Stiller Tod: Trauer um Tausendblum
Die Stadt Neulengbach ließ die Ortstafeln austauschen ohne die Bewohner zu informieren. Die bis 1972 eigenständigen Gemeinde verschwindet endgültig von der Landkarte.
NEULENGBACH (mh). Viele aufmerksame Autofahrer hatten in der vergangenen Woche auf der B19 durch Tausendblum ein seltsames Gefühl. Irgendetwas war anders. Des Rätsels Lösung: Mitarbeiter des Bauhofs hatten in den letzten Tagen sämtliche Tausendblum-Ortstafeln durch Neulengbach-Schilder ersetzt und die Neulengbach-Ortstafeln jenseits des Laabenbaches verschwinden lassen. Wurde Tausendblum etwa bei Nacht und Nebel heimlich von Neulengbach annektiert? Infrastruktur-Stadtrat Jürgen Rummel (ÖVP) klärt auf Anfrage der Bezirksblätter auf: "Die Stadtgemeinde Neulengbach arbeitet zurzeit an einem neuen System für Straßennamen und Hausnummern. Zur Vereinfachung erhält das zusammenhängende Kerngebiet von Neulengbach deshalb einheitliche Ortstafeln." Rummel betont, dass die Katastralgemeinde Tausendblum natürlich weiterhin bestehen bleibt. "Die Ortstafel Tausendblum ist jedoch ein Relikt der ehemaligen Gemeinde Tausendblum, die seit 1972 nicht mehr existiert."
Poetischer Ortsname
Katastralgemeinden wie Ollersbach, Raipoltenbach oder St. Christophen, die nicht direkt an das Kerngebiet von Neulengbach grenzen, behalten laut Rummel auch weiterhin ihre eigenen Ortstafeln. Massive Kritik an dieser Vorgangsweise kommt von der Neulengbacher SPÖ, die in diesem Schritt der Gemeindeführung "einen mehr als unsensiblen Akt" sieht. "Alles ohne vorherige Diskussion und Beratung und für die Bevölkerung überfallsartig", ärgern sich Bildungsstadträtin Beate Raabe-Schasching (SPÖ) und SPÖ-Chef Mario Drapela. Auch der Musiker und begeisterte Tausendblumer Andreas Nebosis fühlt sich überrumpelt: "Ich hätte eine Einbindung der Bevölkerung in eine Diskussion erwartet." Das Atelier "1000blum" seiner Frau habe seit 20 Jahren einen starken Bezug zum Ortsnamen. Und in seinem neuen Album heiße das erste Lied "Tausendblum".
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