Kultur kurios: Hier ist die Welt

- Mit Selman Trtovac (Heterotopia PerpetuumMobile) ist schon der erste Themenschwerpunkt für 2016 in Arbeit
- hochgeladen von martin krusche
Wieso eigentlich Austausch? Die Kunst ist die Kunst und gibt sich selbst ihren Auftrag. Das bedeutet auch, wer ein Bild malt, sollte sich auf das Malen, folglich auf die Kraft des Bildes konzentrieren. Mehr muß da nicht geschehen.
Klar? Klar! Aber wo öffentliche Mittel zur Kofinanzierung kultureller Projekte genutzt werden, stellen sich auch kulturpolitische Fragen, nicht bloß Fragen nach der Kunst.
Es gib zum Beispiel Menschen, die malen aus persönlicher Passion, ohne einem weiteren Anspruch genügen zu wollen. Ist schon okay. Selbst wenn jemand erkennbar zwanzig Jahre nichts dazugelernt hat und sich die verfügbaren Talente sichtbar erschöpft haben, bedarf das keiner weiteren Legitimation. Doch wenn öffentliche Mittel Verwendung finden, sieht die Sache etwas anders aus.
Demnach alles recht und schön, freilich bleiben die (kultur-) politischen Fragen, wo die Politik öffentliche Gelder einsetzt, um Kulturprojekte mitzufinanzieren. Worauf ich hinaus will? Sie kennen gewiß die Frage „Za wos brauch ma des?“ Nämlich Kunst und Kultur.
Hier finden die Optionen und Aufgaben zusammen. Wo eine Stadt oder ein Land nicht direkt in die Kunstproduktion investiert, was auch einen Nutzen erbringt, wird in soziale und kulturelle Kompetenzgewinne Geld gesteckt werden. Und das ist gut so, weil der private Markt bei uns in solchen Bereichen nur selten Engagement zeigt.
Kurz, der Staat muß in die heiklen Bereiche investieren, die wichtig sind, aber vom Markt nicht ausreichend mitfinanziert werden. Gelder sind knapp. Der Staat darf sich daher nicht in gefälligen Inszenierungen finanziell erschöpfen, denn das Nette, das Erfreuliche, das leicht Verdauliche, das Publikumswirksame bedarf kluger Unterstützen weit weniger als das Spröde, das Kühne, auch das Unpopuläre.
Ist es ihnen schon aufgefallen? Die ganze Welt befindet sich im Umbruch. Europa erlebt eine mehr als interessante Krise. Manche unter uns fürchten sich, säßen lieber sicher und warm hinter ihrem Ofen, zittern in den Veränderungsschüben, die sich durch nichts und niemanden abwenden lassen.
Andere begreifen, daß gerade jetzt unsere kulturellen Kompetenzen gefordert sind. Die Welt kommt zu uns und wir, mindestens unsere Kinder, streben in die Welt hinaus. Wer heute nur eine Sprache spricht, merkt schnell, das reicht nicht, um für die Zukunft gewappnet zu sein.
Wer heute vor dem Fremden zurückschreckt, merkt schnell, wir leben längst nicht mehr in einsamen Dörfern am Ende entlegener Täler.
Kunst ist ein Anlaß, um aus eigenem Wollen ein Rendezvous mit dem Unbekannten zu suchen. Kultur bietet uns die Mittel und die Modi, auf den Kontrast neugierig zu sein, die Irritation als Gewinn zu sehen, mit dem Fremden neue Erfahrungen zu machen.
Wer heute das „Mir san mir“ predigt, wird morgen sehr einsam sein und übermorgen jene um Zuwendung anbetteln müssen, die sich längst mit der Welt da draußen befaßt, auseinandergesetzt haben, also jene, die über Tellerränder nicht nur hinausgeblickt haben, sondern hinausgegangen sind.
In diesem Geist ereignet sich seit Ende August das 2015er Kunstsymposion von Kunst Ost und dem Kultur.at: Verein für Medienkultur. Es begann diesmal mit einer intensiven Session in Beograd und in Ostserbien, fand eine Verzweigung nach Montenegro, führt nun zurück nach Gleisdorf. Dort verknüpft es sich kurz mit Kunstschaffenden aus dem Kosovo, die der Gleisdorfer Karl Bauer in die Region gebracht hat.
Von da geht es weiter, um über September und Oktober noch einige große Themenstellungen auf den Tisch zu wuchten. Da wirken Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft zusammen. Da sind schon erste Themenstellungen für das Kunstsymposion von 2016 in Arbeit.
Doch vorerst findet im Gleisdorfer Museum im Rathaus ein Round Table ("Talking Communities") mit den kosovarischen Gästen statt, tags darauf wird dort ihre Ausstellung eröffnet.
+) Kultur kurios: Überblick: [link]
+) Debatte: Talking Communities [link]
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