Fundraising: Ein Ferienjob als Spendensammler
Gutes tun und dabei Geld verdienen: Vor allem für junge Leute ein attraktives Angebot, für Passanten ein Reizthema.
WIEN. Auf einem Holzboot über den Amazonas fahren, mit dem indigenen Mundurukus um's Feuer tanzen und zum Abschluss noch ein paar Minuten über den lateinamerikanischen Regenwäldern schweben - mitten auf der Mariahilfer Straße. Diese Eindrücke macht ein Fundraising-Team von Greenpeace mit Hilfe einer "Virtual-Reality-Brille" für Passanten möglich. Ihr erklärtes Ziel: Aufmerksamkeit für ein Staudammprojekt im Amazonas-Gebiet zu erwecken.
Auch die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 setzt in der Wiener Einkaufsstraße auf moderne Technik: Neben klassischen Fundraisern sollen Videowerbetafeln die Aufmerksamkeit der vorbeilaufenden Personen erregen - "Glatze oder Spende" heißt es auf den Tafeln.
Die Umwelt geht uns alle was an
Besonders für junge Menschen, Schüler und Studenten ist das sogenannte "Fundraising" ein attraktiver Ferien- oder Nebenjob. Gutes tun und dabei auch noch Geld verdienen, klingt für viele junge Ohren nach einem Traumberuf.
Das war auch der Grund für den 23-jährigen Philip bei Greenpeace als "Vollzeit Weltretter" aktiv zu werden. Seit vier Monaten versucht er im Namen der Umweltorganisation Stimmen und Spenden zu sammeln. Denn Umwelt, so der 23-Jährige, gehe uns schließlich alle etwas an.
Seiner Meinung nach braucht es für so einen Job vor allem Empathie und Kommunikationsvermögen - und natürlich die eigene Überzeugung und Leidenschaft. Wer sich diesen Job nur des Geldes wegen ausgesucht hat, werde es nicht weit bringen, schließlich gehe es immer auch darum seinen Gegenüber von der Sache zu überzeugen, so der Greenpeace-Aktivist.
Für die Sommermonate genau das Richtige
Mit der "Virtual-Reality-Aktion" in der Mariahilfer Straße will man in Wien - sowie an vielen anderen Orten der Welt - auf ein 40 Dämme umfassendes Staudammprojekt im Amazonas aufmerksam machen. Mit Hilfe der High-Tech Brille werden Passanten in die Welt des Amazonas versetzt, sind plötzlich umringt von endlosen Wäldern, hören Vogelgezwitscher und - so das erklärte Ziel - erlangen einen Eindruck davon, was bei dem geplanten Staudammprojekt wirklich auf dem Spiel steht.
Nur 200 Meter weiter setzt sich die 19-jährige Sonja für ein Verbot von chemisch-synthetischen Pestiziden ein. An ihrem zweiten Arbeitstag für die größte österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 ist auch sie als Fundraiserin auf der Wiener Einkaufsstraße auf der Suche nach Unterstützern. Über's Internet sei sie auf den Job aufmerksam geworden. Vor dem Beginn ihres Studiums im Oktober sei das über die Sommermonate genau das Richtige, erklärt die 19-Jährige.
Teilweise ein bisschen bissig
Nach dem erfolgreichen Bewerbungsgespräch hat man ihr im Rahmen einer halbtägigen Einschulung den richtigen Umgang mit Passanten erklärt, Daten und Fakten über die Organisation näher gebracht und sie über ihr Fachgebiet "Pestizide" informiert. An ihrem ersten Tag seien von ungefähr 500 vorbeigehenden Personen sieben zu einem längeren Gespräch mit ihr bereit gewesen - zumindest eines davon war erfolgreich. Mindestens drei Wochen wolle sie den Job machen, danach sehe sie weiter.
Bei einigen Anrainern, Einkaufsbummler und Passanten stößt dieses Engagement teilweise auf weniger Verständnis. Zu viele Spendensammler seien es mittlerweile geworden. Bereits jetzt ist die Mariahilfer Straße in eine untere und eine obere Zone eingeteilt um eine zu starke Konzentration der Spendensammler zu vermeiden. Mitte August will man diesbezüglich die zuständigen Behörden an einem Tisch bringen um gemeinsam eine Ausweitung des Problems zu verhindern.
Eine zu starke Konzentration verhindern
Vor allem ältere Leute wären häufiger zu einem Gespräch bereit, andere wiederum würden teilweise "ein bisschen bissig" reagieren, erzählt Sonja. Welcher Anteil der gesammelten Spendengelder am Ende tatsächlich in den Projekten lande, wisse sie nicht. Der genaue Verbleib von Spendengeldern bleibt für den Spender selbst leider oft undurchsichtig. Welcher Anteil von Werbung und Verwaltung verschlungen wird und welcher Anteil tatsächlich im Projekt selbst ankommt, ist in manchen Fällen schwer zu durchschauen. So liegt es am Spender selbst auf die Gutmütigkeit der gewählten Organisation zu vertrauen oder ebendieser so gut es geht auf den Zahn zu fühlen.
Solange bei derartigen Spendenaktionen kein Bargeld gesammelt wird, sondern nur Mitgliedschaften in Form von Spenden-Abos angeboten werden, ist für diese Form des Fundraisings auch keine amtliche Bewilligung nötig, erklärt Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verband Austria FVA. Von Seiten des FVA versucht man die einzelnen Organisationen zu koordinieren um eine zu starke Konzentration in den belebteren Einkaufsstraßen und Fußgängerzonen Wiens zu vermeiden.
Zahl der Fundraiser in den letzten Jahren unverändert
Hierzu hat man bestimmte Qualitätskriterien eingeführt was zum Beispiel das Verhalten von Fundraisern regeln soll. Große Organisationen wie das Österreichische Rote Kreuz oder Greenpeace halten sich auch entsprechend an diese Vorschriften, generell handele es sich hierbei allerdings um "freiwillige Instrumente", so Lutschinger.
Das Gefühl, dass die Zahl der Fundraiser im Laufe der letzten Jahre tatsächlich stetig steigt kann Lutschinger nicht teilen. Die Zahl der Fundraiser in Wien habe sich in den letzten Jahren "nicht wesentlich verändert". Auch die Anzahl der gemeldeten Standplätze habe sich nicht verändert, das Gefühl der immer größer werdenden Anzahl Fundraiser sei also wohl eher ein Subjektives.
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