Zehn Jahre VinziBett: Eine echte Heimat für Heimatlose
Die Hernalser Obdachloseneinrichtung VinziBett feierte am 8. November ihren zehnten Geburtstag.
HERNALS. Stolz und Würde – beides nicht unbedingt Begriffe, die einem bei einer Obdachloseneinrichtung als erstes einfallen. Doch beim Geburtstagsfest des VinziBettes in der Ottakringer Straße 20 war beides deutlich zu spüren. Die ehrenamtlichen Helfer sind stolz auf das Erreichte. Und die Bewohner sind stolz darauf, hier ein würdevolles Leben zu bewerkstelligen.
Einer von ihnen ist Faarah Ahmed. "Seit einem Jahr wohne ich hier. Und ich kann sagen, dass sich wirklich alle hier wohlfühlen." Das sagt er im Treppenhaus auf dem Weg zu den Wohnräumen des VinziBettes. Anlässlich des Geburtstages führt er einige Politiker, Journalisten und Anrainer durch das Haus.
"Beste Einrichtung Wiens"
Höflich bittet er in ein Zimmer mit einigen Doppelbetten. Zwölf Männer haben hier Platz. Insgesamt wohnen 47 Menschen in der VinziBett-Einrichtung, darunter sechs Frauen. "Es mag nicht nach viel aussehen", sagt er. "Aber wir alle arbeiten zusammen, um das Haus sauber und instand zu halten. Wir kommen gut miteinander aus. Hier ist es viel besser als in anderen Notschlafstellen Wiens."
Dieser Geist ist überall spürbar. Ein Bewohner hat für das Geburtstagsfest ein Menü gekocht. "Wir kochen hier generell selbst", sagt Ahmed. Ein anderer Bewohner macht im Aufenthaltsraum auf einem Keyboard Musik. Sogar einen Kurzfilm haben die Bewohner über ihr Haus gedreht. Er wurde im Rahmen eines Festaktes in Anwesenheit von Bezirksvorsteherin Ilse Pfeffer (SPÖ) gezeigt.
"Wir sind so viel mehr als eine Notschlafstelle. Eigentlich sind wir ein Wohnhaus", meint Hedi Klima. Sie ist die ehrenamtliche Leiterin des Hauses. "Wir nennen sie unsere Mutter", sagt Faarah Ahmed. Dieser Satz ist im Laufe des Tages von vielen Bewohnern zu hören. "Unsere Gäste haben es alle schwer", sagt Klima über ihre "Kinder". "Die Gründe für Obdachlosigkeit sind vielfältig. Niemand lebt freiwillig auf der Straße. Wir haben hier auch eine Gruppe, die als Tagelöhner bei der MA 48 arbeitet. Die können sich die Mieten in der Stadt nie leisten. Andere haben ihren Job verloren und sind mit 60 Jahren in die Altersarmut gestürzt. Unsere Einrichtung wurde gegründet, um Armut zu bekämpfen."
Dass Armut in Wien ein Thema ist, sieht Hedi Klima, die nach ihrer Pensionierung angefangen hat, sich für das VinziBett zu engagieren, jeden Tag: "Wir ersetzen für unsere Gäste den Sozialstaat. Viele von ihnen sind nicht einmal versichert. Man kann sich nicht vorstellen, was wir alles erleben. Das glaubt keiner."
Gäste, nicht Klienten
Es ist eine Besonderheit des VinziBettes, die Bewohner als "Gäste" und nicht als "Klienten" zu bezeichnen. "Ein Ausdruck des Respekts den Menschen gegenüber", sagt Klima. Die Gäste können bleiben, so lange sie keine andere Möglichkeit haben. Keiner wird vertrieben." Die Bewohner des VinziBettes sind international. "Sie kommen aus vier Kontinenten und 18 Ländern."
Obdachlosigkeit überwinden
Auch das war lange Zeit eine Einzigartigkeit, sagt Einrichtungsgründer Pfarrer Wolfgang Pucher. "Bis vor zwei Jahren haben Obdachlose aus dem EU-Ausland in Österreich keinen Zugang zu Schlafstellen bekommen, nicht einmal zu der Gruft." Für den umtriebigen Pfarrer war das ein unerträglicher Zustand.
"In unserer Gesellschaft ist es möglich, jedem eine Unterkunft zu verschaffen, der eine braucht. Vor 43 Jahren habe ich in Graz einen Slum gesehen, der dort als Vorhölle bezeichnet wurde", erinnert er sich. "Damals habe ich den Menschen dort gesagt, dass ich sie dort herausholen würde. Das mache ich auch heute noch." Weitere Infos: vinzi.at
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