Unterschriften für Pfarrer Ladi
Der fromme Wunsch der Kirche, die Gemeide nicht zu spalten, ist in Zellerndorf kräftig in die Hose gegangen.
ZELLERNDORF (jrh). Nachdem der Bischofsrat den Zellerndorfer Pfarrer Ladi Strus mit 31.8.2018 seinen Aufgaben in Zellerndorf enthoben hat, ist mittlerweile ein großer Teil der Bevölkerung auf den Barrikaden. An mehreren Stellen wurden A-Ständer aufgestellt, mit der Aufforderung, Unterschriften für den Verbleib des äußerst beliebten Pfarrers zu sammeln. Am Gemeindeamt und fast in allen Lokalen und Geschäften liegen Listen auf. Weiters gab es von einigen verärgerten BürgerInnen bereits Briefe an Kardinal Erzbischof Schönborn und auch schon Kirchenaustritte. Mittlerweile eskaliert die ganze Sache. Zuerst wurde das Plakat auf dem A-Ständer direkt vor der Kirche runtergerissen. Der Kaplan, der die Sonntagsmesse hielt, gab zu vestehen, dass er dieses Plakat nicht vor „seiner“ Kirche haben möchte. Nachdem das Plakat wieder neu aufgezogen wurde, verschwand der ganze A-Ständer spurlos. Daraufhin erstattete der Besitzer des A-Ständers Anzeige wegen Diebstahl gegen Unbekannt bei der Polizei in Zellerndorf.Dazu der Zellerndorfer Bürgermeister Markus Baier: „Bei uns wird es so gehandhabt, dass jeder A-Ständer aufstellen kann, ohne eine Genehmigung von der Gemeinde einholen zu müssen. Einziges Kriterium: Es darf keine Verkehrsbehinderung vorliegen. Im Fall des A-Ständers vor der Kirche, was übrigens Gemeindegrund ist, liegen keine Bedenken der Gemeinde vor.“
Baier zu den Vorgängen rund um die Ablöse des Gemeindepfarrers: „Für mich persönlich ist die ganze Sache nicht nachvollziehbar. Ich sehe mittelalterliche Strukturen im Vorgehen der Erzdiözese, die bei solchen Entscheidungen weder die Bevölkerung noch den Pfarrgemeinderat eingebunden hat. Pfarrer Ladi war sehr beliebt und aus meiner Sicht ein ausgezeichneter Seelsorger. Das werden wir auch in einem offiziellen Schreiben der Gemeinde dem Bischofsrat mitteilen.“ Bgm. Markus Baier weiter: „Wenn man schon die Pfarrgemeinde zusammenlegt und die Leitung dem Pulkauer Stadtpfarrer überträgt, hätte man Ladi Strus als Pfarrvikar im Amt belassen können. Damit wäre der Vorwurf der Erzdiözese, Ladi Strus sein kein guter Pfarrer gewesen, jedoch ein guter Seelsorger, wohl Genüge getan gewesen.“ Auch bezüglich der Zusammenlegung, die ebenfalls ohne die Bevölkerung stattfindet, ist Baier skeptisch: „Es wird sich nichts ändern, hat man uns mitgeteilt. Da fehlt mir leider der Glaube daran!“
Zur Sache:
Nach der Ablöse von Pfarrer Ladi Strus gehen in Zellerndorf die Wogen hoch. Wir haben dazu einige Stellungnahmen eingeholt.
Der Zellerndorfer Helmut Döller ist Mitorganisator der Unterschriftenaktion „Wir sind für Ladi“. „Ladi war ein offener Mensch und hat vor allem die Kinder in die Kirche gebracht. Wir sind empört, dass er wegkommt und wollen mit unserer Aktion ein Zeichen setzen.“
Der Deinzendorfer Gert Esterle ist aufgrund des Umgangs mit Ladi aus der Kirche ausgetreten: „Ladi wird vom Opfer zum Täter gemacht. Er ist als außergewöhnlicher Mensch unter Menschen aufgetreten. Jetzt so spitzfindig zu argumentieren, er ist ein guter Seelsorger, hat aber als Pfarrer versagt, ist sehr scheinheilig. Alte Betschwestern und -brüder hängen nach wie vor am Rockzipfel seines Vorgängers.“
Erwin Mayer ist stv. Vorsitzender des Zellerndorfer PGR: „Ladis menschenfreundliche Art hat Spuren hinterlassen. Es ist bewundernswert, wie sich Menschen für die Erhaltung eines kirchlichen Dienstes einsetzen.“
Dechant Clemens Beirer (Retz): „Ich achte das Recht auf freie Meinungsäußerung. Es möge so ausgeübt werden, dass es zu etwas Gutem führt. Ich habe Pfarrer Strus heute telefonisch über diese Aktion unterrichtet. Er unterstützt sie nicht; er akzeptiert die Entscheidung des Bischofs. Im Glauben versucht er seinen Weg zu gehen. Ich respektiere mit Hochachtung seine Haltung und lade alle anderen ebenfalls dazu ein.“
Vertröstet werden die Anfragen und Beschwerden der empörten Zellerndorfer BürgerInnen von Erzdiözese Wien und Kardinal Schönborn: „Bischofsvikar Turnovszky weilt bis Ende Juli auf Urlaub und wird danach alle Anfragen beantworten“. O-Ton eines Bürgers, der aber nicht genannt werden möchte: „Die wollen Gras über die Sache wachsen lassen, das wird aber nicht passieren.“
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