Kurioser Streit um Kinderspielturm
Die Gerichte mussten die Frage klären, ob ein Kinderspielturm ein Gebäude darstellt.
Ein kurioser Nachbarschaftsstreit im Bezirk Völkermarkt beschäftigte nach dem Bezirksgericht in Völkermarkt und dem Landesgericht in Klagenfurt auch den Obersten Gerichtshof (OGH) in Wien.
Ein deutsches Pensionistenpaar kaufte vor geraumer Zeit ein Grundstück in der Marktgemeinde Eberndorf. Mit dem Kauf des Grundstücks verpflichtete sich das Ehepaar, auf einem 30 Meter breiten Grundstreifen an der Grundstücksgrenze zu den Nachbarn keine Gebäude zu errichten.
Diese Regel hielt das Paar auch ein, ihr Ferienhaus samt Carport errichteten sie außerhalb des Bauverbotsstreifens. Den Nachbarn, einem Ehepaar aus der Steiermark, war jedoch der drei Meter hohe Kinderspielturm, den die Deutschen für ihre Enkel aufgestellt hatten, ein Dorn im Auge. Dieser Turm befindet sich nämlich in der Bauverbotszone. „Also klagten sie das deutsche Pensionistenpaar“, erklärt Rechtsanwalt Franz Grauf aus Völkermarkt, „der Kinderspielturm sei für sie ein Gebäude und nehme ihnen die Sicht.“
Ein Spielturm vor Gericht
In erster Instanz wurde den Klägern recht gegeben. Das Bezirksgericht Völkermarkt entschied, dass der Kinderspielturm ein Gebäude ist, weil die Konstruktion eine abgeschlossene bauliche Anlage ist, die fix mit dem Boden verbunden ist.
Franz Grauf legte Berufung gegen das Urteil ein. Das Landesgericht Klagenfurt änderte daraufhin das Urteil ab. „Ein Gebäude muss nämlich Menschen und Sachen Schutz gegen äußere Witterungseinflüsse gewähren“, erklärt Grauf, „der Kinderspielturm ist aber ein Spielgerät und lässt seiner Ausgestaltung nach nur vorübergehenden Aufenthalt zu, deshalb ist er kein Gebäude.“
Die Kläger gaben jedoch noch immer nicht auf und zogen vor den OGH. Doch auch dieser entschied zugunsten des geklagten deutschen Ehepaars. „Gesehen vom Grundstück der Kläger aus, überragt das Ferienhaus, das sich außerhalb der Bauverbotszone befindet, den Kinderspielturm bei weitem“, zitiert Grauf aus dem Urteil des OGH, „folglich ist keine Sichteinschränkung gegeben.“ Der Kinderspielturm darf also bleiben, wo er ist – die Enkel wird es freuen.
ZUR SACHE-URTEIL
Auszug aus dem OGH-Urteil: „Zweck des Servituts war es hier, durch Einräumung einer ,Bauverbotszone‘ den Klägern eine (möglichst) freie Aussicht zu gewährleisten. ... Das Berufungsgericht hat bei der gebotenen Interessenabwägung darauf abgestellt, dass der – in der Sichtachse der Kläger gelegene – Kinderspielturm deutlich kleiner ist als das unmittelbar dahinter stehende Ferienhaus und damit keine ,zusätzliche‘ Sichtbehinderung verursache.“
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