Ältestes „Dach“ Österreichs entdeckt: Kanadische Experten datieren Dachziegeldeckung der Dominikanerkirche um 1350
KREMS. Wenn Dächer Geschichten erzählen könnten, dann wäre jene des Daches der Kremser Dominikanerkirche die allerlängste. Denn hier befinden sich die ältesten eingedeckten Dachziegel Österreichs. Eine Untersuchung kanadischer Gutachter datiert ihre Entstehung auf die Mitte des 14. Jahrhunderts.
Dass die Dachziegel über den südlichen Teil des Chores der Dominikanerkirche historischen Wert haben, war schon lange klar. Deswegen machte sich das Bundesdenkmalamt auch für die Sanierung des Daches anstelle einer Erneuerung stark. Dieser Empfehlung folgte die Stadt als Eigentümerin der säkularisierten Kirche. „Eine genaue Befundung der mittelalterlichen Keramikdachziegel brachte ein Ergebnis mit Seltenheitswert. Es handelt sich um die älteste erhaltene Dachziegeldeckung in Österreich“, erklärt Landeskonservator Dr. Hermann Fuchsberger. Bislang sind hierzulande nur Dachziegel aus dem 15. Jahrhundert in der Grazer Altstadt belegt. Die Kremser Dachziegel stammen aus dem 14. Jahrhundert.
Zur Untersuchung: Zunächst wurden sechs Dachziegel für eine erste grobe Altersbestimmung nach dem Thermolumineszenzverfahren nach Deutschland verschickt. Bei diesem Echtheitstest, bei dem Fälschungen erkannt werden, wurde die Dosis der im Ziegel gespeicherten Radioaktivität gemessen. Um zu einem exakteren Ergebnis zu kommen, gingen die Dachziegel weiter auf Reise in ein kanadisches Speziallabor, wo gezielt die gespeicherte Radioaktivität gemessen wurde. Auf diese Weise konnte der Zeitpunkt der letzten Abgabe der gespeicherten Strahlung infolge einer Erhitzung eruiert werden. Dieser Zeitpunkt ist mit der Herstellung des Ziegels, also dem Ziegelbrand, gleichzusetzen. Das Ergebnis: Die Dachziegel der Dominikanerkirche stammen aus einer Zeit um 1350. Es handelt sich um eine Mönch-Nonnen-Dachdeckung, die damals zu den gängigen Formen zählte und inzwischen rund 660 Jahre alt ist. „Krems ist UNESCO-Welterbe, und daher sind wir mehr als alle anderen dazu verpflichtet, unser reiches kulturelles Erbe vorbildlich zu pflegen und zu erhalten“, sagt Bürgermeister Dr. Reinhard Resch. Seit Jahrzehnten unternehme die Stadt große Anstrengungen in der Denkmalpflege und habe dafür international viel Anerkennung bekommen, so Resch.
Die Dominikanerkirche wurde 1265 fertiggestellt, der Langchor um 1330. Damit ist seine Bauzeit gleichzusetzen mit dem Alter der Dachziegel, was auch den Schluss zulässt, dass es sich bei der heutigen Deckung um die Ersteindeckung handelt. Allerdings in zweiter Verwendung. Denn der Dachstuhl ist bedeutend jünger. Er stammt aus dem Barock und ist rund 300 Jahre alt. „Möglicherweise hatte man kein Geld für neue Ziegel und musste deswegen die alten wieder verwenden. Meistens war es aber so, dass hochwertige Baumaterialien wiederverwendet wurden. Heute kann man sich das kaum mehr vorstellen, dass Baustoffe über 600 Jahre der Witterung standhalten“, so Fuchsberger.
Die Dachziegel sind in Zementmörtel eingedeckt. Sie mussten bei der Dachsanierung lediglich gereinigt und neu verfugt werden. Innenseitig enstand eine neue Dachlatten-Konstruktion zur Absicherung des Daches und außen aus Sicherheitsgründen eine Ziegelfang-Einrichtung. Daneben wurde u.a. auch die Dachentwässerung erneuert und der gesamte Dachraum taubensicher verschlossen. Die Dachsanierung ist Teil der Generalsanierung der Kirche, die 2011 gestartet wurde und in Summe 3,6 Mio. Euro ausmachen wird. Stadt und Land tragen die Kosten zu jeweils 50 Prozent, finanzielle Unterstützung gab es auch vom Bund.
Turmfalken erhalten Brutkasten
Im Glockenturm haben es sich Turmfalken gemütlich gemacht. Damit sie trotz Taubenschutznetze, die bei allen Öffnungen angebracht wurden, hier ihre Bleibe behalten und nisten können, wird im Turm ein Brustkasten eingebaut. Der kann dann ohne Barrieren von den Turmfalken angeflogen werden.
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