Bad Ischl und sein Kaiser: Beste Freunde ohne Alternative

Die Kaiservilla – hier unterzeichnete Franz Joseph die Kriegserklärung an Serbien (Am Bild: Die 1st Queen Dragoon Guards in Bad Ischl) | Foto: Lenzenweger
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  • Die Kaiservilla – hier unterzeichnete Franz Joseph die Kriegserklärung an Serbien (Am Bild: Die 1st Queen Dragoon Guards in Bad Ischl)
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BAD ISCHL. Sommerfrische, Kaiservilla, Kaiser-Golfturnier, Nacht der Kaiser, des Kaisers neue Gärten, k.u.k Hofbeisl, Villa Schratt und Hohe Schrott: Was wäre Bad Ischl ohne seinen Kaiser?

Seit 1827 ist die Stadt im Salzkammergut untrennbar mit dem Hause Habsburg verwoben. Kaiser Franz Josef residierte fast jeden Sommer in der Kaiservilla. Ebendort unterzeichnete er am 28. Juli 1914 das Manifest „An meine Völker“. Der Erste Weltkrieg begann.
Das Verhältnis Bad Ischls zum Kaiser ist spätestens seit damals „kompliziert“. Es schwankt zwischen Akzeptanz und Ablehnung. Liebe war es jedenfalls nie. Zumindest nicht von Seiten der Einheimischen.

Kaiser & Sisi sind Verkaufsschlager
Die versprengten Monarchisten, die bis Ende der 1980er an der Kaisermesse teilnahmen – sie kamen zumeist nicht aus Ischl. Erst als der Kaiser und seine Sisi touristisch „verwertet“ wurden, veränderte sich der Zugang der Ischler zum Monarchen. Aus der abwartenden Distanz wurde ein Geschäft. Sex sells – der Kaiser und Sisi sowieso. Zehntausende Gäste pilgern jährlich nach Bad Ischl. Für zirka 30 Prozent des Einzelhandelsgeschäfts sind sie verantwortlich.

Nichtsdestoweniger sehen die Ischler den Wirtschaftsmotor Nummer eins kritisch. Erst kürzlich erhob die städtische SPÖ Wünsche, Beschwerden und Anliegen der Ischler. Ein Nebenresultat: Der Kaiser-Pomp geht so manchem Ischler schon ein bisschen auf den Keks. Eine Kritik, die bei Touristikern auf wenig Gegenliebe stößt. „Wir zählen pro Jahr 360.000 Nächtigungen. 80 Prozent davon kommen aus Österreich. Ischl wäre schlecht beraten, den Kaiser nicht zu nutzen“, meint Tourismusdirektor Robert Herzog.

Untentbehrlich ist im städtischen Tourismuskonzept auch die Kaiservilla. Über 50.000 Besucher strömen jedes Jahr in das Privatmuseum und den 16 Hektar großen Park. Dort residiert Markus Habsburg, Urenkel des Kaisers, mit Familie. Auch sie bestreitet ihren Lebensunterhalt mit der Historie. Eine nette Kauzigkeit bringt ihnen aber in Ischl nicht nur Freunde. Tourismus, Stadt und Habsburger – manchmal wird gehachelt, aber die Zusammenarbeit funktioniert. Weil sie muss. „Das Verhalten der Behörden war früher besser“, kann sich Markus Habsburg dennoch einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen.

Kritische Ausstellung in der Trinkhalle
Den Schattenseiten der Habsburger-Herrschaft und des 1. Weltkriegs widmet sich derzeit eine Ausstellung in der Bad Ischler Trinkhalle. Sie zeigt keinen verklärten Franz Joseph, sondern das Kaiserreich im Krieg, der am Ende zehn Millionen tote Soldaten und sieben Millionen zivile Opfer forderte. Am Wochenende wird Bundespräsident Heinz Fischer die kritische Ausstellung besuchen.

Insgesamt hält sich die Kaiser-Kritik aber in Grenzen. Republikaner, die gegen den Kaiser-Kitsch zu Felde ziehen? Fehlanzeige. Zu gut läuft das Geschäft mit Sisi und Franz. Relativ entspannt definiert daher auch die Lokalpolitik – über Parteigrenzen hinweg – ihr Verhältnis zum Monarchen: „Bad Ischl hat dem Kaiser viel zu verdanken, aber man muss sich auch wissenschaftlich und kritisch mit dem Ersten Weltkrieg auseinandersetzen“, sagt Bürgermeister Hannes Heide (SPÖ).
Sogar die republikanischen Grünen können dem Kaiser-Pomp in Bad Ischl Gutes abgewinnen: „Solange das folkloristische Spektakel im Vordergrund steht, ist das ok. Aber das unreflektierte Aufmarschieren zum Kaiser-Geburtstag ist entbehrlich“, meint Gemeinderat Markus Reitsamer.

Bad Ischl und der Kaiser: Unterm Strich wahrscheinlich keine Romanze, sondern eher ein Geschäft. Ziemlich beste Freunde, ohne Alternative.

Die Kaiservilla – hier unterzeichnete Franz Joseph die Kriegserklärung an Serbien (Am Bild: Die 1st Queen Dragoon Guards in Bad Ischl) | Foto: Lenzenweger
„Österreich verdient gut mit Kaiser und Sisi. Sie sind für einen Teil des Tourismus verantwortlich“, sagt Markus Habsburg. | Foto: Privat

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