Wiener Neudorf/Guntramsdorf
Gedenken an die Opfer des KZ-Außenlagers

- v.l.: Barbara Vecer (aus Polen stammende Wiener Neudorferin), Andrzej Lech (Ehrenpräsident, Forum der Polen in Österreich), Jacek Tarasiewicz (Präsident, Klub Mauthausen-Gusen, Warschau), Jürgen Gangoly (Vorsitzender KZ-Gedenkverein Guntramsdorf / Wiener Neudorf), Joseph Ravot (Verband französischer Deportierter, Sohn eines KZ-Häftlings aus Wiener Neudorf), Barbara Glück (Direktorin KZ-Gedenkstätte Mauthausen), Bürgermeister Herbert Janschka und Przemyslaw Gembiak (1. Botschaftsrat der Botschaft der Republik Polen in Österreich).
- Foto: H. Gaganas
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Gedenkfeier mit Kranzniederlegung erinnerte an die Toten und Gefangenen des Außenlagers des KZ Mauthausen.
BEZIRK MÖDLING. "Auch dieses Kapitel ist leider Teil unserer Geschichte. Gerade deshalb ist es aber auch wichtig, nicht nur ein Mahnmal zu haben, sondern eine echte Gedenkstätte, an der man auch verweilen und innehalten kann", sagt Wr. Neudorfs Bürgermeister Herbert Janschka (Liste) über den "Park der Erinnerung", der an das Außenlager des KZ Mauthausen erinnert.
Tausende Opfer
Von 1943 bis 1945 wurden in Wr. Neudorf und Guntramsdorf im damaligen Flugmotorenwerk 18.000 Menschen zur Sklavenarbeit gezwungen, hunderte wurden (auch noch im April 1945 beim Todesmarsch zurück nach Mauthausen) von der SS ermordet. Mit Kranzniederlegungen in Wiener Neudorf und bei der Gedenkstätte in Neu-Guntramsdorf wurde 80 Jahre nach Ende des 2.Weltkriegs der Opfer gedacht. "Wir haben aus der Vergangenheit gelernt, sonst wären wir nicht hier, und sonst wären am Sonntag auch nicht 20.000 Menschen bei den Befreiungsfeiern in Mauthausen gewesen", betonte Jürgen Gangoly, der Vorsitzende des KZ-Gedenkverein Guntramsdorf / Wiener Neudorf, gab aber auch zu bedenken: "Aktuelle Ereignisse in Europa und der Welt zeigen uns, wie zerbrechlich Frieden, Freiheit, Menschenrechte und Demokratie sind. Denn viele, aber nicht alle haben aus der Geschichte gelernt."

- Jürgen Gangoly, der Vorsitzende des KZ-Gedenkverein Guntramsdorf / Wiener Neudorf.
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An der Gedenkfeier nahm neben der Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Barbara Glück, auch eine Delegation des Mauthausen-Gusen Komittees in Warschau mit Präsident Jacek Tarasiewicz und der polnische Botschaftsrat Przemyslaw Gembiak teil. Dieser betonte in seiner Rede: "Diese Erinnerung an die Opfer ist auch die Antwort auf unsere zur Versöhnung ausgestreckte Hand", und zollte der Gedenkstätte und dem Verein im Rahmen seines ersten Besuchs Respekt: "Ich bin überwältigt, wie würdevoll hier an die Vergangenheit erinnert wird".

