Gelsenplage in der Marchau: Biologe Hans Jerrentrup informiert

Mittels Rückenspritze wird das Eiweißpräparat aufgebracht.
  • Mittels Rückenspritze wird das Eiweißpräparat aufgebracht.
  • hochgeladen von Ulrike Potmesil

Warum haben wir derzeit etliche Gelsen?
Um diese Frage zu beantworten, ist es notwendig, sich die Biologie der Gelsen etwas genauer anzuschauen: Es gibt ganz verschiedene Arten von Gelsen mit sehr unterschiedlichen Lebensweisen: Hausgelsen, die sich in kleinen Wasserbehältern vermehren, Fiebergelsen, die in permanenten Gewässern mit viel Pflanzenbewuchs aufwachsen und Augelsen (Überschwemmungsgelsen). Diese legen ihre Eier (ca. 300-400 pro Weibchen) auf feuchtem Boden in der Au ab. Werden diese Gelege durch ein Hochwasser überflutet entwickeln sich die Gelsenlarven und 7-18 Tage später schlüpfen die fliegenden, blutsaugenden Gelsen.

Was ist passiert?
Am 30.04.2017 gab es auf der March ein Hochwasser mit 4,51 m Pegelstand Hohenau. Das war zwar nicht bedrohlich für Land und Menschen, aber es überflutete weite Teile der Au entlang der March (nicht an der Thaya). Nach Abfließen blieben in der gesamten Au große Wasserflächen stehen – in diesen Tümpeln entwickelten sich in Folge ungeheure Mengen an Gelsenlarven, es können hunderttausend auf einem Quadratmeter und Milliarden Gelsenlarven am Hektar sein.

Der "Verein biologische Gelsenregulierung entlang Thaya und March" hat es sich zur Aufgabe gemacht, derartige Gelsenplagen zu verhindern bzw. einzudämmen. Sofort nach dem Hochwasser wurden die Brutstätten der Gelsen erfasst und umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung der Larven im Wasser mit dem biologischen Mittel BTI eingeleitet. Dabei kamen sowohl unsere „Gelsenwehren“, also Fußtruppen mit Rücken-spritzen, als auch der Hubschrauber mehrfach großflächig zum Einsatz.

Warum gibt es also trotzdem etliche Gelsen in unseren Ortschaften?
Es handelt sich zu 99 % um Überflutungsgelsen, wie unsere Untersuchungen ergeben haben. Nun die Antwort setzt sich aus vier Teilen zusammen:
Bisher werden nur auf der österreichischen Seite der March-Thaya-Auen Regulierungs-maßnahmen durchgeführt – unsere Nachbarn in der Slowakei und Tschechien machen nichts und Gelsen kennen keine Grenzen und schwärmen auch in die von uns regulierten Gebiete aus, deutliches Beispiel ist das Gebiet bei den Bogenschützen von Hohenau. Trotz intensiver Regulierung auf österreichischer Seite gibt es dort besonders viele Gelsen, weil das südliche Soutok-Gebiet (tschechisches Gebiet zwischen March und Thaya) teilweise geflutet war und die Gelsen aktiv von dort einfliegen.

Wie bei jeder anderen Arbeit im Freiland (etwa in der Landwirtschaft) hat keine Maßnahme 100 prozentigen Erfolg; selbst wenn wir von einer Reduzierung der Gelsenlarven in ihren Brutstätten durch unsere Regulierungsmaßnahmen von mindestens 90 % ausgehen, bleiben leider immer noch viele Millionen Gelsen übrig, die dann ausschwärmen und uns belästigen,

Für einige Gemeinden (Rabensburg, Angern, Marchegg) besonders wichtig ist auch die Tatsache, dass in den in der Au gelegenen Naturschutzgebieten jegliche Gelsenregulierung von den niederösterreichischen Behörden von Anfang an untersagt wurde – auch hier entwickelten sich nach dem Hochwasser enorme Mengen an Gelsen,

Der vierte, und wohl wichtigste Grund ist, dass genau an den Tagen des Schlüpfens der Gelsen nach dem Hochwasser um den 15. - 18. Mai herum für mehrere Tage sehr starker Südostwind herrschte. Dieser hat massiv dazu beigetragen, Gelsen aus der Au in die Ortschaften zu transportieren, auch - oder besonders aus den unregulierten Bereichen der Nachbarländer. Dies soll nicht als eine billige Ausrede verstanden werden, sondern es gibt sehr starke wissenschaftlich belegbare Anzeichen hierfür: In mehreren Gemeinden unseres Vereins gibt es seit dem vergangen Wochenenden in den höher gelegenen Kellerbergen mehr Gelsen als in den Ortszentren selbst. Selbst im Wald am Steinberg bei Zistersdorf, gut 10 km von der Au entfernt wurden am Wochenende zahlreiche Gelsen aus den Marchauen festgestellt. Werden Gelsen vom Wind vertragen, bleiben sie in höherem Gelände, speziell mit hohen Bäumen, hängen und stechen in der Umgebung.

Alle vier Gründe tragen dazu bei, dass es momentan besonders in der Dämmerung eine spürbare Belästigung durch Gelsen gibt – es bleibt aber zu bedenken, dass ohne die Regulierungsmaßnahmen das Gelsenaufkommen um ein Vielfaches schlimmer wäre – vielleicht so wie in vergangenen Jahren etwa 2006 und ein Aufenthalt in Freien wohl auch tagsüber unerträglich wäre.
Der Verein mit all seinen Mitarbeitern und freiwilligen Helfern wird sich weiter dafür einsetzen, die Regulierungsmaßnahmen noch erfolgreicher zu machen und endlich auch die Nachbarn davon zu überzeugen, gemeinsam und aktiv gegen die Gelsenplagen vorzugehen.

Erfreulich ist, dass Gelsen nicht sehr lange leben und wenn es keine weiteren Hochwässer in nächster Zukunft gibt, die meisten der Plagegeister schon in 10 – 14 Tagen wieder verschwunden sein werden.

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