5 Minuten: Ruhe in der Hektik
WIEN. Man kann es nicht mehr leugnen: Wien ist bereits eine Großstadt. Nicht nur, dass an jeder Ecke, an der noch kein Bau steht, in Windeseile ein neues Wohnhaus hochgezogen wird. Die Straßen sind nun auch viel enger als früher. Klar, es leben auch gefühlt viermal so viele Menschen in Wien als noch vor einem Jahrzehnt.
Auch das Tempo hat zugenommen. Alle rennen und hetzen durch die Straßen. Zugegeben: Gegen London ist das immer noch ein Schneckentempo. Aber der Trend geht eindeutig in Richtung Megacity.
Gerade vor Weihnachten kommt mir das alles noch schlimmer vor. Da stieß ich vor Kurzem auf eine der wenigen Ausnahmen: Mitten im tiefsten Gewühl sah ich eine junge Frau. Sie schlenderte über die überfüllte Mariahilfer Straße und als hätte sie einen unsichtbaren Schutzschirm um sich, wichen ihr die Hastenden und Rennenden aus.
Die Frau schien sich überhaupt nicht um das Gedränge zu kümmern. In aller Seelenruhe schlenderte sie weiter, blickte nach rechts und links in die Luft – und blieb auf einmal stehen. Die Frau holte eine kleine Kamera aus ihrer Handtasche und fotografierte. Als ich der Kamera-Richtung folgte, fand ich im dritten Stock eine Katze hinter einem Fenster, die auf die Menschen herabschaute.
Ich ging zu der Dame und fragte, ob sie für eine Zeitung fotografiere. "Nein, ich versuche nur, ein bisschen Ruhe in meinen hektischen Alltag zu bringen. Und dafür schaue ich täglich fünf Minuten einmal rund um mich, um die verborgenen Schönheiten zu finden. Die sammle ich für schlechte Tage."
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