Dornbacher Dorfidylle
Timna Brauer und ihr Mann, der Klaviervirtuose Elias Meiri, sind seit vielen Jahren nicht nur privat, sondern auch künstlerisch miteinander verbunden. Vor ihrem Auftritt beim Klezmore-Festival durfte die BEZIRKSZEITUNG sie zu Hause besuchen. Dort gaben die beiden Musiker einen Einblick in ihren ganzen eigenen, bunten Kosmos.
(hh). Fast jeder kennt die Fernsehwerbung, in der die Männer beim Anblick eines begehbaren Kühlschranks komplett durchdrehen. So muss es sich wohl für einen Wiener anfühlen, wenn er in einem ehemaligen Heurigen leben kann. Und in der Tat ist die Familie Brauer-Meiri, die im beschaulichen Dornbach einen wunderschönen, alten Heurigen bewohnt, sehr froh über ihren „Glücksfund“.
Frankreich, Israel und Hernals
Ein kleines, altes Häuschen nach vorne zur Straße hin, ein wunderschöner Innenhof mit zwei großen, alten Bäumen und das Haupthaus weit hinten, eingeschmiegt zwischen die Nachbarhäuser. Ein Wiener Wohntraum für eine ganz besondere Wiener Familie, denn Sängerin Timna Brauer und ihr Mann, der Pianist Elias Meiri, die dieses Ensemble mit ihren Kindern bewohnen, gehören zur raren Spezies der kosmopolitischen Wiener. Timna Brauer, Tochter von Arik Brauer, wuchs in Paris, Israel und Wien auf. Elias Meiri wuchs in Israel auf, lebte aber viele Jahre in New York. Ergebnis: „Wir haben alle zwei Pässe, zwei Identitäten, zwei Heimaten“, so Timna Brauer. Und sie fügt nachdenklich hinzu: „Es wäre schrecklich, sich nur an einem Ort zu Hause zu fühlen. Da wäre man ja abhängig – und das kann man sich als Jude nicht leisten.“
Dörfliches Dornbach
Auf die Frage, ob er sich in Wien zu Hause fühle, antwortet Elias Meiri mit diplomatischer Offenheit: „Ich fühle mich hier sehr wohl!“ Gleichzeitig schwärmen beide von Wien im Allgemeinen und Dornbach im Besonderen: „Als wir hierher übersiedelt sind, haben sich ein paar Nachbarn vorgestellt und uns in Dornbach willkommen geheißen. So eine herzliche Begrüßung ist sogar in israelischen Städten ungewöhnlich. Das liegt auch am Dorfcharakter, den Dornbach immer noch hat. Da gibt es jedes Jahr das Maibaumfest am Hubertusplatz und den netten Heurigen dort. In wenigen Minuten ist man im Wienerwald. Kurz: Für mich ist der 17. der Idealbezirk!“ Von hier aus reisen die beiden Musikanten, wie sie sich selbst nennen, durch die ganze Welt, um Konzerte zu geben. Eine eigene Bezeichnung gibt es für ihre einzigartige Musik nicht, denn in den Liedern vermischen sich Einflüsse aus der jemenitischen Volksmusik mit Wiener Gipsy Sounds, sephardischen Klängen und chassidischen
Elementen.
Spiritualität und Lebensfreude
Timna Brauer versucht, ein wenig Klarheit in das Begriffsgewirr zu bringen. „Gipsymusik, denn obwohl wir keine Sinti oder Roma sind, beeinflussen uns viele Wiener Musiker aus diesem Umfeld sehr. Sephardisch ist der Begriff für die Juden, die sich nach ihrer Vertreibung aus Spanien im 15. Jahrhundert im Mittelmeerraum und in den arabischen Ländern angesiedelt haben. Das ist die orientalisch-jüdische Musik. Die unterscheidet sich aber wieder von der jemenitischen Musik. Das Chassidische ist hingegen im osteuropäischen Raum beheimatet.“
Das Ergebnis dieser einzigartigen Mischung ist eine mitreißende, jüdische Weltmusik, angereichert mit Jazz und Chansons, voll
Lebensfreude und Intensität. Es gilt hierbei allerdings deutlich zwischen jüdischer Kultur und jüdischer Religion zu unterscheiden. Denn wiewohl sich Brauer und Meiri als jüdische Kulturbotschafter verstehen, empfinden sie sich als nicht sehr religiös. Timna Brauer spricht von einer Spiritualität jenseits der Religion, wenn sie sagt: „Ich glaube an die Kraft der Spiritualität im Judentum, auch wenn ich nicht religiös bin. Aber ich schöpfe daraus meine Kraft.“
Diese Kraft wird in gesteigertem Maße bei ihrem Auftritt am 17. November im Rahmen des Klezmore-Festivals in der Kirche am Gaußplatz zu hören und auch zu spüren sein. Timna Brauer: „Hier beim Klezmore-Festival singen wir jüdische Musik in einer Kirche, das ist dann die Kraft der Kraft.“ Und mit verschmitztem Lächeln fügt sie noch hinzu: „Damit kehren wir zurück zum Ursprung. Jesus war Jude und wir singen in der Kirche.“
Infos: www.brauer-meiri.com
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