Venedig-Flair an der Alten Donau
Der Verein "Voga Veneta Vienna" bringt mit seinen Gondeln einen Hauch von Venedig über die Alte Donau. Die bz war bei einer Ausfahrt mit den Booten dabei.
DONAUSTADT/FLORIDSDORF. Der Wind weht leicht und die Gondeln schaukeln im Wasser. Der Holzsteg knarrt unter Enzo Prochazkas bestimmten Schritten. Es ist warm, in einem kleinen Boot am Hafen sitzt ein Mann und liest gemütlich eine Zeitung. Und das ist Wien? Ja! Für dieses Bild muss man nicht nach Venedig reisen, sondern nur in die nächste U-Bahn steigen und zur Alten Donau fahren. Seit zwölf Jahren ist Enzo Prochazka Teil des Vereins "Voga Veneta Vienna", welcher circa 20 aktive Mitglieder zählt: von der jungen Italienerin aus Padova, die seit vier Jahren beim Verein ist, bis hin zum pensionierten Pärchen, das seine Freizeit gerne am Wasser verbringt, könnten sie nicht unterschiedlicher sein.
Prochazka, waschechter Floridsdorfer, lernt den Neuen im Verein, eigenständig Gondel zu fahren. Warum er die Aufgabe übernimmt? "Es gefällt mir einfach!", sagt Prochazka lächelnd. Das merkt man sofort, denn er ist ein wahrer Spezialist und weiß alles über das Gondelfahren. Das ist schließlich das Wichtigste im Verein, denn es geht darum, die typisch venezianische Ruderweise auch in Wien aufrecht zu erhalten. Gewartet werden die original italienischen Boote von allen Vereinsmitgliedern gemeinsam.
Ein Floridsdorfer als Gondoliere
Während Prochazka die Schutzplane von einer der Gondeln zieht, sieht er mit seinem blau gestreiften T-Shirt und den braun gebräunten Unterarmen aus wie ein echter Gondoliere. Schon im Alter von 12 Jahren hatte er begonnen, segeln zu lernen. Eigentlich habe er sein ganzes Leben auf der Alten Donau verbracht. „Nur drei Jahre lang war ich meinem Bezirk untreu, da hab ich im neunten gewohnt“, erklärt er, während er auf das Wasser blickt.
Auf die Frage, ob er ein Italienliebhaber sei, muss er schmunzeln. Begonnen habe er mit jahrzehntelangen Segel-Urlauben an der Adria, Venedig habe er erst später kennen und lieben gelernt. Mittlerweile verbringt er zweimal jährlich eine Woche in der norditalienischen Lagunenstadt, um im bezaubernden Ambiente Gondel zu fahren. Freunde würden ihm ihre Boote leihen, für das Gondelfahren an sich brauche man keinerlei Papiere.
Prochazka zeigt stolz die hölzerne Vorrichtung, genannt „Forcula“, eine Rudergabel, in die das Ruder beim Rudern eingelegt wird. Er hilft beim Einsteigen in eine der sogenannten “Bühnengondeln“. Die Rudergabel ist nach oben offen, damit man jederzeit das Ruder schnell zum Manövrieren herausnehmen kann, denn die Kanäle in der Stadt sind sehr eng und in der Lagune ist es oft sehr seicht.
Eine Ausfahrt wie in Venedig
Setzt man sich auf die gepolsterten Holzbänke, steigt Prochazka schon auf den hinteren Teil des Bootes. Schnell ist die Landleine losgelöst und das Ruder in die Forcula eingelegt - jetzt kann der kleinen Ausfahrt nichts mehr im Wege stehen und das Boot fährt gemütlich aus dem Hafen. Interessant wäre, ob es irgendwelche Voraussetzungen fürs Gondelfahren gibt, aber Prochazka sagt sofort, dass man kein Vorwissen braucht. „Naja, schwimmen sollte man halt können, irgendwann fällt man schon ins Wasser!“, fügt er lachend hinzu.
Doch was ist die Schwierigkeit am venezianischen Rudern? „Es ist nicht sehr schwierig“, meint Prochazka. Man müsse nur das Gleichgewicht im Boot halten, in die richtige Richtung fahren und eben rudern. Habe man die Technik erst gelernt, ginge das sehr gut. „Man muss sich vorstellen, dass die Venezianer eine ganze Stadt mithilfe von Ruderbooten erbaut haben“, erzählt Prochazka. Am Steg eines befreundeten Vereins in Floridsdorf angekommen, begrüßen uns schon die anderen Mitglieder des Vereins. Es scheint, als würden sich alle sehr gut verstehen. Die bunte Gruppe verbringt viel Freizeit am Hafen und auf dem Wasser.
Mit der Gondel nach Floridsdorf
Prochazka schlägt der Gruppe vor, nach Floridsdorf zu fahren. Mit der Gondel, versteht sich. Diesmal kommen alle Vereinsmitglieder mit, eine Gondel und zwei Sandolos sind auf dem Wasser. Die Boote passieren die vielen kleinen Ferienhäuschen am Ufer. Sie ziehen die Aufmerksamkeit der Anrainer und Segelnden auf sich und Fotos werden geschossen. "Das ist immer so", meint Prochazka.
Er wirkt entspannt und zufrieden, während er auf dem hinteren Teil der majestätischen Gondel steht und gleichmäßig rudert. "In Venedig hat es früher mehr als 35 verschiedene Bootstypen gegeben", erzählt er und erklärt die wichtigsten Unterschiede.
Als Prochazka das Boot am Hafen in Floridsdorf mit einem Seil befestigt, sitzen die anderen Vereinsmitglieder schon gemütlich mit einem Bier zusammen. Die Stimmung ist heiter, es wird gescherzt, gelacht und gemeinsam gejausnet. Nur ungern verabschiedet man sich von so einer bunten Gruppe, die bestimmt viele Geschichten zu erzählen hat.
Mitglieder gesucht!
Gerne hätte der Verein "Voga Veneta Vienna" mehr Mitglieder. Willkommen sind alle, die Freude am Wasser haben und die italienische Ruderkultur aufrecht erhalten möchten. Voraussetzungen gebe es wie gesagt keine. Um Mitglied werden zu können, lernt man vorerst mit Prochazka das Gondelfahren: 60 Euro kostet eine Schnupperkarte, dabei sind sechs Ausfahrten inkludiert. Dann kann man sich noch immer entscheiden, ob man Teil des Vereins werden möchte oder nicht. Für die Wartung der Boote wird ein jährlicher Mitgliedsbeitrag von 270 Euro gezahlt, für Studenten bis zum 27. Lebensjahr beträgt er nur 150 Euro pro Jahr. Mehr Infos und Fotos findet man auf der Homepage: www.voga-veneta-vienna.com
Bei Fragen kann man sich gerne an den Verein wenden:
E-Mail: club@voga-veneta-vienna.com
Tel: 01/479 22 78
Mobil: 0)664/181 28 24
Präsident Dominik Loss: dominik.loss@voga-veneta-vienna.com
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