schwieriger Bergrettungseinsatz

Lageskizze

Ein `cooler`Vollmondeinsatz im Almajurtal Johann WALCH, OStL Bergrettung Steeg-Kaisers
Einen coolen und unvergesslichen Wintersporttag wollten drei junge Burschen aus Landshut, Deutschland am 23.02.2013 im Wintersporteldorado St Anton machen.
Bei einem Tagesausflug schnappten sie sich ihre Snowboards und genossen die Pulverhänge, ohne sich rechtzeitig ernsthaft über die topografischen Besonderheiten des Schigebietes rund um den „Arlberg“ zu machen.
In den frühen Nachmittagsstunden fuhren sie am „Valluga“-Schlepplift im Knoppenkar bergwärts. Dabei bemerkten sie zwei Schifahrer im Tiefschnee in Richtung Fallersteis wedeln. Nach dem Motto „was die können, können wir auch“, erlagen sie „dem weißen Rausch“. Ohne lange zu überlegen fuhren sie den angelegten Spuren nach, kletterten flugs fünf Minuten über eine Felsscharte und carvten anschließend im „Verborgenen Kar“ talwärts. Im flacheren Auslauf bemerkten sie erst ihren Leichtsinn: „weit und breit keine schnelle und bequeme Aufstiegshilfe in Aussicht. Wie kommen wir zum Auto zurück?“
Über Handy erhielten sie von einem Bekannten ferndiagnostisch die Information, dass sie einfach den Abfahrtshang aufsteigen sollten, um so zum Ausgangspunkt zu kommen. Der zweite fatale Fehler der Unwissenden.
Mit jugendlichem Elan stapften die drei zu Fuß mit ihren Snowboards im Schlepptau im Tiefschnee die Steilflanke im „Verbogenen Kar“ bergwärts. Nach vier Stunden, nach einem schier unendlichen Kraftakt, mussten sie erkennen, dass die abweisenden Felsabfälle der Fallersteis- und Weißschrofenspitze ein Weitersteigen unmöglich machen.
Erst jetzt dürften die Abenteurer durch die fortschreitende Dämmerung bzw die körperlichen Anstrengungen ihrer misslichen Lage bewusst geworden sein. Das Unvermeidliche trat ein: „verirrt und verstiegen!“
Nur mit viel Glück gelang es ihnen per Handy einen Notruf abzusetzen.
Um 18.08 Uhr alarmierte die Leitstelle Tirol bei der Bergrettung Steeg-Kaisers. Der sofort angedachte Einsatz eines Rettungshubschraubers scheiterte an der fortschreitenden Dunkelheit und am einsetzenden leichten Schneefall.
Um 19.00 Uhr starteten 8 Bergretter mit Tourenschi und Stirnlampen ins Almajurtal zur Suche nach den abgängigen Wintersportlern. Eine schnellere Vortruppe gelangte relativ rasch durch das Hochtal zur Erlachhütte. Trotz lautem Rufen und Abfeuern von Signalraketen keine Spur von den Abgängigen.
Um 22.15 Uhr konnte die Nachtruppe konnte in einer Spitzkehre unterhalb der Erlachlpe von der gegenüberliegenden Talseite die Schreie der Vermissten wahrnehmen. Im spärlichen Licht konnten die Bergretter diese sogar im Bereich Fallersteis in etwa lokalisieren.
Zwischenzeitlich war es auch der Einsatzleitung gelungen einen kurzen Telefonkontakt mit den Vermissten herzustellen. Dabei bestätigten die Verirrten den Sichtkontakt mit den Bergrettern und dass sie in der Ferne kleine Lichtpunkte (des Bergdörfchens Kaisers) ausmachen können. Danach riss auch schon die Verbindung ab. „Auf gut Glück“ wurden sie von der Einsatzleitung per SMS aufgefordert die GPS-Daten ihres Standortes aus ihrem modernen Mobiltelefon auszulesen und an die Einsatzleitung zu senden.
Durch „das in etwa Auffinden“ der Abgängigen wurde die gesamte Einsatzmannschaft zur „Bodenalpe“ zurück beordert. Eine neue Strategie musste von der Einsatzleitung geschmiedet werden.
3 Mann von der Vorgruppe stiegen über das „Marteregg“ zur Almajurhütte auf. Während ein Mann auf der Almajurhütte auf die Nachgruppe wartete, stiegen 2 Bergretter weiter zu den Vermissten auf. Rasch gelang es ihnen die Verirrten oberhalb der Felsabfälle im „Gamskar“ im Auslauf der Bacherspitze auszumachen. Dorthin hatten sich die Opfer zwischenzeitlich durch Abfahren bzw Abrutschen begeben. Leichtsinnig waren die Schneesportler sogar über einen ausgesetzten Felsabbruch in eine Felsnische abgerutscht, von wo sie weder vor noch zurückkamen.
Zwischenzeitlich klarte die Vollmondnacht im Einsatzgebiet vollends auf. Die Temperatur fiel rasch in arktische Bereiche Richtung minus 20 Grad.
Damit Nachtens im Notfall noch eine Bergung der Vermissten sichergestellt werden konnte, wurde die Einsatzmannschaft mit 9 Mann der Nachbarortsstelle Elbigenalp verstärkt.
Um 02.22 Uhr trafen die 2 vorsteigenden Bergretter nach einem beschwerlichen Umweg bei den Vermissten ein Zum Glück waren die Opfer unverletzt und noch guter Dinge. Einer der Bergretter kletterte zu den Opfern ab, während der Zweite diese dann mit einem Seil bergwärts zog.
Nachdem die Abenteurer von den Rettern wieder ins Gamskar zurück geschafft werden konnten und eine Bergung zu zeitaufwendig und zu riskant schien, wurde vereinbart, dass die Aufgefundenen erst in den Morgenstunden mit einem Hubschrauber ins Tal geflogen werden.
Damit den eisigen Temperaturen getrotzt werden kann, wurden die Snowboarder von den beiden Bergrettern angeleitet eine Schneehöhle zu graben und ein Not Biwak an Ort und Stelle zu errichten.
Falls in den frühen Morgenstunden wider Erwarten eine Bergung der Opfer flugtechnisch unmöglich gewesen wäre, musste der Rest der Einsatzmannschaft von der Einsatzleitung vorsorglich auf der Almajurhütte stationiert werden.
Das lange, ermüdende Warten bis zum Tagesanbruch in der klirrenden Kälte und Stille der Nacht wurde nur durch die periodische Kontrollrufe über Digitalfunk durch die Einsatzleitung unterbrochen.
Um 07.27 Uhr kündigte sich der Polizeihubschrauber der Flugeinsatzstelle Innsbruck durch lautes Knattern an und flog die Abgängigen nach St Anton. Dort wurden sie vom Sprengelarzt medizinisch abgecheckt und nach Hause entlassen.
Die Bergretter fuhren ins Tal nach Kaisers ab, wo nach 16,5 Stunden um 10.30 Uhr bei einer kurzen Abschlussbesprechung der Einsatz glücklicher Weise erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Trotz Vorkehrungen seitens der Arlberger Bergbahnen müssen während der Wintersaison im Almajurtal mehrmals auf „Irrwege“ geratene Wintersportler aus aller Herren Länder – meist durch leichtsinniges Unterschätzen der topografischen Lage – von der Bergrettung Steeg-Kaisers geborgen werden.

Wo: Almajurtal, 6655 Kaisers auf Karte anzeigen
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