Kirche "mit Mehrleistungen"
BEZIRK MÖDLING. (mc) Auch wenn die Katholikenzahl in Österreich in den über die letzten Jahre weitgehend gleich geblieben ist (mit Stichtag 31. Dezember 2017 wurden rund 5,11 Millionen Katholiken gezählt, im Vergleich dazu waren es 2016 laut Statistik der österreichischen Bischofskonferenz 5,16 Millionen) treten auch Jahr für Jahr zahlreiche Katholiken aus der Kirche aus. Die Gründe dafür müssen allerdings nicht unbedingt Glaubensentscheidungen sein, oft spielt vielmehr der Kirchenbeitrag eine Rolle, wie im Fall von Tanja Wimmer aus Perchtoldsdorf: „Als ich zu arbeiten begann wollte ich unabhängig sein und bin von zu Hause ausgezogen. Zu dieser Zeit habe ich jeden Cent gebraucht, habe daher viele Mitgliedschaften gekündigt.“ Die Kirche selbst besuche Wimmer dennoch gelegentlich weiter.
Ein wenig Geld einzusparen ist ein Vorteil, die damit verbundenen Nachteile erklärt Mödlings Stadtpfarrer Richard Posch. „Die Kirchenaustritte haben umfangreiche Auswirkungen zur Folge. Kirchen, Pfarrheime, Kindergärten, aber auch Dienste der Geistlichkeiten werden so finanziert. Zusätzlich lassen sich durch weniger Katholiken die Feiertage nicht mehr rechtfertigen – würden dann der Vergangenheit angehören.“. Auf die Skandale der Kirche angesprochen, gibt der Geistliche zu, dass diese kontraproduktiv waren und zusätzlich bei der Aufklärungsarbeit Fehler begangen worden seien. Posch: „Die Schuldigen hätten früher rausgeworfen werden müssen.“
Ordensschwester Imelda, seit 5 Jahrzehnten beim ÖSB, Santa Benedicta sieht einen Grund in den Kirchenaustritten darin, dass der Mensch „freiheitssuchend ist und im profanen sehr ungebunden und lose agiert.“ Die Ordensschwester meint weiters, dass jedoch jeder Mensch die Gesellschaft suche. Die zukünftige Entwicklung sieht Imelda positiv: „Die Austritte sind eine Erscheinung der Zeit, es wird wieder einen Bumerang in die andere Richtung geben.“
Vertrauen zurückgewinnen
Das Vertrauen von Gläubigen wieder zurückzugewinnen sieht daher Weihbischof Dr. Franz Scharl als wichtige Aufgabe: „Ein glaubwürdiger Umgang zwischen Kirche und Gläubigen ist erforderlich.“ Dies könne funktionieren, indem auf Not konkret eingegangen werde, und die Geistlichen den anderen als echte Menschen begegnen würden. Weiters meint Scharl: „Kirche alleine ist nicht interessant. Die Menschen wollen Mehrleistungen.“
Der Kirche den Rücken hingegen nicht zugewandt haben Herta Weinkopf und Doris Handler. Für sie ist unumstritten: „Die schönsten Feste sind die der Kirche. Auf die wollen wir nicht verzichten.“ Auch ist für die Damen eine nicht kirchliche Hochzeit unvorstellbar. Den Kirchenbeitrag zahlen beide auch aus anderen Gründen gerne: „Die Gebäude sollen erhalten bleiben. Die Kirche ist teil unserer Kultur. Es ist wichtig neben anderen Kulturen auch die eigene leben zu lassen.“
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