Mädchencafé im 7. Bezirk
Im Flash gibt's Platz nur für junge Frauen
Zwölf Jahre Flash Mädchencafé: Leiterin Anna-Carina Pfleger im Interview mit der BezirksZeitung über Leistungsdruck und "Mental Load" bei der ganz jungen Generation.
WIEN/NEUBAU. "Das Flash fühlt sich an wie ein zweites Zuhause“, zitiert Chefin Anna-Carina Pfleger eine Besucherin. "Und das macht es aus, dass man bei uns mal auf einen Sprung vorbeischaut, auch wenn man eigentlich schon zu alt ist." Pflegers Arbeitsplatz ist in der Zieglergasse 34: Seit zwölf Jahren gibt’s dort Platz nur für junge Frauen von 10 bis 21 Jahren.
Zwölf Jahre Flash: Welches Resümee ziehen Sie?
ANNA-CARINA PFLEGER: "Wir sind ein Ort der Verbundenheit: Auch wenn man eigentlich schon zu alt ist, schaut man noch vorbei. Eine Besucherin hat mal gesagt: ´Das Flash fühlt sich an wie ein zweites Zuhause.´ Und dieses Gefühl macht es aus, dass Besucherinnen auch später noch gerne vorbeischauen."
Warum kommen Mädchen zu Ihnen?
"Wir sind ein Ort für Freizeit: Und das ist das, was alle bei uns suchen. Mädchen finden bei uns einen geschützten Raum, in dem sie alles können und nichts müssen – und das eint alle. Wir führen Gespräche, bereiten aber auch mal Referate vor oder schreiben Bewerbungen, kochen gemeinsam, sporteln oder machen Ausflüge. Auch alles, was kreativ ist, wird sehr gut angenommen: sich ausleben, in Dingen versinken, sich mal anders ausdrücken als sonst. Wir schaffen einen Raum, wo sie nicht dran denken, wie viele Hausaufgaben sie noch haben oder wie die Rahmenbedingungen rundherum sind – einfach Zeit zum Abschalten."
Ist Stress ein großes Thema bei den Mädchen und jungen Frauen?
"Wir merken sehr stark, dass unsere Zielgruppe immer unter Druck steht. Das muss jetzt nicht immer seitens der Familie sein. Die Gesellschaft erwartet einfach viel von jungen Menschen und das kriegen sie immer mit: Wenn man auf Social Media schaut, wenn man Radio hört – der Druck ist immer da. Und dieser Druck liegt schwer auf ihnen. Vor allem in einer Zeit, wo man selbst erst herausfinden muss, was man will – gerade da ist das enorm schwierig."
Welchen Einfluss hat die Pandemie darauf?
"Corona hat auf jeden Fall viel verändert. Unsere Online-Jugendarbeit wird etwa nach wie vor sehr gut angenommen. Viele gehen nicht mehr so gern hinaus oder in Räume mit vielen Personen. Da merken wir sehr genau, welchen Einfluss die Pandemie hatte und nach wie vor hat. Und das ist sehr wichtig zu betonen: Die Pandemie ist in dem Sinn nicht vorbei, nicht für diejenigen, die zwei Jahre ihres Aufwachsens dadurch verloren haben."
Stehen Mädchen und junge Frauen – im Vergleich zu Burschen – unter besonderem Druck?
"Es ist natürlich so, dass sie in den Familien verstärkt eingeteilt werden für Tätigkeiten im Haushalt oder um sich um die Geschwister zu kümmern. Mädchen werden in jungen Jahren schon viel mehr in die Care Arbeit miteingebunden als andere Familienmitglieder – und das merkt man. Sprich: Verantwortung zu übernehmen für etwas und zu wissen ´Ich muss ja noch das und das tunß. Diese ganzen ´To Dos´ im Kopf und die Verantwortung, die damit einhergeht, das lastet alles auf ihren Schultern. Der viel zitierte ´Mental Load´ ist schon in sehr jungen Jahren ein Thema."
Wie unterstützt hier das Flash?
"Das Angebot, zu uns zu kommen, Personen zu treffen, die einen anderen Blick auf ihre Probleme haben, das ist wahnsinnig wertvoll für die Mädchen. Und natürlich der Austausch mit anderen: Man kann bei uns Leute treffen, die man sonst nicht kennen lernen würde, weil sie etwa aus einem anderen Bezirk sind oder auf eine andere Schule gehen. Es ist eine Mischung daraus, aus der Komfortzone rauszugehen, und gleichzeitig immer zu wissen, dass es ein sicherer Raum ist, wo man sich immer zurückziehen kann. Bei uns gibt es kein Muss."
Was braucht’s gesellschaftlich, um diesen Druck auf Junge zu nehmen?
"Man muss offen darüber sprechen, dass die Pandemie auch jetzt noch nachwirkt. Das viele Dinge nicht einfach mit dem Absetzen der Maske und dem Abfall der Infektionszahlen gegessen sind. Vor allem junge Menschen können nicht ausdifferenzieren: Hab ich mich in den vergangenen Jahren anders verhalten, weil ich in der Pubertät bin, weil ich älter werde, weil ich anfange, Dinge mehr zu hinterfragen, weil ich Schule gewechselt habe – oder war Corona der Grund dafür? Das müssen Generationen machen, die das anders kennen und die sollten eine Auge darauf haben, wie man junge Menschen stärken kann. Sprich: mehr Gesprächs- und Beratungsangebote, mehr kostenlose Therapieplätze oder Räume wie das Flash, wo einen Leute unterstützen. Das alles war vor der Pandemie schon wichtig und hat einfach jetzt noch mehr an Bedeutung gewonnen."
Welche Projekte plant das Flash in nächster Zeit?
"Neu als derzeitiges Angebot mal ist das Elterncafé: Wir wollen damit Eltern besser miteinbinden und ihnen die Möglichkeit geben, uns und die Räumlichkeiten kennen zu lernen. Prinzipiell ist es ja so, dass Eltern gebeten werden, Kinder vor der Tür abzugeben oder abzuholen, wenn das nötig ist. Viele kommen ohnehin selbstständig zu uns. Es soll ein gegenseitiges Kennenlernen sein: Wo ist mein Kind? Wer sind die Personen, mit denen mein Kind viel Zeit verbringt? Das Angebot gilt aber auch für Betreuerinnen und Sozialpädagoginnen, die schauen, ob das Flash etwa für die Wohngemeinschaft, wo sie arbeiten, passt."
Was wünschen Sie sich für den nächsten Flash-Geburtstag?
"Dass wir in einem Jahr, was Gleichstellung anbelangt, einen Schritt weiter sind – da hoffe ich auf jeden kleinen Fortschritt. Wir müssen das Thema Tag für Tag angehen. Und ich hoffe, dass es weiter eine Finanzierung und die Ressourcen gibt, damit wir, egal, was die Zeit bringt, darauf reagieren und unsere Arbeit machen können."
Zur Sache: Flash Mädchencafé
- Zieglergasse 34/3, 1070 Wien
- Die nächsten Termine für das Elterncafé sind am Freitag, 17. März 2023 von 13 bis 14.30 Uhr und am Samstag, 22. April von 14.30 bis 16 Uhr. Einfach vorbeikommen, Anmeldung ist keine nötig.
- Info: 0676/897 060 868 und online
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