Hollabrunn soll gezielt wachsen
Bausperre für Entwicklung eines Plans
Die Hollabrunner Opposition forderte bei der einberufenen Sondersitzung eine Bausperre und eine gezielte Entwicklung für die Stadtgemeinde Hollabrunn.
HOLLABRUNN. Die von der Opposition aus Grünen, Liste Scharinger und SPÖ eingebrachte Sondersitzung des Hollabrunner Gemeinderats führte zu Diskussionen, in welche Richtung sich Hollabrunn entwickeln soll. „Ein Ziel haben wir alleine dadurch erreicht – dass im zuständigen Gremium des Gemeinderats endlich einmal öffentlich und ausführlich darüber diskutiert wird, was derzeit mit unserer Stadt passiert und welche Maßnahmen ergriffen werden können“, sagt Grüne-Gemeinderat Georg Ecker von den Grünen.
Nicht zufrieden
Mit dem Ergebnis ist er dennoch nicht zufrieden. Denn Beschlüsse wurden in der Sitzung keine getroffen. Die ÖVP hat stattdessen ihren Stadtrat beauftragt, den Arbeitskreis Bausperre wieder einzuberufen. „Traurig, wenn man dem zuständigen Stadtrat Schnötzinger das Arbeiten anschaffen muss", wettert Stadtrat Wolfgang Scharinger.
Zur Vorgeschichte
Nach einem Dringlichkeitsantrag der Grünen über eine befristete Bausperre für mehrgeschossige Wohnbauten in der letzten Gemeinderatssitzung zum Schutz des Ortsbilds und innerstädtischer Grünräume rief die Mehrheitsfraktion der ÖVP einen Arbeitskreis ins Leben. Da nach einmaliger Sitzung keine weitere Einladung erfolgte, fürchteten Grüne, SPÖ und Liste Scharinger, dass dieser im Sand verlaufen würde. In der Sondersitzung brachten sie daher bekannte Anliegen ein – die Änderung der Bebauungsbestimmungen und damit verbunden befristete Bausperren für großvolumigen Wohnbau. "Der ÖVP ist die Tragweite nicht bewusst. Deshalb braucht es eine Ausarbeitung von Bebauungsrichtlinien. Auf keinen Fall wollen wir den privaten Wohnbau sperren. Der Stopp richtet sich klar gegen große Wohnbauträger. Hier muss die Gemeinde aktiv gegensteuern", erklärt Georg Ecker.
Junges Wohnen verstärken
„Der jüngst einberufene Arbeitskreis Bausperre fällt unter die Kategorie tarnen, täuschen und verschleppen. Es gibt kein Innenstadtkonzept, kein Konzept für das Messegelände rund um das ehemalige Redl-Areal und auch keinen Begleitplan für die vielen neuen Wohnungen in den verschiedensten Grätzeln. Die ÖVP sollte nicht der Handlanger schwarzer Wohnbaugenossenschaften sein, sondern Wohnraum vor allem für junge Menschen schaffen. Diese geförderten Wohnungen sollen klein, kompakt, leistbar und mit einer Altersobergrenze versehen sein. Ein Eigenheim zu errichten, ist ohnehin zum Luxus geworden“, fordert SPÖ-Stadtrat Friedrich Dechant mehr Wohnungen für junge Leute.
Bauen in geregelten Bahnen
„Jetzt gezielt agieren statt später nur reagieren zu können - für uns ist die Umsetzung von entsprechenden Maßnahmen für die ökologisch und sozial nachhaltige Entwicklung unserer Gemeinde eine der wichtigsten Kernaufgaben eines Gemeindevertreters, in der wir uns von den Wohnbauträgern nicht die Zügel aus der Hand nehmen lassen dürfen", sieht Wolfgang Scharinger keine Zusammenarbeit von Seiten der ÖVP.
