Gersthof
Traditionslokal Lintner hat geschlossen
- Brigitte Lintner (l.) und ihre Tochter trauern um das Familienlokal. Was die Zukunft bringt, steht noch nicht fest.
- hochgeladen von Yvonne Brandstetter
Trauer bei den Währingern: Mit 28. Februar schloss die Traditions-Konditorei für immer ihre Pforten.
WÄHRING. "Es tut weh. Sehr weh." Katharine Bernert-Lintner kann es noch nicht ganz fassen. Seit den 1920er-Jahren stellt die Familie Lintner in Gersthof Mehlspeisen nach Altwiener Tradition her – nach alten Rezepten und von Hand.
1924 gegründet von Karl Leopold Lintner, während seiner Kriegsgefangenschaft übernommen von seiner Frau, blieb das Kaffeehaus immer in Familienhand. Aushängeschild waren neben den Strudeln die hausgemachten Krapfen – mit Liebe gemacht. Als Teil der "Wiener Kaffeehauskultur" wurde der Betrieb deshalb 2011 in das Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen. Doch Familienschicksale trafen die Lintners hart. Bis zu dem Punkt, an dem es hieß: "Wir können nicht mehr weitermachen."
"Es ist die Hölle"
Ende Februar schloss das Währinger Traditionscafé für immer seine Pforten. Sehr zum Leidwesen vieler Kunden. "Ich bin Student und komme immer mal wieder her", sagt Johann Eder. Am liebsten isst er den Weichselstrudel. "Es ist wirklich schade, dass sie schließen. Die nehmen den Studenten die Lieblingslokale weg."
Doch die größte Trauer trifft die Chefin selbst. "Es ist die Hölle, Horror", sagt Bernert-Lintner unter Tränen. "Ich bin so aufgewachsen, bin es gewohnt, hier zu sein. Das war mein Leben, da steckte Herzblut drin."
Oberlaa statt Lintner
Die Konkurrenz der Großmärkte war vor allem in den letzten zehn Jahren schleichend zu spüren. "Sie drücken die Preise, da können wir nicht mithalten", so die Chefin. Von den Kunden kommen seit Bekanntmachen der Schließung zahlreiche Rückmeldungen. "Wir erhalten Briefe, Nachrichten, Blumen", erzählt Bernert-Lintner. Was die Zukunft für sie bringt, steht noch offen – darauf will sich die gelernte Zuckerbäckerin nicht festlegen. Die Zukunft des Lokals steht fest. "Ein Oberlaa wird an diesen Standort kommen", sagt die Währingerin. Doch vorstellen, dort als Gast zu sitzen, kann sie sich noch nicht.
Auch Mama Brigitte ist todtraurig über das Ende des Konditorei-Betriebs. Die Senior-Chefin hat Tränen in den Augen. "Eines will ich noch sagen", meint sie. "Wir bedanken uns bei allen Gästen für die langjährige Treue. Wir werden sie wirklich sehr vermissen."
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