Bad Blumau: Stille Post

Kennen Sie das Kinderspiel „Stille Post“? Da geht eine Botschaft im Flüsterton durch eine Kette mehrerer Beteiligter. Meist ist das Ergebnis für alle höchst amüsant. Die Pointe liegt in der Differenz von abgeschickter und angekommener Botschaft.

Die Bad Blumau-Kontroverse scheint ein wenig so zu funktionieren. Wer also möchte nun genau was, gestützt auf welche Reglements und Parteienstellungen?

Die Kurzfassung: Frutura will in dieser Region eine für unsere Breiten außergewöhnlich große Glashausanlage zur Gemüseproduktion aufbauen und betreiben. Die Firma Rogner macht dagegen mobil. Eine Bürgerinitiative stellt sich mit Empörung dagegen. Wer ist sonst noch für oder gegen welche Option? (Wissen wir noch nicht.)

Die jüngste Nachricht der Bürgerinitiative unter der Headline „DAS GLASHAUS KANN NICHT KOMMEN! (Frutura/Glashaus/Gemüse/Bierbaum/Bad Blumau)“ enthält Passagen wie „Dieser Industriekomplex einer Gemüseerzeugungsfabrik kann nicht kommen, weil er auf einer, der Landwirtschaft gewidmeter Fläche entstehen soll.“

Oder: „Hier wird ein Aufschrei der Vertreter der Landwirte und ein Aufschrei der Landwirte selbst an alle ihre Vertreter und Medien gehen. Sollte dies nicht so sein, muss die Frage gestellt werden, inwieweit die Bereiche Industrie (Agrarindustrie mit angeschlossenen Konzernen) und Landwirtschaft im herkömmlichen Sinne noch richtig vertreten sind.“

Zwischenfrage: Hat schon jemand in der Sache mit a) Landwirtschaftskammer (Landeseinrichtung) und b) Bauernbund (politische Formation) gesprochen?

Da klingen auf jeden Fall recht interessante Themenstellungen an. Stellenweise wird es dann aber etwas fragwürdig, wenn etwa ein Argument in „kreideweicher Stimmlage“ mit der meist negativ konnotierten „Ausländerfrage“ Verknüpfung findet: „Auch im Sinne er Soziologie. Wie integriere ich Zuwanderer, egal woher, in kleinste Bevölkerungsstrukturen in Rekordzeit?“

Da ist äußerst untergriffig vorgebracht und feiert eine Reminiszenz an Wehrkirchen, in denen sich Dorfgemeinschaften zusammenkauerten, wenn mordende Reiterhorden ankamen. (Mit Soziologie hat so eine Fragestellung am wenigsten zu tun.)

Es wäre ja eigentlich über Gegenwart und Zukunft der Region zu reden und, ja, auch darüber, wie sich bäuerliche und industrielle Landwirtschaft zu einander verhalten können, verhalten sollen.

Ich bin in der Frage noch mit Recherchen befaßt, daher momentan noch ein paar Überlegungen zu den Strukturen dieses seltsamen Stille Post-Spiels. Lauschen wir auf die Buschtrommeln, hören wir Beschreibungen wie: „Der junge Rogner ist schwierig.“ Oder: „Der Hohensinner hat sich als Zwischenhändler nicht nur Freunde gemacht.“ (Manfred Hohensinner ist der Frutura-Boss.)

Aber wer spricht für die Bevölkerung? Auf jeden Fall der Arzt Herbert Riegler. Und der ist so sauer, mehr geht kaum noch, wie ich vermute. Ob er Initiator und/oder Sprecher der Bürgerinitiative ist, konnte ich bis heute nicht erfahren.

Wie schon erwähnt, die Website der Initiative hat bis dato kein Impressum, was wenigstens medienrechtlich verpflichtend wäre. Sie ist definitiv von Rogner dominiert… Siehe dazu meinen Beitrag: „Kommunikationskuriositäten“ [link]

Nun habe ich nachgesehen, wer die Pressekonferenz in Graz betreut hat. Die Agentur „pr a“ hat einen originellen Slogan: „Wir machen PR, wenn es uns Spaß macht, und verlangen dafür, was wir wollen.“ Deren Website nennt gerade einmal fünf Kunden. Zwei Buchverlage, eine Handelsgesellschaft und a) Rogner Bad Blumau, b) Bad Blumauer Werkstätten.

Momentan äußerst sich also eine recht überschaubare Zahl von Personen öffentlich zur Bad Blumau-Kontroverse. Es wäre freundlich, wenn sich der zuständige Gemeinderat früher oder später zu etwas Kommunikation aufraffen könnte.

Die Bürgerliste wird sich vielleicht eines Tages deklarieren, damit sichtbar werden kann, ob in der ganzen Angelegenheit tatsächlich Staat, Markt und Zivilgesellschaft verhandeln, was nun der Fall sei, oder ob das ganze Thema die Sache einer kleinen Deutungs-Elite bleibt.

Falls es so kommt, das Transparenz hergestellt wird und Sachkenntnis die Debatten dominieren darf, könnten Polemik und Orakel durch fachlich einigermaßen präzise Aussagen ersetzt werden. Solche Behauptungen halten nämlich keiner Überprüfung stand: „Aber ohne klare Regeln, und die gibt es in diesem Falle nicht, ‚kauft’ sich der stärkere durch!“

Zur Orientierung:
+) Die Bürgerinitiative: [link]
+) Die Petition: [link]
+) Die Agentur: [link]
+) Landwirtschaftskammer Steiermark: [link]