Zielpunkt: Der ganz normale Wahnsinn des Kapitalismus
Rund 3000 MitarbeiterInnen (inkl. Schirnhofer) stehen vor Kündigungen und einer unsicheren Zukunft. Zwar müssen sie derzeit weiter arbeiten, um rechtlich ihre Ansprüche aufrecht zu erhalten, aber es ist unklar, wann sie das Geld für ihre Arbeit bekommen werden. Ihr Novembergehalt fällt schonmal sicher aus. Mit seinen 770 Millionen € ist Georg Pfeiffer einer der reichsten Menschen in Österreich. Er hat noch vor der Insolvenz schnell einen Immobiliendeal abgewickelt, die Gewinnbringer der Pfeiffer-Gruppe an ein Schweizer Konsortium verkauft und die Zahlungsunfähigkeit beschlossen. Zeitlich alles Zufall, natürlich.
Interessant ist hier ein Blick auf die aktuelle Homepage der Pfeiffer-Gruppe. Hier wird mit Anfang des Jahres noch ganz anders getönt. "Die Pfeiffer Handelsgruppe zieht Bilanz:
* 4%iges Umsatzplus für die Handelsgruppe im Direktvergleich zum Vorjahr
* Pfeiffer Handelsgruppe beschäftigt 6.700 Mitarbeiter
* Zielpunkt Übernahme sorgt für 68%ige Umsatzsteigerung
* 2015: Marktführerschaft im Bereich E-Food." Und weiter: "Die Schärfung des Profils des zweitstärksten Lebensmittelhändlers in Wien steht ganz im Zeichen der Hauptstadt: Die Bedürfnisse der urbanen Bevölkerung werden berücksichtigt, neue Produkte gelistet, Convenience und das Ethno-Sortiment ausgebaut. Auch die neue Feinkost steht im Kern der Ausrichtung."
Schöner kapitalistischer Schein.
Druck auf die Beschäftigten sei enorm gewesen
Denn es sei, so berichten die Beschäftigten, in den Filialen schon länger klar gewesen, dass es so nicht weiter gehen könne. Der Druck auf sie sei enorm gewesen, zum Beispiel krank zur Arbeit zu gehen, um keine Krankenstände zu produzieren. Voller Einsatz, um das Überleben von Zielpunkt zu sichern. Eine Filialleiterin bei Zielpunkt verdient übrigens rund 1700 Euro netto, eine Stellvertreterin 1500. Andere MitarbeiterInnen, zumeist in Teilzeit, bedeutend weniger. Branchenüblich. Diese Summe dürfen sie jetzt bei ihrer Bank überziehen, ohne erhöhte Überziehungszinsen. Diese überhöhten Zinsen sind ein Skandal für sich, und wie der Verein für Konsumenteninformation VKI betont, unrecht. Da ist es leicht, großzügig erscheinen zu wollen.
Alle wollen angeblich das Beste. Und besonders gut verdienen
Auch die Pfeiffer-Gruppe wolle ja nur das Beste. Eigentlich. Sie kassiert aber schon seit 2013 überhöhte Mieten, die Pfeiffer durch den Verkauf noch in diesem November angeblich senken wollte. Da hätte es leichtere Möglichkeiten gegeben, oder?
Tja. Und die Öffentlichkeit. Kritisch recherchiert die Wiener Zeitung. Und der Standard, das rosa gewendete KapitalistInnen-Kampfblatt, erklärt in einem sonderbaren Artikel, dass alles ganz normal sein. Moralisch bedenklich, aber normal. Den Schluß, dass dies insgesamt der ganz normale Wahnsinn des Kapitalismus ist, wo die unfreundliche Übernahme von Filialen im Handel auf dem Rücken der Beschäftigten und der Öffentlichkeit ausgetragen wird, ziehen die feinen ZeitungsmacherInnen nicht.
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