Das große Abenteuer der kleinen Fähe. Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kind gebliebene - Teil 66

Als ich mich in den letzten Tagen ans Geschichtenschreiben machte, wollte mir diesmal nichts so recht einfallen: für eine Weihnachtsgeschichte war es noch zu bald, Herbstliches war aber auch schon ein bisserl spät und irgendwie wollte nichts wirklich passen. Da kam mir heute das Schicksal zu Hilfe. Die folgende Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit und einem Menschen, der mit Tieren einfach ein bisserl besser umgehen kann, als die meisten seiner Zeitgenossen...

Es war einmal, tief drinnen im Reichraminger Hintergebirge, da lebte eine alte Füchsin. Sie hatte im späten Frühjahr vier Junge bekommen. Nun setzte sie alles daran, genug Futter für ihre gefäßige kleine Brut herbeizuschaffen. Unermüdlich jagte sie im Wald auf und ab. Als die Beute dort nicht mehr reichte, wagte sie sich gar bis zu den Menschen vor, um das eine oder andere Huhn zu ergattern - und das obwohl sie die Jäger wie kein anderes Lebewesen fürchtete.

"Die Menschen sollt ihr meiden!" trichterte sie ihren Füchslein ein. Wem sein Leben lieb ist, der wagt sich nur zu Notzeiten in die Nähe der Menschen. Am Schlimmsten aber, ist der Jäger! Seine eiserne Büchse hat schon vielen Füchsen den Tod gebracht. Wer nicht um den Hals einer "Menschin" baumeln will, der nehme sich streng vor den "grünen Gesellen in Acht!" So predigte die gewiefte alte Fähe oft, bevor sie ihre Jungen im "G'schleif" - wie die Einheimischen den Fuchsbau nannten - zur Ruhe legte. Drei davon hielten sich an die Worte der Mutter. Vorsichtig - ganz vorsichtig erkundeten sie ihre Umgebung und verschwanden bei der geringsten Gefahr wie der Blitz in ihrem Bau.

Nur das jüngste Füchslein war aus anderem Holz geschnitzt. "I wo" dachte die kleine Fähe. "Ich habe gute Ohren und eine phantstische Nase. Sobald ich den Jäger wittere, habe ich noch massig Zeit um zu verschwinden. Außerdem sind Menschen viel langsamer als wir Füchse. Mutter ist einfach viel zu besorgt um uns!"

So wagte es sich jeden Tag weiter vom G'schleif weg und tapste bald unverfroren im Hühnerstall vom Gschirnerbauern ein und aus, als ob es dort zuhause wäre. Jegliche Warnung prallte an ihr ab, wie die sprichwörtliche Fliege an der Glastüre.

Eines Tages aber, als sich die ersten Blätter gelb färbten und die Herbstzeitlosen zu blühen begannen, musste unsere kleine Fähe erkennen, dass sie eine Eventualität außer Acht gelassen hatte - nämlich die Hunde. Fuchsteufelswild über den ständig schrumpfenden Hühnerbestand, hatte der Gschirner einen Jäger samt Jagdhund und Flinte zu Hilfe geholt. Der sollte dem frechen Räuber eine ordentliche Ladung auf den Pelz brennen.

Mit pochendem Herzen und einer Angst, wie sie sie noch nie zuvor in ihrem Leben verspürt hatte, nahm die kleine Fähe ihre Läufe in die Hand und rannte um ihr Leben. Sie flitzte über Stock und Stein, durch Dickicht und Dornengestrüpp, solange, bis das wütende Gebell der Hunde verstummt war. "Gott sei Dank!" dachte die kleine Räuberin. "Ich hab sie abgehängt!" Doch da verging ihr das Lachen auch schon wieder. Die Gegend in der sie sich befand, war ihr völlig fremd. Kein Stein und kein Baum erinnerten sie an zuhause. Krampfhaft versuchte sie den Weg zurück zur Mutter und ihren Geschwistern zu finden. Mal lief sie streng gerade aus, probierte dann wieder die eine oder andere Abzweigung. Doch so sehr sie sich bemühte, sie konnte den Nachhauseweg nicht mehr finden. "Ach wäre ich doch nicht so keck gewesen!" dachte das Füchslein traurig. "Alleine, ohne Bau, Familie und Freunde kann ich hier draußen nicht überleben!" Hungrig, schwach und müde rollte sich die kleine Fähe unter einem Busch am Wegrand zusammen. Als plötzlich zwei Wanderer auftauchten und sich zu ihr hinunter beugten, dachte sie ganz ihrem Schicksal ergeben: "Hoffentlich geht es kurz und schmerzlos! Ich hab keine Kraft mehr, um mich noch zu wehren."

"Sieh dir das Füchslein an, Siggi!" sagte einer von ihnen und hob es vorsichtig auf. "Ich glaube es hat seine Familie verloren!" "Aber immerhin ist es noch am Leben! Weißt was!? Wir bringens dem Michal, der hat doch schonmal einen Fuchs aufgezogen!" "Ja genau!" pflichtete jetzt auch sein Freund Erich bei. "Dreizehn Jahr hat er den Fuchs bei sich ghabt, der Michal. Das hat er mir selbst erzählt. Ich glaub, das Tier, das der nicht abrichten könnt, gibt's net!"

Als das Fuchsjunge wieder zu sich kam, lag es auf einem kuscheligen Kissen - mitten in einem Menschenhaus. Vor ihm stand eine Schüssel mit Wasser und noch ein Schälchen. Dem Geruch nach, dürfte der Inhalt äußerst lecker schmecken. Allerdings war es von einem Gitter umgeben. "Ein Käfig!" dachte die Fähe und begann am ganzen Körper zu zittern. Da bemerkte sie den Mann, der neben ihr kniete und leise und freundlich auf sie einredete.

Viele Stunden verbrachte er so, bis die beiden Freunde wurden - die kleine Füchsin und der große Mann. Er gab ihr den Namen Fee - und als sie ihm mehr und mehr ihr Vertrauen schenkte nahm er sie, wie einen Hund in seinem weißen Lieferwagen überall hin mit . Mit der Zeit gefiel ihr sogar das zarte silberne Halsband, das ihre Freiheit nur ab und zu einschränkte und wenn der Fee einmal die Mutter fehlte, schmiegte sie sich eng an Michals Frau, wenn diese auf der Couch ein Nickerchen machte.

Irgendwie hatte die kleine Fähe immer schon gespürt, dass sie etwas besonderes erwartete. Und wenn der Hintergebirgskutscher jetzt Gäste zu seiner Hütte im Wald kutschierte, hielten diese es nur die ersten paar Sekunden für einen Schmäh wenn der Michal sagte: "Und wisst's eh, in Reichraming do tanz ma net mit'm Wolf, sondern mit'm Fuchs..." Denn dann kam Fee's Auftritt. Der Moment, den das Füchslein am Liebsten hatte: auf den Schoß des Herrchens springen, von ihm in den Arm genommen werden und aus genügend Sicherheitsabstand die Staunenden Menschen beobachten, die ohne Büchse und Jagdhund gar nicht mehr gefährlich wirkten.

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Foto: Cityfoto
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