Pizzeria Anarchia: Die Ruhe nach dem Sturm

- Das Aufräumen in der Mühlfeldgasse 12 beginnt.
- Foto: A. Burghardt
- hochgeladen von Hermine Kramer
Ein paar Tage nach der Räumung der Pizzeria Anarchia ist Ruhe in der Mühlfeldgasse eingekehrt. Die bz-Wiener Bezirkszeitung hat die Stimmung vor Ort eingefangen.
"Den Gestank werde ich noch lange in der Nase haben," seufzt ein Nachbar der ehemaligen Pizzeria Anarchia. Nachdenklich blickt der ältere Herr auf das geräumte Haus in der Mühlfeldgasse 12. Noch immer wird Gerümpel herausgetragen. Damit haben sich die Besetzer verbarrikadiert. "Seit Tagen hörten wir sie da drin hämmern, bohren und sägen", erzählt der Oberösterreicher, der vor 34 Jahren in den zweiten Bezirk gezogen ist. Er habe die Polizei einige Male auf die Arbeiten hingewiesen, passiert sei bis zur Räumung nichts.
Rund 1700 Polizisten schafften am 28. Juli eine Handvoll Punks aus dem besetzten Haus nahe des Pratersterns. Die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes sowie das Vorgehen der Exekutive werden stark kritisiert. Die Vorgeschichte der Besetzung hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Der Eigentümer hatte die bunte Anarchistentruppe selbst eingeladen. Altmietern sollte die Lust am Wohnen in der Mühlfeldgasse verdorben werden. Der Schuss ging nach hinten los: Die Punks und die letzten Bewohner zogen von nun an am gleichen Strang.
Halt die Gosch'n, Alter!
Nicht alle Anrainer der Mühlfeldgasse waren den Besetzern gegenüber freundlich gesinnt. "Vor der Tür hatten wir den Mist ihrer Hunde. Wenn wir sie darauf aufmerksam machten, hieß es nur "Halt die Gosch'n, Alter!", erinnert sich ein Nachbar. Er sei froh, dass das Kapitel Pizzeria Anarchia jetzt vorbei ist. Öfters habe er der letzten Mietpartei geraten, auszuziehen. "Das war sinnlos. Die Familie ist ein typischer Sozialfall." Mitleid habe er keines.
Die hartnäckigen Bewohner der Mühlfeldgasse 12 stehen vor ihrem Heim. Eine alte, scheue Frau, ihr Mann und der stets telefonierende, geschäftige Sohn des Ehepaares, der von den Bauarbeitern zu den Securitys eilt und wieder zurück. "Mein Sohn regelt alles, er spricht gut Deutsch", sagt die Mieterin und geht dann weg. Aus der Reichweite der Journalisten. Ein Kamerateam versucht auf der gegenüberliegenden Straßenseite sein Glück. Die Graffiti am Haus sind übermalt, der Schutt wird weggeräumt, kaum Schaulustige. Es regnet. Ein trostloses Bild, nicht gut genug fürs Fernsehen. Die Kameraleute ziehen weiter.
Freie Räume braucht die Stadt
Alex S. wohnt in der Leopoldstadt. Er ist mit dem Rad gekommen, um sich das Haus anzuschauen. Ein Besuch der Pizzeria sei sich leider nie ausgegangen. Er finde es schade, dass die Besetzer raus mussten. "Alternative Lebensstile brauchen Platz in einer Stadt", sagt er. Prüfend schaut er auf die Fassade des Gebäudes. "Für mich wäre so ein Leben keine Option. Aber jedem das Seine", schmunzelt er, bevor er weiterradelt.
Der Wirt eines benachbarten Lokals regt sich auf, als die Sprache auf die Pizzeria Anarchia fällt. Er habe nie Probleme mit den Punks gehabt. Der Einsatz der Polizei sei übertrieben gewesen. "Wozu das Ganze? Mit Menschen kann man reden, und die Besetzer waren Menschen." Er verschwindet in die Küche. Draußen schleppen die Bauarbeiter weiter Planken, Bretter und Sperrmüll aus dem Haus. Der dritte Container für heute ist voll. "Skurril, was die Punks da alles reingeschleppt haben", wundert sich einer der Securitys. Wie fühlt es sich an, einen Ort zu bewachen, der in aller Munde ist? "Ein normaler Dienst. In einer Woche ist sowieso alles vergessen."





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