Linz-Land um 1918: Die Pocken breiteten sich aus
Zum 100. Mal jährt sich das Schicksalsjahr 1918. In Linz-Land dominierten Krankheit und Hunger.
BEZIRK (nikl). Das Ende des Ersten Weltkrieges und die Ausrufung der Ersten Republik am 12. November 1918 waren die bedeutendsten Ereignisse in Österreich vor 100 Jahren. In Wien herrschte nach Kriegsende großteils bittere Armut und eine Grippewelle brachte vielen Menschen den Tod. Auch in den Gemeinden des Bezirks Linz-Land waren die Folgen des Krieges allgegenwärtig. „In Pasching war zu Kriegsende eine Pockenepidemie ausgebrochen. Die Schule musste deshalb am 21. Oktober 1918 geschlossen und desinfiziert werden und sie öffnete erst am 7. Jänner 1919 wieder für den Schulbetrieb. In der Zwischenzeit mussten sämtliche Ortsbewohner durch den Epidemiearzt Franz Fleischhans geimpft werden“, schildert Manfred Carrington die prekäre Situation in Pasching. Der oberösterreichische Autor und Heimatforscher arbeitet gerade an der Chronik von Pasching. Im Auftrag der Gemeinde soll Carrington in seinem Werk historische Meilensteine, Dokumente, aber auch ganz persönliche Erinnerungen der Bürger festhalten. „Pasching hat eine spannende Geschichte, von den Gräbern aus der Bronzezeit über die Pferdeeisenbahn, der Besiedlung durch Heimatvertriebene bis hin zur Entwicklung als wirtschaftliches Zentrum in Oberösterreich“, so der Obmann des Paschinger Kulturausschusses, Manfred Leitner. Dazu zählt vor allem auch die Zeit um das Ende des Ersten Weltkriegs im Jahr 1918.
Flurwache eingerichtet
„In Pasching hatte man zu Kriegsende mit einem weiteren, bisher nicht bekannten Problem zu kämpfen. Zur Nahrungsmittelbeschaffung dienten vor allem Einbrüche und Diebstähle. Deshalb wurde eine eigene Flurwache ins Leben gerufen“, so Carrington. Auch kuriose Einbrüche fanden damals statt, wie die Zeitungen berichteten: Die Diebe drangen in den Stall ein und hatten die Kühe abgemolken. Auch Schweine wurden an Ort und Stelle im Stall geschlachtet. Bei wiederholten Diebstählen wurden einem Paschinger Bauern im August 1918 insgesamt 759 Kilogramm Kartoffeln gestohlen. Einen Blick auf die bewegte Zeit vor 100 Jahren warfen auch die Trauner Georg Sayer, ehrenamtlich tätig für das Trauner Museum, und Christian Engertsberger, Obmann und Kommandant des Uniformierten Schützenkorps der Stadt Traun. Dabei entstanden auch zwei Bücher: Eines dieser Werke befasst sich mit dem k.u.k. Kriegsgefangenenlager Kleinmünchen und dessen Auswirkung auf die Umgebung. Dieses befand sich zu zwei Dritteln in Traun und wurde zur Unterkunft für 60.000 Kriegsgefangene. Im zweiten Werk „Tagebuch eines Krieges“ werden Trauner Erinnerungen an die schwere Zeit rund um 1918 aufgearbeitet. Die Chronik des Trauner Oberlehrers Jungbauer über den in Traun ansässigen Graveurmeister der Firma Gebrüder Enderlin, Karl Hölzl, diente Sayer und Engertsberger als Quelle. „Besonders im heurigen Gedenkjahr 1918 soll dieses Buch einen Einblick in das Leben als Soldat im Ersten Weltkrieg geben“, betont Engertsberger im Gespräch.
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