Abspaltung im Bezirksparlament
Ex-Bezirksvize Momo Kreutz verlässt Grünen Klub

- Gehen künftig wohl getrennte(re) Wege: die stellvertretende Bezirksvorsteherin Josefa Molitor-Ruckenbauer (l.) und Bezikrsrätin Momo Kreutz (beide Grüne). Kreutz trat aus dem grünen Klub im Alsergrunder Bezirksparlament aus.
- Foto: Grüne Alsergrund
- hochgeladen von Maximilian Spitzauer
Eine große Überraschung gab's am Mittwoch, 21. September, bei der Bezirksvertretungssitzung im Neunten: wie bekannt wurde, gibt's eine handfeste Spaltung bei den Grünen Alsergrund. Der 13-köpfige Klub im Bezirksparlament zählt künftig um gleich drei Mitglieder weniger.
WIEN/ALSERGRUND. Glaubt man den Grünen Alsergrund, haben sie im Vorhinein nix gewusst – und die teils ratlosen Gesichter nach der Bezirksvertretungssitzung bestätigen diese Version auch. Denn als die grüne Bezirksrätin Momo Kreutz zu Beginn der Sitzung plötzlich ans Redepult trat, ließ sie eine politische Bombe platzen.
Kreutz verkündete nichts anderes als ihren Austritt aus dem Grünen Klub im Bezirksparlament. Damit kann sie künftig noch unabhängiger von den Grünen abstimmen, selbst wenn sie vorerst Parteimitglied bleibt. Sie ist in der Bezirkspartei dabei nicht irgendjemand, war immerhin von 2010 bis 2020 für zehn Jahre die stellvertretende Bezirksvorsteherin im 9. Bezirk und ist nach wie vor als Vorstandsmitglied der Grünen Frauen aktiv.

- Bei der Bezirksvertretungssitzung am Alsergrund am 21. September 2022 gab's eine politische Überraschung bei den Grünen.
- Foto: Tobias Schmitzberger
- hochgeladen von Tobias Schmitzberger
"Bleibe im Herzen und politisch Grüne"
Sie hätte lange mit ihrer Entscheidung gerungen, die ihr jetzt sehr schwer falle, so sprach sie sichtlich bewegt am Rednerpult. Sie wolle weiterhin Mitglied der Grünen Partei, allerdings nicht mehr Teil des Grünen Klubs im Bezirksparlament bleiben. Stattdessen werde sie künftig für Anträge parteiübergreifend Bündnisse suchen.
Die Bezirksvertretungssitzung begann dabei um 17.00 Uhr, Kreutz sprach recht zum Beginn – und schon um 17.06 erging eine Aussendung mit einem Statement an die BezirksZeitung. Darin legt Kreutz die Gründe für ihren Austritt offen, der im Kern in einem Richtungsstreit innerhalb der Grünen Alsergrund zu liegen scheint:
Ich bin und bleibe im Herzen und politisch Grüne. Aber die Entscheidung, meine langjährigen Kollegen, die mich die letzten zwölf Jahre zu 100 Prozent unterstützt haben, auszuschließen, kann ich aus Loyalität, Solidarität und letztendlich Freundschaft nicht einfach hinnehmen.
Zwei Ausschlüsse im Sommer
Denn dies war die zweite Überraschung: der Grüne Klub im Bezirksparlament, bisher bestand er aus 13 Mandatarinnen und Mandataren, hat neben Kreutz künftig noch zwei weitere Mitglieder weniger. Namentlich geht es um die Bezirksräte Richard Prack und Norbert Doubek. Die beiden wurden, wie ebenso im Zuge der Sitzung bekannt wurde, im Sommer aus dem Klub der Grünen ausgeschlossen.

- Norbert Doubek ist ehemaliger Klubobmann der Grünen Alsergrund (Archivbild).
- Foto: Die Grünen/Alsergrund
- hochgeladen von Maria-Theresia Klenner
Aufmerksame Beobachterinnen und Beobachter konnten dies bereits zu Beginn der Sitzung wahrnehmen. Denn alle Mandatarinnen und Mandatare haben zur Abstimmung kleine Kärtchen mit den Namen und in den jeweiligen Farben ihrer Partei. Auffälligerweise waren die Abstimmungskarten von Prack und Doubek dabei nicht mehr in Grün, sondern in neutralem Weiß gehalten.
Klubausschluss unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Der Ausschluss der beiden war bisher nicht öffentlich bekannt. Dies war eine Folge davon, dass alle Beteiligten bisher die Füße still hielten. Es gab keine Aussendung und kein offizielles Statement dazu, weder von Prack oder Doubek noch von den Grünen Alsergrund. Umso lauter war der politische Knall bei der Bezirksvertretungssitzung.
Dem Vernehmen nach ging es bei dem Ausschluss um einen handfesten Richtungsstreit innerhalb der Grünen Partei am Alsergrund. Doubek war hier bis 2018 Klubobmann der Grünen, danach wirkte er als Bezirksrat bei den Grünen weiter.
Prack wiederum war vor dieser Wahl unter anderem einige Zeit für die Neos aktiv, zog 2020 aber auf dem grünen Listenplatz 14 in die Bezirksvertretung ein. Aus seiner Zeit mit den Neos stammt noch dieses Foto:
Kuschelkurs oder Konfrontation?
Doubek stand wohl für einen sanften Kurs gegenüber der SPÖ Alsergrund, Prack zog hier mit. Man wollte für Anträge der Grünen mehr Bündnisse und Gemeinsamkeiten ausloten, etwa auch mit der SPÖ-Bezirksvorsteherin Saya Ahmad.
Gerade seit der vergangenen Wahl im Jahr 2020 geriet dieses pragmatische Vorgehen wohl in Kritik, der Grüne Bezirksklub tritt gegenüber der SPÖ zuletzt sehr kantig auf. Das äußert sich auch in Sitzungen des Bezirksparlaments, wo es bei diversen Anträgen einigen verbalen Hick-Hack und scharfe Wortmeldungen der Grünen in Richtung der SPÖ gibt.
Die Fraktion um Molitor-Ruckenbauer argumentiert dabei, dass die SPÖ verstärkt Anträge der Grünen an Kommissionen zuweise, wo sie letztlich versanden. Das betrifft etwa Anträge um neue Radwege im Bezirk, die dann nicht sofort umgesetzt und an die zuständigen Magistratsabteilungen weitergeleitet werden, wie das die Grünen gerne hätten.
Stattdessen werden sie bis zur nächsten Sitzung des Bezirksparlaments zuerst in die Diskussionsgremien, also in die zuständigen Kommissionen der Bezirksvertretung, verwiesen.

