Der Chor 29. Novembar singt von Sloboda, Freiheit und Libertà
Der antifaschistische "Hor 29. Novembar" gab im Bezirksmuseum Brigittenau ein lebhaftes Gastspiel.
BRIGITTENAU. Wenn Ilse Grusch vom Bezirksmuseum an diesem Abend von einem Gleichgewicht des Schreckens zwischen Publikum und Bühne spricht, dann heißt das nicht, dass nur wenige Zuhörer da sind. Vielmehr heißt es, dass der "Hor 29. Novembar" viele, viele Mitglieder hat. "Hor" heißt übrigens Chor auf Serbokroatisch.
Sie sind viele, und sie sind begeistert: Wenn der Chor Lieder von Freiheit, Protest und Widerstand anstimmt, merkt man die Überzeugung dahinter. Genau darum gehe es, erzählt Chorleiterin Jana Dolecki nach dem Konzert: "Wir singen Lieder aus dem spanischen Bürgerkrieg oder dem Kampf der jugoslawischen Partisanen gegen die Nazis nicht aus Nostalgie, sondern weil sie eine Botschaft beinhalten, die für uns noch heute Gültigkeit hat."
Plumpe Verehrung historischer Figuren wie Tito sei hingegen nicht auf der Agenda, ergänzt Marko Markovic, der derzeit für die Gitarrenbegleitung zuständig ist. Vergessenes in den Fokus zu rücken, spielte auch bei Gründung im Jahr 2009 eine Rolle: "Es war als Performance gedacht, um den aus dem ehemaligen Jugoslawien stammenden Wienern ihren Nationalismus vor Augen zu führen und sie an Gemeinsames zu erinnern", sagt Dolecki, daher auch der Name: Der 29. November 1943 ist das Gründungsdatum Jugoslawiens. Statt anzuecken, gewann der Chor aber sofort Fans und neue Sänger.
120 singen mit
Aus der Gründungszeit gibt es nur noch wenige Aktive, aber dafür hat der Chor in den letzten neun Jahren stetig an Mitgliedern gewonnen. 120 Menschen kommen zu den wöchentlichen Proben – allerdings nicht gleichzeitig, sondern je nach Laune. Zur regelmäßigen Teilnahme angehalten wird niemand. "Manche kommen auch nur zu Konzerten", sagt Dolecki lächelnd – ob darunter die Qualität leidet, hört sie wahrscheinlich deutlicher als das Publikum. Darum geht es bei den Auftritten aber ohnehin nicht.
Repertoire und Mitglieder des Chores sind mittlerweile vielsprachig oder, wie Dolecki es ausdrückt: "Der Chor ist ein Abbild von Wien, in dem ich sehr gerne zu Hause bin." Gesungen wird an diesem Abend auf Italienisch über den Partisanenkampf, auf Griechisch über die Internierung im KZ Mauthausen, auf Türkisch über die Freiheit sowie über das Gastarbeiterdasein in Österreich. Die Motive – Antifaschismus, Solidarität und Gerechtigkeit – werden, auch dank kurzer Erklärungen vor den Liedern, dabei immer deutlich.
Es gehe auch im Chor zuerst um Solidarität und danach um Musik, sagt Dolecki: "Wir haben eine Mailingliste, mit der sich Mitglieder bei der Wohnungssuche, Kinderbetreuung und mehr unterstützen." Mit seinen Liedern feuert der "Hor 29. Novembar" folgerichtig auch aktuelle Proteste an – wer einen Auftritt erleben möchte, hat auf größeren Demonstrationen gute Chancen. Dass es sich auszahlen würde, gibt das Brigittenauer Publikum mit "Zugabe" und "Super war’s"-Rufen zu verstehen.
Zur Sache:
Mehr über den Chor gibt es auf hor29n.wordpress.com oder Facebook: HOR '29 Novembar' Wer bei einer Probe in Ottakring vorbeischauen will, schreibt an hor29n@gmail.com
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