Kunst am Matzleinsdorfer Platz: Über das "Schöne" und das "Hässliche"
Mit ganz eigenen Methoden verbindet Künstler Tomash Schoiswohl Geschichte, Politik und Kunst am Verkehrsknoten.
MARGARETEN. Ein Platz, eine Faszination: Vor 13 Jahren hat Künstler Tomash Schoiswohl den Matzleinsdorfer Platz für sich entdeckt. Seitdem nutzt er ihn für verschiedenste Kunstprojekte und als Ort um unbequemen Themen Raum zu bieten. Dass der Matzleinsdorfer Platz für die meisten Wiener nicht als "schön" oder "sauber" gilt, stört Schoiswohl wenig. Im Gegenteil: Die zentrale Frage im Wirken Schoiswohls dreht sich stets darum, Konzepte des "Schönen" und des "Hässlichen" zu hinterfragen. Seiner Meinung nach müsse Kunst nicht "schön" sein, sondern Fragen stellen und Probleme aufzeigen.
Orte, an den soziale Probleme sichtbar werden
Auch Verkehrsknotenpunkte wie der Matzleinsdorfer Platz sind soziale Orte, erklärt der 36-jährige Schoiswohl. Orte, an welchen dann auch soziale Probleme sichtbar werden. Diese Probleme liesen sich eben nicht durch "1000 Polizisten, mehr Überwachung und unbequeme Architektur" lösen, sondern ausschließlich durch einen "kritischen Diskurs", zieht Schoiswohl den Vergleich zum Umbau des Pratersterns vor rund 10 Jahren.
Genau diesen Diskurs will der einstige Geschichtsstundent mit seinen Aktionen am Margaretener Verkehrsknotenpunkt ins Rollen bringen. Seine Methodik ist dabei so vielseitig wie ungewöhnlich. Mal brennt er Pyrotechnik am Dach eines Feuerwerksshops ab, ein ander' Mal verliest er auf einer Verkehrsinsel sitzend Verordnungen aus dem 18. Jahrhundert - mitten im Wiener Stadtverkehr. Er machte ein Geschichts-Projekt zur Baugeschichte des Verkehrsknotens, organisiert Stadtspaziergänge, Ausstellungen oder Workshops mit Jugendlichen. Die Geschichte und der "reflexive Gehalt" des Platzes ist dem Künstler von großer Bedeutung. Unter keinen Umständen dürfe dies beim geplanten Umbau des Matzleinsdorfer Platzes übersehen werden.
Stadt in der Unternehmerrolle
Vielmehr wünscht sich der 36-Jährige, die vorhanden Freiflächen besser nutzbar zu machen, zum Beispiel im Stil eines Verkehrsgartens, der zum Anbau von Gemüse und Disteln dienen könne. Wichtig ist ihm dabei, dass "Räume geschaffen werden, die nicht nur zum Konsum einladen, sondern vielseitig genutzt werden". Auch mit Blick auf andere Plätze in Wien übernehme die Stadt derzeit leider eher die Rolle eines Unternehmers, anstatt wieder vermehrt Energie in soziale Projekte zu stecken.
"Anstrengend und laut", wirke der Matzleinsdorfer Platz, trotz alledem habe das eine "befriedigende Wirkung", erklärt Schoiswohl. Verbringe man nur genug Zeit hier, werde der Verkehrslärm irgendwann zum Meeresrauschen, Welle um Welle plätschert so - im Rhythmus der Ampelphasen - über den Verkehrsknoten. Die Faszination für den Platz kann Schoiswohl nur schwer verbergen, fragt man ihn zur Geschichte des Matzleinsdorfers, sprudelt es nur so aus ihm heraus. Kein Wunder, dass er im Jahr 2011 auch seine Diplomarbeit an der Kunst Uni Wien genau diesem Thema widmete.
Kunst im Sinne der Marktlogik
Kunst im Allgemeinen ist für den 36-Jährigen eine "Möglichkeit über die Welt nachzudenken". Dass diese der Marktlogik zu folgen habe, also immer mehr finanziellen Interessen folgen muss, schade der Kunst extrem und zerstöre diese. "Was der globale Kapitalismus anrichtet, sieht man auch in der Kunst", resümiert Schoiswohl. Kunst im Sinne der Marktlogik führe dazu, dass sich die Kunst der wirklich spannenden Fragen entzieht und einem "ignoranten Elitismus frönt". Mit dem Matzleinsdorfer Platz hat Schoiswohl einen Ort gefunden, an dem er fern dieser Logik arbeiten und wirken kann. "Ein Luxus", so der 36-Jährige.
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