Völlig unbemerkt
Haus in Mariahilf ein Jahr lang von Unbekannten besetzt

- Dieses Gebäude in der Gumpendorfer Straße wurde ein Jahr lang von einem anonymen Kollektiv besetzt.
- Foto: Pia Rotter/MeinBezirk
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Ein Jahr lang besetzte eine anonyme Gruppe ein Haus in der Gumpendorfer Straße 63e. In einem Brief auf der Website "Emrawi" schildern sie, was sie bis zu ihrem "Auszug" alles im Gebäude gemacht haben. An der Hausfassade wurde darüber hinaus eine Art Souvenir hinterlassen.
Von Salme Taha Ali Mohamed und Pia Rotter
WIEN/MARIAHILF. "Wir konnten dieses Jahr endlich wieder leben": mit diesen Worten beschrieb eine Gruppe selbst ernannter "liebenswürdiger Engel" ihre Besetzung eines Hauses in der Gumpendorfer Straße 63e. Ein Jahr lang hatten sich die Unbekannten in dem verlassenen und heruntergekommenen Gebäude eingenistet, von Anfang 2024 bis Anfang 2025.
Auf der Website Emrawi.org veröffentlichte das anonyme Kollektiv ihre vielen Beweggründe für die Besetzung: die hohen Mietpreise im 6. Bezirk, die 40-Stunde-Arbeitswoche sowie die hohen Kosten für Lebensmittel, Wasser und das Heizen. In ihrem anonym verfassten Brief zur Besetzung argumentiert die Gruppe, dass die derzeitige Wohnsituation in Wien untragbar sei: "Die Miete, die wir nicht zahlen mussten, beläuft sich auf rund 288.000 Euro. Folglich müssten wir bei einem durchschnittlichen Monatslohn elf Vollzeitjobs annehmen, nur um ein Dach über dem Kopf zu haben."
Graffiti zum Abschied
Sie verweisen auf die steigenden Mietpreise und die Schwierigkeit, mit einem durchschnittlichen Einkommen einen angemessenen Wohnraum zu finanzieren. Die Gruppe stellt ihre Besetzung als eine Art Befreiung dar: "Wir konnten die Zeit, die wir sonst mit menschenunwürdiger Arbeit verschwenden müssten, dafür nutzen, uns gegenseitig näherzukommen und in Gemeinschaft zu leben."

- Bei zwei Lokalaugenscheinen von MeinBezirk waren die Besetzerinnen und Besetzer nicht mehr anzutreffen. Doch mit ihrem Abschied hinterließen sie trotzdem ihre Spuren im Haus.
- Foto: Pia Rotter/MeinBezirk
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Bei zwei Lokalaugenscheinen von MeinBezirk waren die Besetzerinnen und Besetzer nicht mehr anzutreffen. Doch mit ihrem Abschied hinterließen sie trotzdem ihre Spuren im und am Haus. So findet man halb aufgegessene Lebensmittel auf einem Tisch im Innenhof, überall liegen Schuhe und weitere Kleidungsstücke und an einigen Ecken entdeckt man Graffiti-Botschaften, etwa "Immowappla ins Gsicht scheißn" auf der Außenfassade oder "Die Häusern, denen die drin wohnen". Auf dem Fußboden eines Raumes wurde außerdem ein Antifa-Symbol in pinker Farbe gesprüht.
Darüber hinaus wurde die Eingangstür aus ihren Scharnieren entfernt, sodass jede Person einfach das Haus betreten kann. Die Gruppe hat sich das Gebäude höchstwahrscheinlich nicht zufällig ausgesucht. Denn dieses steht seit einigen Jahren leer und sollte eigentlich von Trivium GmbH & Co Ertragswerte 43KG, dem es laut Registerbuchauszug gehört, generalsaniert werden.
Keine Personen angetroffen
Die Trivium-Group, zu der das Unternehmen gehört, ist jedoch seit November des vergangenen Jahres in Insolvenz. Auf Anfrage von MeinBezirk, wie es mit der Generalsanierung weitergeht und welche Auswirkungen die einjährige Besetzung des Objekts hat, wurde nicht reagiert.

- Das Graffitti "Die Häuser denen die drin wohnen" wurde ebenfalls hinterlassen.
- Foto: Pia Rotter/MeinBezirk
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Aus der Mariahilfer Bezirksvorstehung heißt es, dass man sich der Hausbesetzung seit Montag vergangener Woche bewusst war. Diese wurde kürzlich beendet. Auf Anfrage von MeinBezirk erklären das Büro für Sofortmaßnahmen sowie die Baupolizei einerseits, dass sie nicht für Räumungen von Gebäuden zuständig sind und andererseits, dass man sich an die jeweils andere Stelle wenden soll.
"Die Bauinspektion der Baupolizei war bereits mehrmals vor Ort. Nachdem sichergestellt wurde, dass sich in dem Haus keine Personen mehr aufhalten und dort auch niemand mehr wohnt, ließ die Baupolizei im Zuge einer Notstands-polizeilichen Maßnahme die Tür temporär verschließen", erklärt eine Sprecherin. "Zeitgleich wurde der Masseverwalter von uns damit beauftragt, eine langfristige Maßnahme zu setzen, wie den Einbau einer massiven Stahltür."
Hausbesetzung als Grauzone
Dadurch sollte ein "weiterer unbefugter Zutritt" zum Gebäude verhindert werden, "da im Haus Gefahr im Verzug herrscht". Auf Nachfrage bei der zuständigen Hausverwaltung "Team Neunzehn", wurde MeinBezirk mitgeteilt, dass sie von einem Leerstand, jedoch nichts von einer Hausbesetzung wüssten. Seit wann man von einem Leerstand wusste, konnte nicht beantwortet werden. Während des Gesprächs wurde plötzlich schlagartig aufgelegt.
In ihrem anonymen Brief betont die unbekannte Gruppe der Besetzerinnen und Besetzern: "Häuser besetzen ist nicht illegal!" Tatsächlich ist Hausbesetzung in Österreich juristisch betrachtet eine Grauzone, solange keine Sachbeschädigung oder widerrechtliche Aneignung von Eigentum erfolgt.
Der Straftatbestand des Hausfriedensbruchs gemäß Paragraf 109 des Strafgesetzbuches ist nur erfüllt, wenn jemand mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt in eine Wohnstätte eindringt. Da Hausbesetzungen typischerweise unbewohnte Gebäude, wie auch in dem Fall der Gumpendorfer Straße 63e, betreffen und oft ohne Anwendung von Gewalt erfolgen, fällt dieser Tatbestand in der Regel nicht darunter.
Hier gehts zur Website Emrawi.
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