Donaustädter Gärten
Haufenweise Freuden im strukturreichen Garten
Pflanzenreste, wie Baum-, Strauch- oder Grünschnitt können im eigenen Garten wichtige Funktionen erfüllen: Sie schaffen in „wilden Ecken“ Lebensraum für Nützlinge und andere Tiere, oder liefern zu Kompost verrottet eine ausgewogene Düngung für zahlreiche Blüten und Früchte im nächsten Jahr. Unsere Gärten können aber auch das Klima schützen!
Von Christoph Reithofer, Bio Forschung Austria
WIEN/DONAUSTADT. Der goldene Herbst zeigt die Schönheit der Donaustädter Gärten und Grünflächen nochmals in seiner ganzen Pracht. Viele Gärtnerinnen und Gärtner verbringen diese herrlichen Tage mit dem Einwintern des eigenen „Grüns“. Das letzte nicht frostfeste Gemüse wird geerntet, oder Wurzel- und Kohlgemüse bis zum Verbrauch im Winter noch im Boden belassen. Einige mehrjährige Pflanzen werden ins kühle, frostsichere Winterquartier gebracht, andere werden draußen üppig gemulcht. Eventuell werden Hecken und Obstbäume geschnitten. Jedenfalls fallen eine Menge Laub und Pflanzenreste an. Wohin damit? Am besten auf einen Haufen! Auf welchen?
Egal, Komposthaufen oder Totholzhaufen erfüllen beide wichtige Zwecke im naturnahen Garten: Stärkere Äste bieten – sofern sie nicht für das Kaminfeuer bestimmt sind - auf einem Totholzhaufen gestapelt wichtigen Lebensraum und Überwinterungsquartiere für viele Nützlinge. Zu diesen zählen nützliche Insekten wie Laufkäfer, Florfliegen, Schlupf- oder Dolchwespen, Bücherskorpione oder Marienkäfer. Während Schädlinge, wie Läuse, Thripse, Wanzen oder Milben meist die Monokultur lieben, suchen Nützlinge gerne strukturreiche, geschützte Quartiere, um dort zu überwintern. Im Frühling gehen sie, oder zumeist ihre Nachkommen, dann wieder auf die Jagd nach Garten-Schädlingen.
Organische Moleküle
Äste, nicht dicker als der eigene Daumen, sonstiger Strauchschnitt, Wurzelstöcke oder Reste von krautigen Pflanzen eignen sich hervorragend für den Komposthaufen. Dort ist es als „Strukturmaterial“ wichtig, damit genügend Sauerstoff in den Komposthaufen kann. Den Sauerstoff verbrauchen die kleinen Kompostbewohner bei ihrer Lieblingstätigkeit, dem Fressen. So zerkleinern diese „Destruenten“ Pflanzenreste zu kleinen organischen Molekülen, die aufgrund ihrer Inhaltstoffe und Beschaffenheit von Pflanzen wieder als Dünger aufgenommen werden können Als Faustzahl sollte ca. die Hälfte des Komposthaufens aus grobem Strukturmaterial bestehen. Die andere Hälfte kann mit Küchenabfällen und vor allem Laub, Gras- und Wiesenschnitt, oder auch samenfreien „Unkräuter“ (keine Wurzelunkräuter) aufgefüllt werden.
Wer noch keinen Kompost im Garten hat, der kann jederzeit und einfach mit einem Haufen Strauchschnitt und Grünschnitt auf Muttererde starten. Niemals sollte Gartenkomposthaufen auf einer versiegelten, z.B. betonierten Fläche angelegt werden, da ein reger Austausch zwischen Bodenlebewesen und dem Komposthaufen gewährleistet sein muss. Mit ein paar Schaufeln Waldboden, die Sie am besten von einem Ausflug mitnehmen, beleben Sie den Komposthaufen, falls dieser beim Nachgraben nicht schon ordentlich vor Kleintieren „wurlt“. In der dichten Streuauflage im Wald wohnen viele Bodenbewohner, die sich auch im Komposthaufen wohl fühlen, allen voran Kompostwürmer, aber auch Asseln, Springschwänze und Spinnmilben, sowie deren direkte Gegenspieler wie Raubmilben.