„Wildwuchs ist unerträglich“
„Wir müssen die Entwicklung Hollabrunns als Gemeinde wieder selbst in die Hand nehmen. Der derzeitige Wildwuchs ist für viele Menschen in Hollabrunn unerträglich. An verschiedenen Ecken entstehen neue Wohnbauten, mittlerweile sogar in den Katastralgemeinden. Das sind Veränderungen in unserer Stadt und unseren Katastralgemeinden, die sie auf Jahrzehnte prägen werden – nicht immer zum Positiven. Die Infrastruktur, insbesondere der Verkehr, wird meist überhaupt nicht mitgedacht. Daher muss die Gemeinde klare Vorgaben machen, was geht und was nicht“, sagt Ecker.
Dass dies viele Gemeinden bereits machen würden, ergänzte Stadträtin Sabine Fasching und zählte eine ganze Liste an Städten in Niederösterreich auf, in denen bereits Bausperren nach §35 ROG in Kraft sind bzw. waren, um die Bebauungsbestimmungen abzuändern: „Mistelbach, Tulln, Eggenburg, Großmugl, Stockerau, Kirchberg a.W., Krems – um nur einige zu nennen. Diese Gemeinden sind viel weiter als wir. Dort wird aktiv daran gearbeitet, dass Ortsbild und Grünräume vor Investoren geschützt werden. Und diese Beispiele zeigen, was rechtlich alles möglich ist“, sagt Fasching. Das bestätigten dann auch vom Bürgermeister beigezogene Sachverständige, die Fragen der Opposition zu ihren Vorschlägen beantworteten. „Ein klassisches Eigentor“, befindet Ecker. „Wir haben unsere Vorschläge vorab rechtlich abgeklärt; ob für die Überarbeitung von Bebauungsbestimmungen auch Bausperren zulässig sind. Es zeigte sich ganz klar: Ja, das ist zulässig und sogar ausdrücklich im Gesetz erwähnt“, sagt Ecker. „Das macht auch Sinn, weil sonst noch jeder schnell einreicht, bevor die neuen Bestimmungen in Kraft treten“. Die Grünen kündigen daher an, zur Durchsetzung neuer Bebauungsbestimmungen weiterhin für befristete Bausperren für großvolumige Wohnbauten einzutreten, damit die Gemeinde endlich wieder die volle Kontrolle über die Bautätigkeiten auf ihrem Gebiet zurückgewinnt.
ÖVP fordert Dialog statt Sondergemeinderatssitzung
Trotz Uneinigkeit über den geeigneten Weg zum Ziel, ist ein fraktionsübergreifender Konsens über eine geordnete Siedlungsentwicklung in der Gemeinde gegeben.Die ÖVP Hollabrunn spricht sich genauso wie alle anderen Fraktionen im Gemeinderat für eine geordnete Siedlungsentwicklung in der Gemeinde aus, gleichzeitig wird aber die Bedeutung von Bausperren und deren Folgen unterstrichen. Das Erlassen solcher Bausperren sollte daher gründlich vorbereitet sein und im gemeinsamen Dialog entstehen. In der Gemeinderatssitzung im März wurde ein Dringlichkeitsantrag zum Erlass von Bausperren in großen Teilen des gesamten Gemeindegebiets eingebracht. Die Forderungen dieses Antrags wurden zur gemeinsamen Ausarbeitung einem Arbeitskreis zugewiesen, welcher seine Arbeit kurz danach aufnahm. Eine weitere Sitzung des Arbeitskreises, umAnträge im zuständigen Ausschuss und schließlich im Gemeinderat einbringen zu können, hätte nach Einbringung der Ideen aller Fraktionen stattfinden sollen. Dem kam der Antrag der Opposition zur Einberufung einer Gemeinderatssitzung zuvor. "Leider lagen der ÖVP Hollabrunn vor der Sitzung keinerlei Unterlagen oder ausformulierte Anträge vor, wodurch wir als Fraktion keine informierte Entscheidung treffen konnten. Ein Großteil der in dieser Sitzung eingebrachten Anträge wurde daher wieder in den Arbeitskreis verwiesen", erklärt Bürgermeister Alfred Babinsky.
Das Gemeindeentwicklungskonzept, wo die maßgeblichen Ziele der Siedlungsentwicklung festgelegt werden, soll in Kürze fertig ausgearbeitet vorliegen und soll in der Gemeinderatssitzung im September 2023 beschlossen werden.
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