Hochwassergipfel am Fröhlerhof
Wien.Tirol.Brüssel. Bereits im Vorfeld wurden Gespräche mit betroffenen
Bürgern, Grundeigentümern und Unternehmern in Buch und Strass geführt. Im
Rahmen der Schaffung von Retentionsflächen und der damit verbundenen
Zonenfestlegungen sowie Einräumung von Zwangsdienstbarkeiten gehen die Wogen
hoch. Zahlreiche Privathäuser, Betriebe und Agrarflächen sind davon
betroffen.
Der Anlass war sehr ernst, ging es doch bei einer Informationsrunde am
Fröhlerhof um die Frage der Einräumung von Zwangsrechten bzw. Enteignungen
im Rahmen der Festlegung neuer Gefahrenzonen beim Hochwasserrisiko im
Inntal.
Der in solchen Angelegenheiten versierte gerichtlich beeidete
Sachverständigen und EU-Konsulent Dr. Johannes Ausserladscheiter aus Buch,
der Wiener Wirtschaftsanwalt Dr. Bernhard Umfahrer und Heimatforscher Martin
Reiter analysierten dieses heikle Thema aus der fachlichen, juristischen und
historischen Perspektive.
Klar zutage kam unter anderem, dass die oft gebrauchte Floskel „das stammt
alles von der EU“ bei näherer Betrachtung nur teilrichtig ist. Denn die
sogenannte EU-Hochwasserrichtlinie sieht viel weniger vor als hierzulande
daraus gemacht wurde bzw. wird. Martin Reiter: „Österreich spielt wieder
einmal den Musterknaben, verschärfte die Gangart, beschleunigt das Tempo und
schiebt dafür dann den schwarzen Peter der EU zu.“
Vergleicht man die Gesetzeswerke seitens EU und Bund, dann stimmt das
tatsächlich.
Auch in Tirol sei dies der Fall und die Diskussionsteilnehmer wünschten sich
größtenteils ein „Herausnehmen des Tempos“ beim derzeitigen Verfahren, das
unzählige neue gelbe und rote Zonen verordnet und somit Bauten sowie
Betriebsentwicklungen in Zukunft verhindert. Vor allem für die betroffenen
Gemeinden und Bürgermeister eine Katastrophe, denn von den knapp 700.000
Einwohnern Tirols leben 80 Prozent auf nur vier Prozent der Landesfläche und
diese befinde sich noch dazu zum Großteil im Inntal zwischen Kufstein und
Imst.
Es fehle in Tirol auch die Einbindung der seit 2014 geltenden Verordnungen
und die Neuberechnung unter Anwendung eines 3-Säulen-Modells, wie es der
Bund nun vorsieht, so Reiter, der selbst ein 530 Jahre altes Haus am Inn
besitzt, das nun zwei Meter hoch geflutet werden soll.
Dr. Johannes Ausserladscheiter: „Zur Festlegung der Gefahrenzonen sind daher
nicht nur Pegelstände sondern sämtliche nützlichen Informationen zu
berücksichtigen, insbesondere auch Wissen von besorgten Bürgern und
Grundeigentümern.“ Außerdem sei die Mitarbeit der Öffentlichkeit in der
EU-Hochwasserrichtlinie ausdrücklich vorgesehen und werde auch im
entsprechenden Bundesgesetz dezidiert angeführt, so der Sachverständige.
Dass die Information der Öffentlichkeit seitens der Behörden bisher sehr
dürftig war, konnten alle Anwesenden bestätigen.
Ausserladscheiter weiter: „Die Höhe der Entschädigung von ausgewiesenen
Retentionsflächen ist möglichst im Vorfeld auszuhandeln und ordnungsgemäß zu
bewerten.“ Dabei verwies Wirtschaftsanwalt Dr. Bernhard Umfahrer darauf,
dass entsprechende Liegenschaften nicht gänzlich enteignet sondern mit
Zwangsrechten belegt werden. Diese Zwangsrechte zu bewerten, sei enorm
schwierig.
Nun wollen sich die Betroffenen in größeren Gruppen formieren und mit Hilfe
von Sachverständigen und Juristen Alternativen erarbeiten, konstruktive
Gespräche mit der Beamtenschaft führen und somit für Gemeinden, Betriebe und
private Betroffene „Schadensbegrenzung“ erreichen. Vor allem aber steht die
Herausnahme roter Zonen bzw. die Möglichkeit dort zu Bauen im Fokus der
Bürgermeister: „Seitens der Behörde wird eine Baugenehmigung in der roten
Zone auch dann abgelehnt, wenn der Bauwerber die gesamte Haftung und das
Risiko übernehmen würde.“ Das Thema betrifft ganz Österreich, ja sogar die
gesamte Europäische Union. Es ist Rücksicht und Zusammenarbeit geboten damit
die "Oberlieger" nicht mehr als das unvermeidbare Wasser an die
"Unterlieger" weiterleiten.
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