Carl Göbbel
Die letzte Eisenwarenhandlung am Alsergrund
Karl Seiser hält wacker durch: Mittlerweile ist er der letzte Eisenwarenhändler im ganzen Bezirk.
ALSERGRUND. Kleine Geschäfte haben es in Zeiten von Amazon und anderen Online-Lieferdiensten immer schwerer, im Geschäft zu bleiben. Dennoch findet man immer wieder kleine, spezielle Lokale im Bezirk, die sich wacker halten. Einer von ihnen ist der Eisenhändler Karl Seiser, beziehungsweise sein Geschäft, das nach seinem Urgroßvater Carl Göbbel benannt ist.
1887 gegründet, hält sich das Geschäft länger als so mancher Konzern und das, obwohl man Eisenhändler nur noch selten in der Stadt findet. Im Bezirk ist Seiser der Letzte. "Man merkt den Einzug von Amazon schon stark, aber die Leute kommen ja nicht nur wegen den Waren zu mir", sagt Seiser. Vor allem wegen der Beratung kommen viele. Helfen kann er fast überall, außer es wird zu speziell.
"Also bei Gas und heikler Elektrik empfehle ich immer zu einem Fachmann zu gehen", so Seiser – wobei es auch nicht mehr viele Fachleute wie etwa Elektriker geben würde. "Gut, es kommt auch vor, dass ich manchmal erklären muss wie man eine Kombizange oder einen Hammer verwendet. Das aber nur ganz, ganz selten", scherzt Seiser.
Keine Ofenrohre, dafür Töpfe
Im Eisenhandel hat sich im Verlauf der vergangenen 100 Jahre einiges geändert. Dinge wie Schrauben, Hämmer oder Nägel bleiben immer gleich, aber heutzutage braucht man schon mehr als lokaler Nahversorger im Grätzel. "Es ist eigentlich die Summe der kleinen Sachen", beschreibt Seiser sein Sortiment. Nägel gibt es nach wie vor, dazugekommen sind Töpfe, Schläuche für das Badezimmer oder Wäscheständer. "Ich habe so ziemlich alles, was man im Haushalt brauchen kann", lacht der Händler. Dafür sind Dinge wie Schlösser oder Ofenrohre aus dem Sortiment genommen worden.
"Alles wird in Wellen kaputt"
Was am besten über den Tisch geht, kann Seiser nicht so genau sagen. Je nach Saison werden verschiedene Dinge im Haus kaputt. "Man hat ein bisschen das Gefühl, dass alles in Wellen kaputt wird", sagt Seiser. Und wenn es einmal soweit ist, wählen viele lieber den Weg zu Seiser als zum nächsten Baumarkt. "Ich glaube, es sind ganz pragmatische Gründe. Einfach, weil man nicht extra ins Auto steigen will."
Viele kommen auch zum Reden vorbei, was man aus dem Großhandel nur wenig kennt. "Wenn die Leute mich von draußen sehen, kommen sie auch oft herein und bleiben eine Zeit zum Plaudern, auch wenn sie eigentlich nur eine Glühbirne gebraucht haben", erzählt Seiser. Das seien aber nicht nur Ältere, sondern auch die Jungen. "Diese Tratscherei stirbt leider mit den kleinen Geschäften aus."
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