Besuch im Rapideum: Von Kommerz und Rapid-Liebe
Rapid-Fan Domenico Jacono hat das Rapideum aufgebaut. Seinen Club sieht er zwischen Kommerz und Tradition.
PENZING. Wofür steht Rapid in der heutigen Zeit? Das ist eine Frage, die Domenico Jacono in mehrfacher Hinsicht interessiert. Einerseits ist er Fan-Aktivist, seit Jahrzehnten aktiv auf der Fantribüne im Block West und Mitbegründer der Mitgliederinitiative "Rapid 2020". 2012 gründete er die "Rechtshilfe Rapid" mit, die sich um Rapid-Fans kümmert, die mit der Polizei in Konflikt geraten sind.
Andererseits ist er Mitglied des Ethikrates von Rapid und war noch zu Zeiten des alten Hanappi-Stadions als Kurator am Aufbau des Vereinsmuseums Rapideum beteiligt.
Kommerz und Tradition
Heute ist das klubeigene Museum im Allianz Stadion untergebracht. "Früher war das Rapideum direkt von der Straße aus zugänglich. Heute muss man zuerst durch den Fan-Shop durch. Hier sieht man die Veränderung, die durch den Stadionneubau passiert ist."
Jacono beschreibt und kritisiert eine zunehmende Kommerzialisierung, macht aber auch ein wachsendes zivilgesellschaftliches Engagement unter den Fans aus. "Rapid ist aus der Arbeiterbewegung entstanden. Im Verein ging es immer um Werte wie Solidarität und dass man gemeinsam kämpfen muss, um etwas zu erreichen, weil einem im Leben nichts geschenkt wird", beschreibt er die Ursprünge der Vereinsmentalität. "Heute haben wir nicht mehr die klassischen Arbeiter, dafür aber viele Menschen mit geringem Einkommen und eine wachsende Polarisierung der Gesellschaft in Arm und Reich."
Geteiltes Stadion
Das spiegele sich auch im Verein wider. "So gibt es einen überdimensionierten VIP-Bereich, der im Stadion deutlich heraussticht. Er zeigt, dass es im Stadion einen Klassenunterschied gibt." Dieser Unterschied führe dazu, dass sich die Stehplatz-Fans stärker den Vereinswurzeln zuwenden. "2013 gab es eine richtige Demokratiebewegung, die eine Satzungsreform im Sinne der Fans durchsetzen konnte. Vereinsmitglieder können jetzt außerordentliche Mitgliederversammlungen erwirken."
Jacono hofft, dass das Rapideum einen Beitrag zu den Debatten leisten kann. Als Beispiel nennt er ein Spruchband des Block West vom 23. Oktober 2016: "Gewidmet Wilhelm Goldschmidt und allen Rapidlern, die dem Dritten Reich zum Opfer gefallen sind." Anlass dafür war eine Choreografie der Ultras Rapid zum 75. Jahrestag der von Rapid gewonnenen Deutschen Meisterschaft. "Im Vorfeld haben wir gemeinsam mit den beteiligten Ultras eine sehr intensive Vorbereitung im Rapideum gehabt. Es gab Veranstaltungen, bei denen die Rolle Rapids im Nationalsozialismus aufgearbeitet wurde." Infos: skrapid.at/rapideum
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