 1600 existierte hier eine wasserbetriebene Mühle, damals eine Holzkonstruktion. 1894 ging die Mühle in Besitz der Familie Rickl über, an "Josef I.".
Schwerarbeit mit Fingerspitzengefühl
Das Müllergewerbe war ein arbeitsintensives Geschäft. Die Qualität des Mehls wurde per Hand geprüft, die einzelnen Mahlvorgänge ständig überwacht und händisch korrigiert. Beim Vermahlen des Getreides entstehen verschiedene Mehltypen und Kleie. Erst kommt die Schälmaschine für die äußerste Getreideschale zum Einsatz, dann wird der Mahlvorgang mehrmals wiederholt, je länger er dauert, umso dunkler wird das Mehl. Bis zu sechs Tonnen Getreide verarbeitete die alte Mühle in 24 Stunden, ihr Betrieb war aber auch von äußeren Faktoren abhängig, unter anderem vom Wasserstand des - nicht gerade reißenden - Mühlbachs. Das benötigte Wasser wurde, um die Leistung zu steigern, im Bereich der benachbarten Haferl Mühle aufgestaut und zur Rickl Mühle geleitet.
Der Großonkel hatte zur Zeit des Ersten Weltkriegs zwischenzeitlich auf Benzinmotor-Antrieb umgestellt. Mit einem selbstgebastelten Eintakter. Bis die Maschine in die Luft flog. "Onkel Hermann hatte Glück und kam, abgesehen von seinen verbrannten Ohren, heil davon", erinnert sich der pensionierte Alt-Müller, Großvater Josef Rickl. Später wurde auf Dieselmotor umgestellt, dann auf Elektromotor.
Sonnenenergie statt Wasser
Mittlerweile ist auch Juniorchef Josef Rickl, Jahrgang 1987 und in fünfter Generation, im Betrieb tätig. Getreidehandel ist das Hauptgeschäft des Groß-Schweinbarther Familienbetriebs, und man setzt auf erneuerbare Energie. Mit der Trocknungsanlage, befeuert durch Hackschnitzel, spart man den Einsatz von 120.000 Litern Heizöl pro Jahr. Mehl liefert die Rickl-Mühle nur noch an Gastronomen. "Früher gabs Bäcker in jeder Ortschaft, das waren unsere Hauptkunden", erinnert sich Seniorchef Rickl. Heutige Großbäckereien erwarten jedoch unverändert gleiche Qualität, die können Kleinbetriebe nicht gewährleisten.
Waren im Jahr 1960 noch 1038 Mühlen in Österreich registriert, sind es heute 112. Davon mahlen zehn Mühlen 70 Prozent des Getreides.
Und die alte Rückschüttmühle? "Ich habe überlegt, eine Schaumühle daraus zu machen, mich aber schließlich schweren Herzens dazu entschlossen, sie abzubauen", sagt Rickl. Noch sieht man die Konstruktion aus jener Zeit, als der Müller noch Handwerker im wahrsten Sinn des Wortes war. "Mein Vater war zugleich Steinschleifer, Sattler und Müller", lächelt der Alt-Müller. Die Zeiten schwerer körperlicher Arbeit sind vorbei. Der junge Müller hat aber auch mehrere Jobs: Er ist Labortechniker, Maschinenbauer, Lebensmittelhygieniker und Marketing-Fachmann.
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