Ehemalige Synagoge Gänserndorf: Bundesdenkmalamt begutachtet morgen
Der Schutzstatus des umstrittenen Gebäudes in Gänserndorf wird überprüft. Noch ist offen, wann eine Entscheidung fällt.
GÄNSERNDORF (up). Der Protest der Gänserndorfer Grünen gegen den geplanten Abriss der ehemaligen Synagoge (die Bezirksblätter berichteten) hat gewirkt. Vorerst. Denn jetzt hat sich das Bundesdenkmalamt eingeschaltet und einen sofortigen Abbruch-Stopp für das Haus, das als Musikschule, später als Kindergarten und dann als provisorisches Jugendheim mit Ablaufdatum genutzt worden war, angeordnet. Die Behörde vermutet, dass das Gebäude doch schützenswert sei.
"Das Objekt war uns bisher nicht bekannt, außerdem ändert sich die Bewertung im Laufe der Jahre", informiert die Präsidentin des Bundesdenkmalamts, Barbara Neubauer.
Komplettumbau in den 70er-Jahren
Bisher stand das Haus nicht unter Denkmalschutz, es war bis in die 30er-Jahre als Synagoge genutzt worden, ist seit Ende der 50er-Jahre in Besitz der Stadtgemeinde und war in den 70er-Jahren komplett umgebaut worden. "Vom ursprünglichen Gebäude ist wenig erhalten, die gründerzeitliche Fassade wurde abgeschlagen, die halbrunden Fenster und Türen wurden entfernt und Kunststofffenster eingebaut. Weiters wurden alle Innenwände und Türen versetzt", teilt Bürgermeister René Lobner mit.
2013 als die Stadtgemeinde den Abriss des desolaten Gebäudes geplant hatte, war auch Oskar Deutsch, Präsident der Israelitische Kultusgemeinde, über die Pläne informiert worden. Aus einem Schreiben der Gänserndorfer Historikern Ida Olga Höfler von November 2013 geht hervor, dass die Kultusgemeinde zu diesem Zeitpunkt weder Interesse an dem Gebäude noch Einwände gegen den Abriss gehabt hatte.
Jüdische Friedhöfe im Bezirk Gänserndorf
Grüne jubeln über Etappensieg
Die Grüne Gemeinderätin Beate Kainz freut sich über den vorläufigen Bescheid: "Die ehemalige Synagoge bekommt ein faires Verfahren - dem Ansehen der Gemeinde hätte es gut getan, wenn das auch ohne Druck von außen möglich gewesen wäre."
Lobner wehrt sich in einem offenen Brief dagegen, dass "Gänserndorf vorsätzlich und wider besseres Wissen ins rechte Eck gerückt" werde. Er schreibt: "Wir pflegen in Gänserndorf seit Jahrzehnten vor den Toren unserer Stadt den jüdischen Friedhof und dessen Vorplatz. Das ist für uns Erinnerungskultur und Respekt der jüdischen Gemeinde gegenüber."
Tatsächlich ist der jüdische Friedhof der Stadtgemeinde der mit Abstand gepflegteste im Bezirk, was nicht zuletzt Ida Olga Höfler zu verdanken ist. Gemeinsam mit der heutigen ÖVP-Stadträtin Christine Beck und der Jungen ÖVP, der auch René Lobner angehörte, wurde 1998 das völlig überwucherte Gelände wieder zugänglich gemacht, die Grabsteine geputzt und restauriert.
Historischer Wert und Bausubstanz zählen
Experten des Bundesdenkmalamts haben gestern, Dienstag, das umstrittene Gebäude unter die Lupe genommen, um den Schutzstatus zu überprüfen. Laut Barbara Neubauer entscheidet nicht nur der Zustand der Gebäudesubstanz, ob ein Objekt denkmalschutzwürdig ist, sondern auch dessen kulturhistorischer Wert.
Der Stadtchef rechnet damit, dass die Behörde keinen Schutzstatus über das Gebäude verhängt. "Wenn wir es nicht abreißen dürfen, ist es für die Allgemeinheit wertlos, denn wegen statischer Mängel darf es nicht mehr betreten werden", sagt Lobner.
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