Die Stadt von gestern
Von Flugzeugen und Rennautos
Das neue Buch "Die Stadt von gestern" lädt zu einer Entdeckungstour durch das Wien der Vergangenheit ein.
DONAUSTADT. Zwar nehmen die Autoren Thomas Hofmann und Beppo Beyerl die Leser ihres Buches auf eine Zeitreise durch Wien mit, doch als Nostalgiewerk wollen sie "Die Stadt von gestern" nicht sehen. "Wir reden nicht von der guten, alten Zeit, sondern wollen aufzeigen, wie verdichtet und angereichert mit menschlichen Geschichten diese Stadt ist", erklärt Hofmann.
"Es war uns wichtig, die verschütteten Identitäten der Stadt wieder an die Oberfläche zu holen", so Beyerl, der gemeinsam mit Hofmann genauso an die Rutschbahn im Meidlinger Tivoli erinnert wie an die Rotunde im Prater oder das einstige Flugfeld in Aspern.
Lauda und Rosberg in der Donaustadt
"Ich bin 1964 geboren und kann mich noch an den einstigen Flughafen in Aspern erinnern", so Thomas Hofmann. "Auch an die Autorennen am Gelände. Jochen Rindt, Niki Lauda und Keke Rosberg haben bis 1977 ihre Runden in der Donaustadt gedreht."
Vor Niki Lauda gab sich allerdings Graf Zeppelin die Ehre, doch der Reihe nach: Die Wiener Fluggeschichte nimmt ihren Anfang auf der Simmeringer Heide. "Dort zog auch der Franzose Louis Blériot, der 1909 erstmals den Ärmelkanal überflogen hat, seine Kreise. Auch Kaiser Franz Joseph war anwesend und hat dort, wo heute die Gurken wachsen, zugesehen."
Für die "Wiener Flugwoche" 1910 musste allerdings ein neuer Veranstaltungsort gefunden werden, da die Aviatiker nicht im 11. Bezirk starten wollten. "Damals war schon Schwechat im Gespräch, allerdings entschloss man sich aufgrund der Nähe zum Zentralfriedhof für den größeren Asperner Platz hinter dem Ort Aspern in Richtung Essling." Nach einigem Hin und Her wurde das Flugfeld Aspern am 23. Juni 1912 offiziell mit einer internationalen Flugwoche eröffnet – mit gleich drei Unfällen am ersten Tag.
Der Kaiser salutiert Graf Zeppelin
"Am 9. Juni 1913 kam es zur Sensation: Graf Ferdinand Zeppelin landete mit dem Luftschiff "Sachsen" in Aspern", erzählt Hofmann. "Zuvor überflog er noch Schönbrunn, wo der Kaiser begeistert salutierte." Mit Flugveranstaltungen und Fallschirmvorführungen war Aspern ein beliebtes Ausflugsziel der Wiener. Ende Juni 1914 fand in Aspern das 3. Flugmeeting statt. "Die Schüsse von Sarajewo am 28. Juni 1914 beendeten nicht nur das Meeting, sondern auch die große Zeit des Flugfeld Asperns. Das war fortan in militärischen Händen", erklärt Beyerl.
Am 20. März 1918 wurde in Aspern aber wieder Geschichte geschrieben, als das erste Postflugzeug nach Kiew abhob. "Bis 14. September 1922 war in Österreich die zivile Luftfahrt verboten, nur die Siegermächte durften in Aspern starten und landen."
Leni Riefenstahl und Joseph Goebbels
Schon bald wurde Wien zum Sprungbrett zwischen dem Westen und dem Balkan; das Flugfeld Aspern wurde ausgebaut und von internationalen Fluggesellschaften wie der britischen Imperial Airways angeflogen. "Nach dem Anschluss 1938 landeten andere Berühmtheiten in Aspern wie Leni Riefenstahl und Joseph Goebbels", so Hofmann.
"Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges benutzten die Sowjets, die bis 1955 Transdanubien besetzt hielten, Pisten im teils zerstörten Flughafen." Nach dem Abzug wurde der Flughafen wieder aufgebaut und diente als Schauplatz von Ausbildungstätigkeiten, Rundflügen und als Basis von Flugtagen.
Die Errichtung der zweiten Piste am Flughafen Schwechat im Jahr 1977, bedeutete das Ende des Asperner Flugplatzes. "Am 31. März 1977 war am Flughafen Aspern offiziell Schluss. Im Juli 2009 wurden die Pisten abgerissen, die Seestadt Aspern wurde am Areal des ehemaligen Flugfeldes errichtet."
An Flugzeuge und Rennautos erinnert heute nur mehr ein Gedenkstein aus schwarzem Granit am Straßenrand der Groß-Enzersdorfer-Straße. "Es wäre innovativ, am Standort Aspern wieder Autorennen zu veranstalten", so Hofmann. "Natürlich dem heutigen Zeitgeist entsprechend mit Elektroautos!"
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