Ein Handwerk mit Tradition am Weißensee
Michael Winkler hat den Bootsbaubetrieb seines Schwiegervaters übernommen.
NEUSACH (ven). Michael Winkler führt ein traditionelles Handwerk am Weißensee fort. Er hat 2006 das Bootsbau-Unternehmen seines Schwiegervaters übernommen und die WOCHE einen Blick in seine Werkstatt in Neusach am Weißensee werfen lassen.
Von Schwiegervater übernommen
1963 hat Christoph Domenig als Bootsbauer angefangen. Seit er in Pension ist, führtseine Tochter Martina die Pension "Haus am Mühlbach", den Bootsverleih und sein Schwiegersohn Michael Winkler den Bootsbau fort. "Eigentlich bin ich Elektrikermeister und hatte auch eine eigene Firma, war auch Betriebsleiter der Weißensee Bergbahnen", beginnt Winkler. Den Bootsbau hat er in seiner Freizeit gelernt. "Dann habe ich auch bei anderen Bootsbauern mitarbeiten dürfen und bin seit 2006 in diesem Bereich selbstständig", erklärt er.
Drei gängige Varianten
Für die Meisterprüfung habe die Zeit noch nicht gereicht. "Anfangs habe ich mich mit Reparaturen von Kunststoffbooten durchgeschlagen", blickt Winkler zurück. Nun fertigt er zu 95 Prozent Holzboote beziehungsweise baut nach Original-Vorlage Boote nach. Da gibt es aber mehrere Varianten. Einerseits ein Flachboot mit geradem Boden sowie links und rechts einer Planke. "Diese wurden früher für Holz- und Heuarbeiten verwendet", erklärt Winkler. Weiters fertig er noch Kielboote. "Die sind aufwändig und edel. Sie bestehen aus einem Kiel und acht Planken pro Seite, vorne mit einem 'Steffen', hinten mit einem 'Spiegel'." Diese seien kippelig, leicht zu rudern und sehr wendig. "Eine Variante zwischen diesen beiden ist das Spitzflachboot." Ein gerader Boden, der Steffen ist spitz, hinten ist es gerade mit drei Planken pro Seite. "Es eignet sich gut zum Fischen und Rudern oder auch, wenn Kinder mit im Boot sind."
Lärche und Eiche
Winkler hat pro Jahr rund vier bis zwölf Aufträge für Neubauten, repariert werden hingegen rund 30 bis 40 Boote. Neu hergestellt benötigt er für ein Flachboot rund 14 Arbeitstage, für ein Spitzflachboot 20 bis 22 Tage und für ein Kielboot rund fünf Wochen - "je nach Ausführung". Die verwendeten Holzarten sind dabei Lärche und Eiche.
Dicht mit Harzen
Und wie wird so ein Boot wasserdicht? "Die Verbindungen müssen einerseits dicht sein, dann kommen verschiedene Leime und Harze zum Einsatz. Dann gibt es noch verschiedene Dichtmassen, wie zum Beispiel eine aus Grundkreide und Firnisöl", erklärt er. Nach einer Woche sei das Boot ausgetrocknet und somit dicht.
Viele Fachbegriffe
Doch wie entsteht so ein Boot eigentlich? "Der grobe Entwurf wird auf einem Brett gezeichnet. Auf eine Holzlatte kommen vorgefertigte sogenannte Male drauf", beginnt er. Weiters besteht ein Boot aus dem Kiel, dem Steffen, dem Kielschwein, dem Achtersteffen, einem Totholz, einem Spiegel und einer Kielschiene. "Das wäre das Grundgerüst." Der Steffen wird dann mit allen drei Malen verbunden. "Durch das Verschieben der Male bekommt man die Form des Bootes." Die Male werden fixiert und auf eine sogenannte Heling aufgespannt. "Diese ist aus Metall und nach links und rechts kippbar. Dann werden die Planken montiert.
Bestes Holz
Für die Planken muss feinfasriges Holz verwendet werden. "Das heißt, dass die Jahresringe im Millimeterabstand sind. Sonst sind die Planken nicht flexibel", erklärt der Experte. Wenn die Planken montiert sind, kommen die Spanten - die Rippen - dazu, damit die Form des Bootes bleibt, da die Male wieder herausgenommen werden. Diese sind aus Eichenholz - zwei Zentimeter breit und 15 Millimeter stark. Mit einem Dämpfer werden die Spanten erhitzt, damit sie biegsam sind. Die Verstärkung zwischen Planke und Abschluss heißt "Dollbaum", der muss auch noch montiert werden. Auf die Bodenwrangen kommt der Boden drauf. Auch die Sitze werden montiert. Vorne am Boot wird noch der Spitzbacken befestigt, hier kann man eine Kette zum Festmachen montieren. Außen herum kommt noch eine Scheuerleiste.
Auch Ruder selbstgemacht
"Jetzt fehlen nur noch die 'Röslen', das sind Holwinkel zur Versteifung und die Ruderdollen, das sind die Gabeln, in denen die selbstgemachten Ruder aus Fichtenholz eingespannt werden", erklärt Winkler. Dann hält das Boot "bei guter Führung ein bis zwei Generationen. Außerdem ist es unsinkbar." Das Boot füllt sich zwar mit Wasser, bleibt aber mit der Kante auf selber Höhe wie das Wasser.
Zur Person:
Name: Michael Winkler
Geburtstag: 18. April 1976
Familie: Verheiratet mit Martina, zwei Töchter (acht, zehn)
Herkunft: Steinfeld - "bin hier Entwicklungshelfer"
Beruf: Elektrikermeister, Bootsbauer
Hobbies: Jagen, Fischen, Wandern, Radfahren
Familienbetriebe: Frühstückspension Haus am Mühlbach, Bootsverleih, Bootsbau
Motto: Ich möchte die Natur erhalten und Materialien, die die Umgebung liefert, veredeln und den Menschen zugänglich machen.
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