160 km – „Alex“, die Marathonfrau

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„Distanzreiten“ – was ist das eigentlich?
Eigenständiger Sport wurde Distanzreiten Ende des 19. Jahrhunderts in Europa. Harte Rennen, vorwiegend von Soldaten geritten, zeigten entsprechende fatale Folgen. Beim Distanzritt Wien – Berlin 1892 (572 km) betrug die Siegerzeit 71 Stunden. Bis zum Ende der darauf folgenden Woche waren 25 Pferde aus dem Teilnehmerfeld, darunter auch das des Siegers, verendet.
Heute gehen diese Rennen über Strecken von 20 – 160 km und die Gesundheit der Rennpferde steht an oberster Stelle. „Alle 40 km gibt es eine Zwangspause und eine Zwangskontrolle“ schildert die Staatsmeisterin von 2010, Alexandra Engleder, wie ein Tierarzt genau auf die Belastung der Tiere achtet: „ Der Puls des Pferdes darf maximal 64 betragen, die Muskulatur muss locker sein, der Tierarzt drückt oberhalb der Zähne auf das Zahnfleisch, das wird weiß und muss innerhalb einer Sekunde wieder rosa erscheinen, eine Hautfalte darf maximal zwei Sekunden stehen, die Haut muss elastisch sein“ so die 31jährige. Zur schnellen Regeneration gibt es „Wasserkühlung“ mit zwei bis drei Kübeln am Hals, Rücken und an den Füßen „wie in einer Waschstraße“. „Bei der WM in Aachen habe ich aus einem Wasserkübel getrunken, das Pferd bekam einen eigenen Eimer“ erklärt die Magistra (Designmanagement), dass eine Distanzreiterin nicht zimperlich sein darf.
Geht es über die lange Distanz von 160 km soll das Ross kraftsparend laufen. „Ich muss das Pferd sehr gut kennen, damit ich weiß, wie schnell ich reiten darf.“ Den Vollblutaraber „Maharani“ hat sie im Alter von vier Jahren eingeritten. „Es dauert drei Jahre, bis das Tier fit ist, 160 km zu laufen“. LSD Training ist angesagt – hat aber nichts mit Rauschgift zu tun sondern heißt: Long slow distanz training - Gewöhnung daran, lange unterwegs zu sein. Araberpferde sind hart im Nehmen, robust, leichtfüßig schnell, haben starke Füße, Sehnen und Gelenke ; 400 kg geballte Kraft ihres Wallachs sind für sie Grundlage „Pferde erfolgreich und gesund“ über 160 km zu reiten. „Wir sind ein Team“ sieht die Haslacherin das Tier nicht als Sportgerät sondern als Partner. „Wir holen uns im Ziel den Siegespreis, das Mascherl nur zu zweit ab. Ich freue mich zusammen mit meinem Pferd, dass wir gemeinsam etwas geschafft haben“ erzählt die Grafikerin.
Geschwindigkeiten von 15 – 20 km/h im Trab sind durchaus üblich. Die Bestzeiten für 160 km liegen je nach den Bedingungen meist bei 8–10 Stunden.
Nach 80 km auf der Strecke gibt es für „Maharani“ das Lieblingsfressen, Müsli und Äpfel, im Ziel dann schließlich Heu. „Beim Pferd gehst du an die Grenzen, persönlich auch darüber hinaus“ schildert sie, wie sie auf Bergabstücken bis zu 10 km neben dem Tier herläuft, um es zu schonen. Als regierende Triathlon Landesmeisterin über die double olympics (1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren, 21 km Laufen) fällt ihr das wahrscheinlich nicht allzu schwer.
Zur Titelsammlung gesellen sich noch drei Landesmeistertitel und zwei Vizelandesmeistertitel im Reiten. Schließlich ziert auch noch ein Staatsmeistertitel die Visitenkarte. Zweimal hat sie auch die Auszeichnung „erfolgreichste österreichische Reiterin“ nach Hause geritten.
Misserfolge bleiben im Sport nicht aus: „Bei der WM in Aachen bin ich 150 km in strömenden Regen geritten. Zehn km vor dem Ziel hat sich mein Pferd „vertreten“, ist umgepökelt. Eine leichte Gangunreinheit bedeutet das „aus“. Nach 10 Stunden war das schon bitter“. Aufgewogen wird dies durch ihr schönstes Erlebnis: „Als ich in Compiégne (FR) bei der Europameisterschaft mit der Österreich-Fahne ins Ziel galoppieren durfte.“
Sattel und Reiterin müssen zusammen 75 kg wiegen. Für die zarte 31jährige Grafikerin bedeutet dies: Zusätzlich werden Bleikugeln in den Sattelbaum eingefüllt, um das vorgeschriebene Kampfgewicht zu erreichen.

Bei diesen langen Distanzen kann sie dem Spruch von Winston Churchill – früher selbst Kavallerie Soldat – allerdings nichts abgewinnen: Ein Pferd ist etwas, dass vorne und hinten gefährlich ist und in der Mitte unbequem.

Fototexte:
Das Pferd muss Vertrauen zu dir haben, du musst es gut behandeln.
Ich merke es, wenn Mahari „angefressen“ ist, er dreht sich dann von mir weg.
5430 km ist sie bis jetzt rennmäßig geritten.
Reitertraum: Teilnahme am TEVIS Cup (USA), dem schwersten Rennen der Welt. Warteliste: Vier Jahre Wartezeit.
Bei einem Massenstart musst du dir das Rennen gut einteilen. Reserven für den Sprint 200 m vor dem Ziel sind wichtig.

Fotos: gawe

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