- Foto: H. Gaganas
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Ein Großteil der KZ-Häftlinge, die am Gelände des heutigen IZ-NÖ Süd unter unmenschlichen Bedingungen leben und arbeiten mussten, stammte aus Polen, doch auf der Todesliste, die mittlerweile vom Gedenkverein aufgearbeitet wurde, finden sich Häftlinge aus allen Ländern Europas, und so nahm heuer auch erstmals ein Nachkomme eines französischen Häftlings, der aus seiner Heimat erst nach Mauthausen und später nach Wiener Neudorf verschleppt wurde, an der Gedenkfeier teil.
Ganzjähriges Gedenken
Mit dem "Park der Einnerungen", der Gedenkstätte in Guntramsdorf und Projekten wie den "Stolpersteinen", die an in der NS-Zeit verschwundene Guntramsdorfer erinnern, ist der Gedenkverein nicht nur rund um die Jahrestage bemüht, gegen das Vergessen anzukämpfen. "Der Park ist schon so eine Art Outdoor-Schule und mittlerweile eine der meistbesuchten Gedenkstellen Österreichs", so Jürgen Gangoly, der bei den zahlreichen Führungen (über 200 Schüler waren es alleine in den letzten Tagen) zuletzt auch eine traurige Beobachtung machen musste: "Was sich in letzter Zeit geändert hat, ist, dass auch bei den Kindern die Angst vor einem Krieg wieder präsenter geworden ist."

- Das Mahnmal von Arik Brauer im Wiener Neudorfer "Park der Erinnerungen."
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Über das KZ Außenlager Guntramsdorf/Wiener Neudorf
Zwischen 1943 und 1945 bestand auf dem Gebiet der heutigen Gemeinden Guntramsdorf und Wiener Neudorf ein Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen, das unter dem Namen „KL Wiener Neudorf“ geführt wurde und als Teil des Rüstungsprojekts der „Flugmotorenwerke Ostmark“ diente. Das etwa zwei Hektar große Lager war mit 22 Wohnbaracken, mehreren Funktionsgebäuden, einem elektrisch geladenen Zaun und Wachtürmen ausgestattet. Es erreichte im September 1944 mit 3.170 Häftlingen seinen Höchststand.
Die Inhaftierten, überwiegend aus Mauthausen stammend und mit Erfahrung in Metallverarbeitung und Bauwesen, wurden als Zwangsarbeiter unter anderem in den Flugmotorenwerken, der Steyr-Daimler-Puch AG und weiteren Betrieben sowie in der Landwirtschaft in der Umgebung eingesetzt. Trotz des immensen Personal- und Materialaufwands, an dem bis zu 20.000 Arbeiter beteiligt waren, blieb die Produktion weit hinter den Erwartungen zurück – anstelle der geplanten 1.200 Flugmotoren pro Monat wurden insgesamt nur rund 3.000 gefertigt. Das Projekt gilt als größte Fehlinvestition der NS-Kriegswirtschaft mit Kosten von rund 350 Millionen Reichsmark. Ab Mai 1944 wurde das Werk mehrfach von alliierten Bombern angegriffen, wobei auch das KZ selbst schwer beschädigt und mindestens 31 Häftlinge getötet wurden. Das Lager wurde daraufhin an einen anderen Standort in Wiener Neudorf verlegt. Mit dem Vormarsch der Roten Armee wurde das Lager am 2. April 1945 geräumt; es folgte ein mörderischer Todesmarsch von über 180 Kilometern zurück nach Mauthausen, bei dem zahlreiche Häftlinge – laut verschiedenen Quellen bis zu 243 – erschossen wurden. Die Überlebenden erreichten das Hauptlager am 14. April 1945, das kurz darauf befreit wurde.
Nach dem Krieg wurden Maschinen der Werke von deutschen Unternehmen abtransportiert oder durch die sowjetische Besatzungsmacht demontiert. Die Hallen wurden in den 1950er-Jahren gesprengt, während das Gelände bis in die späten 1980er-Jahre von der lokalen Bevölkerung genutzt und von Kriegsrelikten durchsetzt war. Die Existenz des KZ-Nebenlagers war lange weitgehend in Vergessenheit geraten, bis in den 1990er-Jahren lokale Initiativen begannen, das Thema aufzuarbeiten. Daraus entstanden eine Gedenkstätte und schließlich 2005 ein Gedenkverein. Heute ist das ehemalige Areal der Flugmotorenwerke Teil des Industriezentrums Niederösterreich Süd, dem größten Gewerbegebiet Österreichs. Das Gelände des eigentlichen KZ ist jedoch zum Teil unverbaut geblieben; Reste der Barackenfundamente und Bunkeranlagen sind noch erhalten.
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