Eine Reportage über Honig und seine Imker
Biene Joe und ein Topf voll Gold

Joe Zechner bereite die Honigwaben für die Schleuder vor | Foto: Cosimo Nando
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  • Joe Zechner bereite die Honigwaben für die Schleuder vor
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Ein Topf voll Gold

Eine Reportage von Cosimo Nando

Der Keller ist hell erleuchtet und es riecht nach Wachs. Prüfend hält Josef Zechner den Refraktometer gegen das Licht. "16,1%!" ruft er zufrieden aus und hält mir das Gerät vor die Nase. "Das ist Ideal! Damit haben wir hier Qualitätshonig!"
Der Refraktometer sieht aus wie eine Art Mikroskop und dient dazu, den Anteil von Wasser zu messen. In unserem Fall also den Anteil von Wasser im Honig. Neugierig werfe ich einen Blick durch das Gerät. Tatsächlich, jetzt kann auch ich es sehen.
16% Wasser zeigt die Anzeige.
Was man auf den ersten Blick für einen Drogenküche aus einem amerikanischen Film halten könnte, ist bei näherer Betrachtung die Küche es ambitionierten Imkers.

Die Imkerei, also das Züchten von Bienen, erfreut sich in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit. Mit Wachstumszahlen von fast 10% Jährlich erfreuet sich die Bienenzüchterei dabei regen Interesse und Zulauf. Doch warum ist das so?
Und wie kommt man dazu Bienen zu züchten?
Josef Zechner ist ein groß gewachsener Mann Mitte 50. Er lebt am Rand von Wien in einer Wohnung mit einen großen Garten welchen er sich mit seinem Nachbarn teilt. Vor mittlerweile sieben Jahren hatten sie die Idee, ihren eigenen Honig zu produzieren, Platz für einen Bienenstock gäbe es ja in ihren Garten. Gesagt getan, sie meldeten sich für einen Imker-Kurs an, und im darauffolgenden Frühjahr hatten sie schon die ersten Drei eigenen Bienenvölker. Während der Nachbar mit der Produktion lediglich seinen Eigenbedarf deckte, wurde es bei Josef Zechner - den alle nur "Joe" nenne - doch schnell mehr. Jedes Jahr verdoppelten sich seine Völker und aus Josef Zechner wurde die Biene Joe. Mittlerweile hat er fast 30 Bienenvölker die jährlich ungefähr 600 Kilogramm Honig produzieren. Natürlich stehen diese Völker nicht mehr bei ihm im Garten. Sie stehen quer verteilt rund um Wien. Und Biene Joe produziert auch nicht nur Honig. Diverse Wachs-Erzeugnisse finden sich in seinem Sortiment, welche er bei allen möglichen Märkten in Wien anbietet. Seit ein paar Monaten fährt er auch ein Elektro-Auto. Stolz erzählt er, dass er seinen BIO-Honig nun sogar fast CO2 Neutral einsammeln kann. Es ist Ende Juli und wir befinden uns am Ende der Blütenzeit. Den Höhepunkt markiert die Sommersonnwende, ab dann gibt es immer weniger Blüten. Dieses Jahr, meint Joe, ist es nicht so ertragreich wie das letzte. Grund dafür ist natürlich das kalte Klima im Mai gewesen, aber er ist trotzdem Zufrieden.

Es ist Sonntag 9 Uhr früh als mein Telefon läutet. "Hallo ich bins, Joe" höre ich Joe seine Stimme. "Ich war jetzt ernten und bin die nächsten Stunden in meinem Keller, also wenn du kommen möchtest.." Was Joe offensichtlich mit seinen Bienen teilt ist ausdauernder Fleiß und seine Geduld. Glücklicherweise ist Joe mein Nachbar, so ist mein Weg also nicht sonderlich weit. Als ich im Keller ankomme, steht er gerad mit dem Refraktometer vor der Lampe und ist begeistert.

