Organistin Marika Kollar
"Wenn ich an der Kirchenorgel sitze, lebe ich"

- Marika Kollar mit 86 Jahren aktive Kirchenorganistin.
- Foto: Anna Maria Kaufmann
- hochgeladen von Anna Maria Kaufmann
Die 86-jährige Marika Kollar betritt die Kathedrale in Güssing und geht langsam die steile Holztreppe zur Orgelempore hinauf. Oben angekommen nimmt sie auf der Orgelbank Platz, legt ihre Noten auf und beginnt zu spielen. Was ruhig und zart beginnt steigert sich bis zum furiosen Finale mit allen Registern.
GÜSSING. Anna Maria Kaufmann von den BezirksBlättern durfte auf der Orgelbank Platz nehmen und nachdem der letzte Ton verhallt war, mit der Organistin ein Gespräch führen. Marika Kollar ist mit 86 Jahren noch immer aktive Kirchenmusikerin.
Wie hat es damals im Jahr 1952 begonnen?
MARIKA KOLLER: Begonnen hat es, weil Not am Mann war. Ich war 15 Jahre alt und spielte KLavier. Da gerade niemand für die Kirchenorgel zur Verfügung stand, bekam ich die Chance als Kirchenorganistin. Das Pedal war neu für mich, stellte aber kein großes Problem dar. Das Registrieren musste ich lernen. Von Professor Alois Forer, er unterrichtete damals am Mozartdeum In Salzburg, bekam ich viele wertvolle Tipps. Ein großes Erlebnis war eine Schallplattenaufnahme mit ihm, bei der ich registrieren durfte. Ich an seiner rechten Seite, seine Frau an der Linken. Ich habe mich sehr konzentriert und habe anscheinend alles richtig gemacht.
Was bedeutet das Orgelspiel für Sie?
Das Orgelspiel hat mein Leben sehr bereichert. Es war und ist für mich kein Hobby, es ist mehr. Wenn ich an der Orgel sitze und spiele, lebe ich. Ich spiele zur Ehre Gottes, zu meiner Freude und hoffentlich auch zur Freude der Kirchenbesucher. Im Lauf der Jahre kam auch viel Echo, das war früher nicht so. Heutzutage sind die Menschen offener, wenn ihnen etwas gefällt, sagen sie es auch.
Waren Ihre Eltern auch musikalisch, haben sie Ihnen das Talent vererbt?
Meine Eltern waren beide sehr musisch veranlagt. Ich denke mit Freude aber auch mit Wehmut an sie, die mir dieses Talent vererbten und mir als Kind das Klavierspiel ermöglicht haben. Dafür bin ich ihnen heute noch sehr dankbar. Mein Vater, Denes Kollar, bereits mit 18 Jahren Organist in Güssing, war in den 50er Jahren Regisseur bei den Burgfestspielen in Güssing. Auch gab es im ganzen Bezirk und weit darüber hinaus wohl keine Orgel und kein Harmonium auf dem er nicht gespielt hätte.
Was war Ihre schönste Zeit an der Orgel?
Die schönste Zeit für mich war, als Franzi (Franz Stangl) dazukam. Er spielte mit 14 Jahren seine erste Messe. Wir haben uns dann aufgeteilt und nach einer gewissen Zeit habe ich dann zu ihm gesagt, jetzt bist du der Boss. Wenn er nicht kann, bin ich gleich zur Stelle. Ich habe nur wenige Schritte bis zur Kirche. Bis heute ergänzen wir uns wunderbar.
Wie war es eigentlich damals im Winter, als es in der Kirche noch keine Heizung gab?
(Frau Kollar lacht)Ja, das waren harte Zeiten. Wir hatten zwar einen Heizstrahler für die Hände, die Kleidung war auch nicht das, was sie heute ist, den Atem sah man als Hauch vor dem Mund, aber es war zum Aushalten.
Wie oft sind Sie an der Orgel eingeteilt?
Ich spiele am Sonntag nur noch als Aushilfe, wenn Franz mich braucht. Außer der Antonius-Andacht am Dienstag und der Abendmesse am Freitag. Jetzt im Mai täglich die Maiandacht und im Oktober die Rosenkranzandachten. Manchmal sind nur fünf Leute in der Kirche. Mit denen gehe ich gerne nach der Andacht ins Kaffeehaus nebenan.
Was für einen Beruf haben Sie ausgeübt?
Ich war über 40 Jahre im Stadtamt beschäftigt. Die Schreibmaschine war für meine Fingerfertigkeit an der Orgel sehr hilfreich.



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