So reden, wie einem der Schnabel g'wachsen ist

Ernst Stöckl veröffentlichte gerade seinen ersten Band des Schärdinger Wörterbuchs der Mundart und Umgangssprache. | Foto: privat
  • Ernst Stöckl veröffentlichte gerade seinen ersten Band des Schärdinger Wörterbuchs der Mundart und Umgangssprache.
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ST. FLORIAN (kpr). Im Interview spricht Ernst Stöckl über sein Schärdinger Wörterbuch, eine Renaissance der Mundart und warum der Dialekt ganz und gar nicht bäuerlich ist.

BezirksRundschau: Herr Stöckl, reden Sie so, wie Sie im Wörterbuch schreiben?
Ernst Stöckl: Nicht immer. Denn dann würde mich keiner mehr verstehen (lacht). Ich lebe nun seit 25 Jahren in Wien und bin in Österreich viel herumgekommen. Aber wenn ich in St. Florian bin, rede ich innviertlerisch.

Liegen in St. Florian ihre Wurzeln?
Ja, ich bin dort aufgewachsen und die längste Zeit meines Lebens habe ich als Sozialarbeiter mit Jugendlichen mit psychosozialen Problemen gearbeitet. Aber seit einem Monat bin ich in Rente – jetzt habe ich mehr Zeit, an dem Wörterbuch zu arbeiten.

Wie lange sitzen Sie schon daran?

Seit acht Jahren. Mich hat schon immer interessiert, wo die Wörter herkommen. Aber mit 25 oder 30 interessiert einen sowas noch nicht – dafür muss man schon etwas älter sein. Gerade ist der erste Band mit Wörtern von A bis D fertig geworden. Es ist geplant, dass alle zweieinhalb Jahre ein neuer Band erscheint – insgesamt sind es fünf Bücher mit 35.000 Wörtern.

Wie finden Sie die Wörter?
Neben mir liegen ständig zehn bis 15 Wörterbücher. Die Wörter darin versuche ich, ins Innviertlerische zu übersetzen – und auch alle Bedeutungen zu erfassen. Außerdem bette ich alle Mundart-Wörter in Sätze ein, um sie den Lesern anschaulicher zu präsentieren.

Sie sagen, das Wörterbuch ist eine Liebeserklärung an die Mundart. Wann ist diese Liebe entbrannt?
Sie war schon immer da. Ich habe das Innviertlerische immer im Ohr, auch wenn ich nicht zuhause bin. Viele Menschen empfinden den Dialekt als bäuerlich oder sogar hinterwäldlerisch. Aber das ist er gerade nicht: Wir sprechen im Dialekt, wenn wir etwas ausdrücken, wie beispielsweise Gefühle. Dann reden wir so, wie uns der Schnabel gewachsen ist.

Glauben Sie, dass durch das Internet und die Amerikanisierung die Mundart verloren geht?
Durch das Internet, TV-Spots und Anglizismen verlieren wir an Authentizität. Das was uns ausmacht, geht zum Teil verloren – wird verwischt. So auch die Idenfikation mit der Heimat. Aber Sprache ist immer im Wandel. Einen Weg zurück gibt es nicht. Bei manchen alten Ausdrücken hätte sogar mein Großvater Schwierigkeiten gehabt, sie zu verstehen.

Wird die Mundart irgendwann ganz verschwinden?
Nein, das glaube ich nicht. Gerade jetzt erlebt sie eine Renaissance. Die Pädagogen in den Schulen lassen Mundart wieder mehr zu. Früher hieß es noch: Red' sche. Die Kinder sollen zweisprachig aufwachsen. Später, wenn sie die Heimat verlassen, denken sie in der Mundart und reden Standardsprache. Das ist eine Bereicherung.

Was bedeutet das Wörterbuch für Sie?
Es soll ein Nachschlagewerk sein für die Sprache, die wir jetzt sprechen.

Das deutsche Jugendwort des Jahres ist "läuft bei dir". Können Sie das in die Mundart übersetzen.
(lacht). Vielleicht Rennt's guad oder rennt's bei dir.

Und ihre liebsten Mundart-Wörter?
Auf jeden Fall uarassen und Gloiffe. Sechta find ich auch immer gut. Und auf das letzte Wort im Wörterbuch freue ich mich schon. Ich weiß schon jetzt, welches das sein wird: Zwutseln.

Buch-Präsentation

Ernst Stöckl präsentiert das Schärdinger Wörterbuch der Mundart und Umgangssprache am 11. Dezember um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei Schärding. Zur Einleitung wird ein Kurzfilm gezeigt über Menschen im Bezirk. Stöckl hat dafür Interviews in Mundart mit verschiedenen Leuten geführt – von einem Landwirt in St. Aegidi bis zum Totengräber in Vichtenstein.

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