Bio-Patente: Wem gehört der Brokkoli?
Große Verunsicherung bei Landwirten und Konsumenten rund um Patente auf Pflanzen und Tiere.
OÖ. Konzerne haben Rechte auf Pflanzen und Tiere und diktieren Landwirtschaft und Preise für Lebensmittel: Solche Szenarien geistern durch die Medien. Besonders Vereine, die sich mit Landwirtschaft und Artenvielfalt beschäftigen, wie "Bio Austria" oder "Arche Noah", schlagen Alarm. Die BezirksRundschau hat recherchiert und beantwortet häufig gestellte Fragen.
Ist eine konventionelle Obst- oder Gemüsesorte durch ein Patent schützbar?
Nein. Einzelne Pflanzensorten fallen in Österreich unter das Sortenschutzgesetz, nicht unter das Patentgesetz. Auch biologische Verfahren – Kreuzungen und Züchtungen – sind vom Patentgesetz ausgenommen. Bestehende Sorten wären auch deswegen nicht patentierbar, da ein Patent immer eine Neuheit beinhalten muss.
Wie sieht die Patentfähigkeit von genmanipulierten Pflanzen aus?
Biotechnologische Verfahren sind durch Patente schützbar. Der Schutz umfasst nicht nur das Verfahren, sondern auch das Endprodukt. Somit ist eine Gen-Tomate patentfähig.
Stimmt es, dass das Europäische Patentamt (EPA) dennoch auf neue, ohne Gentechnik hergestellte Pflanzen Patente erteilt hat?
Ja. Derzeit sind rund 100 solcher Patente bekannt. Das ergibt sich aus einem Graubereich im Patentrecht, den Konzerne nutzen. Wie damit umgegangen wird, wird schon lange auf europäischer Ebene diskutiert. Österreich spricht sich gegen die Patentierung von Pflanzen und Tieren aus.
Was kann man gegen die bestehenden Patente tun?
Nur ganz wenige dieser 100 Patente sind in Österreich gültig. Ein Paradebeispiel ist hier ein Brokkoli-Patent. Dieses gibt es seit mehr als 15 Jahren, ohne dass es bisher praktische Relevanz hatte. Patente können grundsätzlich angefochten werden. Auf ein Verfahren beim Brokkoli hat man bisher verzichtet, denn die Kosten wären höher als der Nutzen – außerdem läuft ein Patent nach 20 Jahren aus.
Wieso sind Bio-Patente ein Problem?
Besonders Bio-Bauern sind auf immer neue, resistente Züchtungen angewiesen, da sie ohne chemische Pflanzenschutzmittel auskommen müssen. Aber auch konventionelle Landwirte haben Bedenken, unter die Räder der Konzerne zu kommen, wenn diese die Oberhand über Saatgut bekommen. Wer den Verkauf von Saatgut diktiert, hat Macht über Produktionsmenge und Preispolitik am Markt. Ein weiterer Knackpunkt ist, dass die Schutzwirkung eines Patents viel umfassender als jene des Sortenschutzes ist.
Kann das Landwirteprivileg durch das Patentrecht ausgehebelt werden?
Nein. Das Recht von Landwirten, Saatgut aus der erfolgten Ernte für die kommende Saison zurückzulegen, ist im Patentrecht ausgewiesen.
Zur Recherche
Die BezirksRundschau hat umfassend recherchiert bei: Patentanwälten, der Bio Austria und beim Österreichischen Patentamt.
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