- Die grüne Alsergrunder Vize-Bezirksvorsteherin Josefa Molitor-Ruckenbauer (links) steht für kantige Oppositionspolitik im Neunten.
- Foto: Grüne Wien
- hochgeladen von Tobias Schmitzberger
"Verzögerungstaktik" der SPÖ
Was und ob dann aber etwas in den Kommissionen rauskommt, ist immer offen und eine Frage von Monaten. Zu langsam für manche Grüne am Alsergrund, die viele Dinge schneller konkreter beschlossen haben wollen und der SPÖ vorwerfen, sie würde eine "Verzögerungstaktik" betreiben: statt sich etwa klar gegen oder für einen Radweg zu deklarieren, tut man so, also ob man ihn eh wolle und sich vielleicht etwas vorstellen könne – letztlich setze man dann aber nichts um. So zumindest der Vorwurf.
Die Doubek-Fraktion sieht das anders. Sie sieht die Zuweisungen an die Kommissionen positiver und mehr als eine Chance, um Vorschläge auf den Boden zu bringen und Konsens zu finden: nicht nur mit der SPÖ, sondern auch mit anderen Parteien. Sie empfindet den jetzigen konfrontativen Kurs der Grünen, die die SPÖ etwa in Bezirksvertretungssitzungen stärker angreift und auch verbal scharf gegen die politische Konkurrenz schießt, nicht sinnvoll. Man schieße dabei übers Ziel hinaus.
Unüberwindbarer Zwist
Diese Meinungsverschiedenheit dürften nun für das Zerwürfnis gesorgt haben. Bei Anträgen in der Vergangenheit hätten Doubek und Pruck sich nicht mehr an die Parteilinie gehalten, so nahm es auch die Fraktion um Molitor-Ruckenbauer und die anderen Grünen wahr. Daher war es schließlich im Sommer zum Ausschluss von Doubek und Prack gekommen.
Kreutz Rücktritt ist nun ein "Nachzieher" aus dieser Entwicklung. Sie ist etwa mit Doubek lange befreundet, traten die beiden doch in ihrer gemeinsamen Zeit als stellvertretende Bezirksvorsteherin beziehungsweise Klubobmann oft zusammen in der Öffentlichkeit auf. Kreutz betonte in ihrer Rede so ironisch, man sei fast wie ein "Trachtenpärchen" im 9. Bezirk unterwegs gewesen.
Auch aus dieser Zeit resultiert anscheinend eine persönliche Freundschaft, weshalb Kreutz den Ausschluss von Doubek und Pruck nicht so einfach hinnehmen wollte und nun die Konsequenzen zog – und ihrerseits aus dem Grünen Klub austrat.
Die Grünen Alsergrund scheinen davon auch am nächsten Tag noch überrascht, in einer Aussendung an die BezirksZeitung gibt man sich noch recht wortkarg:
Momo Kreutz bleibt den Grünen als Parteimitglied und mit ihrer langjährigen Erfahrung als Mitglied des Vorstands der Grünen Frauen Wien erhalten. Der Schritt, den Bezirksklub zu verlassen, erfolgt unerwartet und aus persönlichen Gründen. Die Grünen Alsergrund mit Bezirksvorsteherin-Stellvertreterin Josefa Molitor-Ruckenbauer konzentrieren sich weiterhin auf eine erfolgreiche Bezirksarbeit und kämpfen für den Klima- und Baumschutz und eine menschenfreundliche Verkehrspolitik im Bezirk.
10 statt 13 grüne Klub-Mitglieder
Praktisch bedeutet dies nun eine deutliche Schwächung des Grünen Klubs im 40-köpfigen Bezirksparlament, er schrumpft von 13 auf zehn Mitglieder. Bisher war man hier gleichstark mit der SPÖ gewesen, nun zählt man drei Mitglieder weniger.
Konnte man bisher so theoretisch zum Beispiel gemeinsam mit der 8-köpfigen ÖVP Beschlüsse an der SPÖ vorbei beschließen, ist man nun auf größere Bündnisse und zusätzliche Stimmen andere Fraktionen oder von anderen Mandatarinnen und Mandataren angewiesen. Für die SPÖ eröffnen sich neue Möglichkeiten: bei den Abstimmungen am 21. September stimmten die drei abtrünnigen Grünen nun auffallend häufig mit den Roten mit.
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