Richtige Vorraussetzungen für den Kompost
Sollte der Kompost zu nass geworden sein, oder unangenehm riechen, braucht es mehr Strukturmaterial und Luft. Bei andauerndem Regen kann man ihn auch abdecken. Bevor er austrocknet, geben Sie feuchten Grünschnitt oder gießen Sie alternativ. Wem der natürliche Kompostiervorgang zu lange dauert, der kann den Haufen durch Wenden also Umgraben zusätzlich belüften und somit Sauerstoff in den Komposthaufen bringen. Dieser wirkt wie ein Katalysator und beschleunigt die Abbauprozesse. Grundsätzlich erledigen die Bodenlebewesen den Abbau aber ganz von alleine. Ein Komposthaufen ist also auch etwas für gemütliche Gartengenießer.
Neben der Düngung verbessert Kompost auch die Bodenstruktur und Wasserspeicherkapazität, besonders in den der Donaustadt verbreiteten donaubeeinflussten schluffigen Auböden. Wetterereignisse werden aufgrund des Klimawandels zunehmend extremer. Gärten gewinnen immer mehr an Bedeutung und können als erfolgreiche Wasserspeicher und Sickerflächen im Siedlungsgebiet einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz leisten. In den zunehmend längeren Trockenperioden im Frühjahr und Sommer ist es wichtig den Niederschlag, der gratis, aber meist zu rasch und intensiv im Zuge eines Wolkenbruches fällt, bestmöglich im Boden zu speichern.
Dazu benötigt man erstens belebten und nicht versiegelten Boden; Zweitens einen möglichst vielfältigen Pflanzenbewuchs, der in Hitzeperioden den Boden besser beschattet, somit kühlt und Verdunstung - also gasförmigem Wasserverlust - vorbeugt. Eine nicht-ganz-kurz-gemähte Wiese kann vor einer Trockenperiode also helfen, das vorhandene Wasser besser zu konservieren, um diese Wiese länger lebendig „grün“ zu halten.
Erholung im Garten
Die Gärten der 2020er-Jahre sind sinnliche Oasen der Erholung – herrlich duftend, wohlschmeckend, angenehm klingend und reizend anzusehen. Zusätzlich erfüllen sie zahlreiche, immer wichtiger werdende Funktionen für ein lebenswertes Heim: Sie spenden Schatten vor der Sommerhitze; Sie bremsen den Wind und bieten wichtige Sickerflächen für Starkregenereignisse und schützen somit den Wohnbereich vor Überschwemmungen; Sie binden CO2 und produzieren damit gesunde und angenehme Luftqualität in der Stadt; Naturnah bewirtschaftet sollten sie weit mehr Ressourcen hervorbringen, als sie verbrauchen.
Um diese Funktionen erfüllen zu können, ist es an der Zeit mit veralteten „Klischees“ im Garten aufzuräumen: Weg vom „englischen Kurzrasen“ als Schönheitsideal hin zu „haufenweisen Freuden im strukturreichen – und klimafitten - Gartenparadies“. Mach mit!
Besuch im Garten der Vielfalt
Der „Garten der Vielfalt“ der Bio Forschung Austria ist noch werktags von 9 Uhr bis 17 Uhr (freitags nur bis 15 Uhr) für alle Naturfreundinnen und -freunde geöffnet. Regelmäßig werden auf der Website der Bioforschung Gartenführungen oder Kurse zur Bestimmung von Pflanzen und Tieren oder zum Garteln angeboten.
Der Artikel ist im Rahmen des Interreg Projektes SYM:BIO ATCZ234, welches durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung kofinanziert ist, entstanden.
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