Robert Streibel
Erinnerung an das jüdische Hietzing
Der Historiker Robert Streibel hat doppelten Grund zum Feiern: Neben der Verleihung des Berufstitels Professor feiert er auch sein 20jähriges Jubiläum als Direktor der VHS Hietzing.
Haben Sie sich schon an die Anrede Professor gewöhnt?
ROBERT STREIBEL: Nein! Obwohl der Titel nicht überraschend kam. Ich habe mich sehr über die Verleihung gefreut, es ist eine Anerkennung dessen, was man gemacht hat. Aber selber hätte ich es nicht betrieben, ich wurde gefragt, ob man mich vorschlagen darf. Ich habe hauptsächlich wegen meinen Eltern zugestimmt.
Sie sind seit 20 Jahren Direktor der Volkshochschule. Haben Sie als Direktor Einfluss auf das Kursangebot?
Natürlich gibt es Standardangebote wie Sprachen, Bewegung, Gesundheit, aber auf kulturelle Veranstaltungen oder historische Themen, die aufgeriffen werden, hat der Direktor schon einen Einfluss.
Welche Vorträge oder Ausstellungen liegen Ihnen am Herzen?
Ein langgehegtes Thema ist die Auseinandersetzung mit dem jüdischen Hietzing. Da wird auch ständig aufgearbeitet, wie die neue Gedenktafel beim Don Bosco Haus zur Erinnerung an alle Leute, die in der Sankt-Veit-Gasse gewohnt haben und ermordet wurden. Dort wohnte auch Hans Georg Friedmann, der Krimis schrieb und als Zehnjähriger 1938 deportiert wurde.
Warum sind Ihnen Forschungprojekte zum Nationalsozialismus so wichtig?
Sicher gibt es Leute, die sagen: Könnt´s net endlich einmal eine Ruh geben? Doch man kann erst jetzt Dinge zeigen, da generell erst in der dritten Generation Bereitschaft zur Diskussion besteht.
Kann sich das Dritte Reich wiederholen?
Wiederholen nicht, aber Mechanismen der Ausgrenzung passieren immer wieder. Es werden Feindbilder gesucht und manche Leute denken, wenn niemand mehr ein Kopftuch trägt, haben wir das Paradies auf Erden. Es passiert eine Fokussierung auf eine Gruppe, nur weil sie eine Gruppe ist. Nicht jede Ausgrenzung endet mit Ermordung, aber aber jede Ermordung beginnt mit Ausgrenzung.
2016 gab es in der VHS eine Ausstellung über das Barackenlager am Küniglberg.
In der Elisabethallee gab es von 1945 bis Anfang der 60er Jahre ein Lager für Vertriebene, Diese Bewohner waren alle katholisch und die Kirchen in der Umgebung hatten einen regen Zulauf an Ministranten und Besuchern. Trotzdem war die Integration schwierig. Die Ausstellung war besonders für Anrainer sehr interessant, die auch zugegeben haben: Ja, das Lager gab´s, aber wir sind da nie hingegangen.
Sind Sie zufrieden, dass die Sebastian-Brunner-Gasse und die Josef-Pommer-Gasse, nach Antisemiten benannt, Zusatztafeln erhalten?
Es ist gut, dass es bald eine Erklärung gibt. Ich hätte mir in der Brunner Gasse eine andere Möglichkeit vorstellen können.
Eine Umbenennung?
Nein, eine Umbenennung wäre eine Tilgung der Geschichte. Die Gasse wurde Ende des 19. Jahrhunderts benannt, da hat man Sebastian Brunner eh noch klass´ gefunden. Ich hätte in der Gasse eine Gedenktafel für die ermordeten Bewohner gemacht. Man muss sich vorstellen: In dieser 100 Meter kurzen Gasse sind 13 JüdInnen ermordet worden!
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