Er hat seinen Keller über die Jahre ausgebaut und viele tausende Euro investiert. Mittlerweile sieht es schon nach einer überzeugenden Imkerei aus. Die Schleudermaschine läuft auf Hochtouren während Joe bereits die nächsten "Rähmchen" vorbereitet. Rähmchen sind einfache Holz-Rahmen in denen die Honigwaben eingebettet sind.
Joe fällt mit seinen knapp 30 Bienenvölkern noch untern den Begriff Hobbyimker. Der Staat unterstützt durch steuerliche Entlastung die vielen kleinen Imker-Betriebe die es gibt. 28.000 Hobby- und 423 Erwerbsimkerinnen sind es in Österreich.
Wer meint, dass man damit leicht Geld verdienen kann, der irrt sich. 20-30 Kilo kann man von einem Volk ernten erzählt Joe. Aber es gibt natürlich auch die Wandervölker. Das sind Imker, die zur Blütezeit quer durchs Land ziehen und immer dort zu finden sind, wo es gerade Bestäubung im großen Stil braucht. Weil ohne Bienen, das ist klar, würde unsere ganze Agrarwirtschaft nicht funktionieren. Und so kann es leicht sein, dass die fahrenden Völker bis 80 Kilogramm pro Volk erzielen, also ein Vielfaches im Vergleich zu einem „ruhenden“ Bienenstock. In Österreich werden jedes Jahr zwischen 4 und 8 tausend Tonnen Honig hergestellt. Da ist Joe im Vergleich tatsächlich nur eine kleine Biene. Dennoch, der Bedarf ist wesentlich höher und so kommt fast die Hälfte des Honigs mittlerweile aus dem Ausland.
Eine weitere Hobby-Imkerin ist die Lehrerin Tanja P. Sie ist Anfang 30 und lebt mit ihrer Familie in Tulln. Sie interessierte sich schon seit langem für die Imkerei, aber erst als es dann einen Garten und damit auch genug Platz gab, wurde der Wunsch in die Realität umgesetzt. Auch sie besuchte zuerst mehrere Kurse über das Jahr verteilt, wo ihr die wesentlichen Grundlagen vermittelt wurden. Seit Anfang des Jahres betreibt sie „Übung am Objekt“. Vieles, erzählt Tanja P, findet man durch praktisches Arbeiten heraus, und falls sie mal nicht weiterweiß, macht sie sich im Internet schlau. Ihre erste Ernte war 10 Kilo, wobei für sie das Wohl des Bienenvolkes übergeordnet ist. Deshalb lässt sie den Bienen auch immer Honig in ihren Waben und ernten nicht alles ab. Die Verarbeitung erzählt sie, sei allerdings etwas mühsam da ihr das richtige Equipment fehle. Diese Investition zahle sich für sie aber auch nicht aus. Überhaupt sei für sie der Honig nicht der Hauptzweck. Als Lehrerin verwendet sie das Wachs zb. um mit den Kindern Wachstücher zu basteln, oder zeigt den Kindern im Mathematikunterricht wie man den Ausfall oder den Ertrag eines Volkes berechnen kann. Auch die Apitherapie, also die medizinische Anwendung von Bienenprodukten interessiert sie. Bei der Biene dreht sich halt nicht alles nur um den Honig sagt sie. Und da hat sie natürlich recht.

Bienen sind nach Schweinen und Rindern und noch vor den Hühnern die wichtigsten Nutztiere. Fast 80% der Pflanzen sind von ihrer Bestäubung abhängig. Trotz dieser großen Abhängigkeit des Menschen von der Biene, trägt er immer wieder Maßgeblich zum großen Bienensterben bei. Die größten Killer sind natürlich Pestizide. Aktuell ist das Thema Glyphosat – ein Unkrautvertilger – groß in den Medien. Doch die Staaten wehren sich und so soll die Zulassung in vielen Ländern verboten werden. Wir werden sehen wieviel Einfluss die Pharma-Lobby darauf nehmen kann. Eine weitere große Bedrohung ist die Varroamilbe, welche aus Asien eingewandert ist. Die Milbe ist eine Art Zeck, und ist ein Bienenvolk einmal damit befallen, ist das so gut wie ein Todesurteil. Auch hier kann man zwar mit Chemie versuchen die Milben zu töten, allerdings wandert das Gift dann auch in den Honig den letztendlich wieder wir Menschen essen. Es ist also keine einfache Aufgabe. Trotz aller Widrigkeiten muss man sich aber um den Fortbestand der Bienen keine Sorgen machen wie es in so manchen Science-Fiction-Romanen dargestellt wird beruhigt Joe. Viele Imker hätten schon eingelenkt, denn keine möchte Gift in seinem Honig haben.

Joe hat seinen gesamten Betrieb auf Bio umgestellt und zeigt stolz, dass er sämtlichAuflagen erfühlt. Für ihn zählt tatsächlich das Wohl der Biene, was sie produzieren und was am Ende die Konsumenten, also wir Menschen, zu Essen bekommen.

Mittlerweile ist es Ende August. Die Tage werden wieder kürzer aber noch ist es spätsommerlich warm. Ich sitze auf meiner Terrasse und schreibe die letzten Zeilen dieses Artikels und um mich herum, wie könnte es anders sein, schwirren die Bienen.
Was ich früher noch als lästiges Insekt wahrgenommen habe, beobachte ich mittlerweile mit anderen Augen. Mir war zwar schon immer der sprichwörtliche Fleiß der Biene bekannt, aber wie fundamental wichtig doch diese kleinen Gelb-Schwarz-Gestreiften Insekten für uns Menschen sind, wurde mir erst im Zuge der Recherche bewusst.
Schon Albert Einstein soll 1949 gesagt haben: „Wenn die Biene einmal von der Erde verschwindet, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, keine Menschen mehr.“
Das erscheint mir logisch. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Menschen wie Tanja P. und Josef Zechner gibt, die sich mit viel Hingabe um das Wohlergehen und den Fortbestand kümmern, denn dann brauchen wir uns zumindest in dieser Hinsicht keine Sorgen zu machen.

Joe Zechner bereite die Honigwaben für die Schleuder vor | Foto: Cosimo Nando
Biene Joe an der Schleuder. Hier wird das "Gold" gewonnen.  | Foto: Cosimo Nando
Der Refraktometer wird verwendet um das Wassergehalt im Honig zu messen.  | Foto: Cosimo Nando
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