Der "braune" Peter Rosegger

- hochgeladen von Alexander Moser
Das hat ja kommen müssen, war eigentlich schon längst überfällig: Ein neue bemerkenswerte Ausstellung zu Peter Rosegger (jedenfalls sieht das Markus Hackl so): Peter Rosegger als "heimatloser" Mann, gebrochen, angeblich deutschnational und jedenfalls antisemitisch.
Braun war die Farbe der Nazis. Diese Zeit musste Peter Rosegger nicht mehr erleben. Er starb noch in der Zeit der Monarchie, am 26. Juni 1918. So erscheint es wohl ein wenig unreflektiert, ihn mit "braun" in Verbindung zu bringen.
Im Europa des 19. Jahrhunderts war der Nationalismus schon längst die vorherrschende geistige und politische Strömung geworden. Der k. u. k. Vielvölkerstaat war in schwerer Bedrängnis, Transleithanien ging teilweise schon eigene Wege. Auch diesseits der Leitha dachte man national. Deutsch sollte wenigstens im Westteil der Monarchie die Vorherrschaft behalten. Und Rosegger war ein Sohn seiner Zeit. Er dachte deutsch und national, aber nicht im Sinn eines Anschlusses an das Deutsche Kaiserreich sondern als Monarchist. Er war dem Kaiserhaus sehr verbunden.
Rosegger stand Juden distanziert gegenüber und teilte die Auffassung, dass Juden die Wirtschaft dominieren und in den Wissenschaften vorherrschend seien. Den Judenhass des ungebildeten Mobs empfand er aber als Bedrohung. Antisemitismus war nichts Neues und geht bis ins Mittelalter zurück. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Nationalismus immer stärker wurde, ging damit auch Judenfeindlichkeit einher.
Peter Rosegger war ein sehr gläubiger und katholischer Mensch, jedoch auch erstaunlich offen. Die evangelische Kirche in Mürzzuschlag geht auf seine Initiative zurück. Er förderte die Bildung seiner Alpler Kinder und ließ für sie eine Schule erbauen.
Rosegger sah im 1. Weltkrieg die Möglichkeit, ungelöste Fragen am Schlachtfeld zu lösen. Er war für diesen Krieg, wie die meisten anderen auch (anfangs jedenfalls). Rosegger wurde später für die Nazi-Propaganda in die Pflicht genommen. Dafür kann er allerdings nichts. Er war schon tot.
Um das Leben und Handeln eines Menschen zu verstehen, muss man auch seine Zeit verstehen. Unsere heutige Perspektive kann ihm nicht gerecht werden. Zwischen Peter Rosegger und uns passierten eine 1. Republik mit großer Armut, 12 Jahre Nazi-Diktatur und ein 2. Weltkrieg mit desaströsem Ende. Dann folgten noch der Ostblock, der Kalte Krieg und die EU. Dass wir heute aufgrund dieser zeitgeschichtlichen Erfahrungen einiges anders sehen, erklärt sich daraus.
Wir sollten uns hüten, selbstgerecht und überheblich andere zu be- und verurteilen. Alles als "braun" wahrzunehmen, was in den 150 Jahren davor schon aufkeimte, wird den Fakten nicht gerecht. "Braun" sollte der Schreckensherrschaft der Nazis vorbehalten bleiben, während dieser Nationalismus und Judenhass zuvor undenkbare apokalyptische Ausmaße angenommen hatte.
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