Kalliauer mit 91,3 Prozent zum neuen SPOÖ-Chef gewählt
Nach einer turbulenten Nacht wählte die SPÖ OÖ heute im Linzer Design Center ihre neue Spitze. "Fehlende Solidarität untereinander" war eines der Top-Themen unter den Delegierten. Der neue Vorsitzende Johann Kalliauer gab sich von Beginn an kantig gegenüber der schwarz-blauen Landesregierung – den scheidenden Parteichef Reinhold Entholzer sah man selten so kämpferisch und emotional.
Ebenfalls neu gewählt wurden die Stellvertreter des Parteichefs. Deren Zahl wurde von bisher 15 auf vier reduziert: Klubobmann Christian Makor (93,8 Prozent), Frauenchefin Sabine Promberger (97,8 Prozent), die dritte Landtagspräsidentin Gerda Weichsler-Hauer (94,6 Prozent) und Sozialminister Alois Stöger (94,6 Prozent) werden Kalliauer in seiner Abwesenheit vertreten. Die Genossen stimmten auch über das Thema der Jahreskampagne ab: "Leistbares Wohnen" setzte sich gegenüber "ganztägige Schulformen" und "Gesundheitsversorgung" durch.
Kalliauer: "Keine Schnellschüsse" bei der Besetzung der Geschäftsführung
Die SPÖ OÖ ging in einem desaströsen Zustand in diesen Parteitag. Über Nacht war Reinhold Entholzer von der Parteispitze zurückgetreten. Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger hatte ihn wegen seiner Entscheidung torpediert, die Geschäftsführung kurzfristig auszutauschen: Die Pergerin Sabine Schatz hätte die Agenden von Peter Binder und Roland Schwandner übernehmen sollen. Nachdem Entholzer das Handtuch geworfen hatte, wurde der oö. Arbeiterkammerchef und Gewerkschaftsboss Johann Kalliauer als neuer Parteivorsitzender vorgeschlagen. Wer unter ihm Geschäftsführer wird, ist noch unklar – Kalliauer will sich dem Vernehmen nach seine Geschäftsführung selbst wählen. Auf BezirksRundschau-Anfrage sagte er jedenfalls, dass er "keine Schnellschüsse" bei der Besetzung der Landesgeschäftsführung wolle. Sabine Schatz steht für diese Funktion nicht mehr zur Verfügung. Bis auf weiteres sind noch Peter Binder und Roland Schwandner im Amt, wobei es aber als fix gilt, dass Schwandner geht und zu den Kinderfreunden zurückkehrt.
"Dachte, es kommt ein riesiges Chaos heraus"
Nach und nach entwickelte sich der Parteitag für die Genossen heilsam. Das Thema der fehlenden Solidarität wurde von zahlreichen Rednern aufgegriffen. Insgesamt gab es 16 Wortmeldungen. Manfred Kalchmair, Bürgermeister von Sierning, sprach wohl vielen aus dem Herzen, denn er erntete für seine Stellungnahme tosenden Applaus: "Ich habe zuerst gedacht, was kann denn bei diesem Parteitag herauskommen, außer einem riesigen Chaos. Es ist schade, dass es den Rücktritt gebraucht hat, um so einen Neustart zu schaffen." Nach dem Motto: "Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer" habe Entholzer nun die Wertschätzung und Solidarität erfahren, die es eigentlich von jeher gebraucht hätte.
"Machtgelüste" von Klaus Luger
Einige Stellungnahmen der Delegierten sprachen eine deutliche Sprache, wie beispielsweise die von der Jungsozialistin Fiona Kaiser: Die "Machtgelüste" von Klaus Luger hätten dafür gesorgt, dass Entholzer nicht mehr kandidiere. "Das, was gestern passiert ist, war parteischädigend." Obwohl Klaus Luger nicht zum Parteitag gekommen war, zeigte sich Entholzer solidarisch: "Wir dürfen uns gegenseitig nicht ausrichten, wer woran Schuld ist. Schuld ist nicht der Bürgermeister von Linz, sondern die fehlende Gemeinschaft", sagte er in einer seiner Ansprachen. Der scheidende Parteichef war so kämpferisch und emotional wie selten. Mehrfach kamen ihm die Tränen.
"Habe es nicht geschafft, die Reihen zu schließen"
"Ich habe es nicht geschafft, die Reihen in der Partei zu schließen. Aber dies ist nicht der Tag der Abrechnung, sondern der Tag, zur Partei und ihrer Führung zu stehen", so Entholzer bei seiner Rede. Es ginge jetzt nicht um persönliche Befindlichkeiten. Er bat um volle Unterstützung für die neue Parteiführung.
"Inhaltliche Schärfung und personelle Weichenstellung"
Auch Johann Kalliauer streute seinem Vorgänger Rosen: "Das, was du für die Partei geleistet hast, vor allem in den letzten Stunden, sucht seinesgleichen." Er startete sofort damit, die schwarz-blaue Regierung in Oberösterreich zu kritisieren: Sie mache keine Politik für die Jungen und für Frauen. "Es gibt keinen Grund für die SPÖ, sich zu verstecken. Ich mache mir keine Illusion, wir haben einen schweren Weg vor uns. Wir brauchen eine inhaltliche Schärfung und die eine oder andere personelle Weichenstellung. Wir müssen in kurzer Zeit Leitplanken und Eckpfeiler einschlagen, dass man sich danach richten kann." Kalliauer bat auch um Verständnis für die Emotionalität, die derzeit in der Partei herrsche: "Wir sind bei einer entscheidenden Weichenstellung."
Katerstimmung zu Beginn
Zu Beginn des Parteitags war die Stimmung noch sehr durchwachsen. Die Katerstimmung nach den nächtlichen Sitzungen war groß. Bei einer Umfrage der BezirksRundschau unter den Funktionären erhielt man verschiedenste Antworten. Einerseits hörte man Aussagen wie: "Der Partei geht es bescheiden", "Ich stehe nicht hinter dieser Übergangsgeschichte" und "Wir sind für Entholzer". Andererseits goutierten auch viele die Entscheidung: "Kalliauer ist ein erfahrener Krisenmanager" und "Es wird ein neuer Boden geebnet", war zu hören. Von 314 Delegierten waren 282 anwesend, insgesamt kamen 1000 Genossen zum Parteitag.
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