Hindernislauf am Bahnhof
Der ehemals barrierefreie Angerner Bahnhof wurde zu einem Hindernisparcours umgebaut
ANGERN. Als "Schildbürgerstreich" bezeichnete Angerns Bürgermeister Robert Meißl (SPÖ) den Bahnhofsumbau im Jahr 2011/12. Er lief schon, als er die Planungen gesehen hatte, gegen fehlende Aufzüge und mangelnde Barrierefreiheit Sturm. Ohne Erfolg. Erst der mediale Protest von Barbara Lentsch, Mutter von sechs Monate alten Zwillingen und verärgerte Bahnkundin, brachte Bewegung in die Sache.
Die junge Mutter aus Angern muss, wenn sie zum Zug will, jedesmal 64 Stufen überwinden - mit Zwillingswagerl ist das eine echte Herausforderung. "Ein Hindernisparcours", meint sie. Bei den ÖBB erfuhr Lentsch, die keinen Führerschein besitzt, sie könne ja in die Nachbarortschaften fahren, die Bahnhöfe Stillfried und Tallesbrunn seien barrierefrei.
"Nach dieser patzigen Antwort habe ich mich an den Volksanwalt gewandt", erzählt Lentsch. In der ORF-Sendung "heute mittag" bestätigte Peter Resetarits, dass Barrierefreiheit laut Gesetz in neuen öffentlichen Gebäuden verpflichtend sei. Das Kuriose daran: Angerns Bahnhof war barrierefrei. Erst seit dem Umbau ist er es nicht mehr.
Meißl: "Früher konnten die Bahnpassagiere unter Aufsicht des Bahnhofsvorstands die Gleise überqueren." Dass man aus Sicherheitsgründen auf Unterführungen umstieg, ist für den Ortschef nachvollziehbar. Dass zwar Liftschächte, aber keine Aufzüge gebaut wurden, dagegen nicht. Mit 750 Kunden pro Tag sei die Frequenz zu gering, hieß es von Seiten der ÖBB. Andere Projekte wären dringlicher.
Doch am meisten ärgert sich Meißl über die Forderungen der ÖBB: "Da hieß es, wenn wir einen Lift wollen, soll ihn die Gemeinde zahlen."
Kurz nach Barbara Lentschs öffentlichem Auftritt erzielte man eine Einigung. Die ÖBB übernehmen 50 Prozent der Baukosten, den Rest teilen sich Land und Gemeinde.
Laut ÖBB-Pressesprecher Christopher Seif arbeitet man seit längerer Zeit an der Lösung des Problems - nicht erst aufgrund der ORF-Berichterstattung. "Mir wurde gesagt, bis die Zwillinge laufen können, ist der Lift fertig. Hoffentlich laufen sie bald", meint Bürgermeister Robert Meißl.
Ulrike Potmesil
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