Alles spricht gegen Lager Eberau - Zwei Volksbefragungen sind fix: 21.2. & 21.3
Die Landespolitiker aller Parteien stellen sich hinter die Forderungen der Eberauer Bürgerinitiative gegen das Erstaufnahmezentrum.
Nun wird - ganz österreichisch - das Volk gleich zweimal befragt: Am 21. Feber schreiten die Eberauer allein zur Urne, am 21. März das gesamte Südburgenland. Ein ablehnender Ausgang scheint derzeit völlig klar.
EBERAU (kk). Seit dem ominösen 19. Dezember 2009 ist in Eberau nichts mehr so wie früher. Mit Ausnahme von Heerscharen in- und ausländischer Medienleute, bzw. fast täglicher Kurzvisiten von Landes- und Bundespolitikern ist ein vorläufiges Ende der touristisch interessanten Beschaulichkeit am grenzenlosen Balkon zu Pannonien eingetreten: Bürgermeister Walter Strobl präsentierte damals ohne Vorwarnung ein mit Innenministerin Fekter ausgehandeltes Geheimprojekt zur Errichtung einer Erstaufnahmestelle für Asylwerber. Er zündete damit nicht das - wegen der angeblich zahlreichen Arbeitsplätze für seine Gemeindebürger und die ganze Region - erhoffte Freudenfeuer sondern eine veritable Politbombe, deren tatsächliche Sprengkraft derzeit noch gar nicht absehbar ist.
Niessl und Steindl unterstützen überparteiliche Bürgerinitiative
Über die Weihnachtsfeiertage hat sich eine überparteiliche Bürgerinitiative etabliert, die mittlerweile auf die Unterstützung sowohl der Landes-ÖVP mit LHStv. Franz Steindl an der Spitze als auch der Landes-SPÖ und - mit Unterschrift auf der Unterstützungsliste bei der Klausur in Bad Tatzmannsdorf fixiert - auch der SPÖ-Mitglieder der Bundesregierung zählen kann.
Auch LHStv. Franz Steindl betonte beim Freitags-Sprechtag in Eberau, dass die Bürgerinitiative auf seine volle Unterstützung zählen kann.
Niessl zeigt sich kämpferisch
Besonders interessant waren bei der Informationsveranstaltung am Samstagabend unter anderem LH Niessls Hinweise auf mehrere Punkte:
• „Am Dienstag (12. Jänner) wird der Landtag den Aufhebungsbescheid der Baubewilligung beschließen. Dann kann niemand mehr behaupten, er hätte eine rechtsgültige Baubewilligung!“
• „Auch der Raumordnungsbeirat wird eine Rückwidmung des Grundstückes vornehmen, da der Antrag unter Umgehung des Gesetzes stattgefunden hat. Dann erhält die Gemeinde den Bescheid und wird ihrerseits das Grundstück rückwidmen.“
• „Schadenersatzansprüchen an das Land sehe ich sehr gelassen entgegen, da dann alle Vorauskosten genau vorgelegt werden müssten. Nach meiner Erfahrung sind das bei einem 17 Millionen-Projekt mehrere hunderttausend Euro!“
• „In den nächsten Monaten werden sicher noch einige interessante Details zum Projekt an die Öffentlichkeit kommen!“
Wortlaut der Volksbefragung
LH Niessl betonte, dass es bei der Volksbefragung nicht um Eberau ginge sondern um die jeweilige Gemeinde. Der Wortlaut für die Ja/Nein-Frage wird wahrscheinlich lauten:
„Sind Sie dafür, dass die burgenländische Landesregierung die Pläne und Vorhaben der Frau Bundesministerin für Inneres, Maria Fekter, unterstützt und Landesinfrastruktur bereitstellt, damit in Ihrer Gemeinde eine Erstaufnahmestelle für Asylwerber errichtet werden kann?“
Niessl fügte hinzu: „Diese Befragung ist für mich bindend, auch für meine Regierungskollegen und den Bundeskanzler. Wir werden versuchen, bei der Frau Innenministerin Überzeugungsarbeit zu leisten. Ich gehe von einem ‚Nein‘ aus und dass daher das Zentrum nicht errichtet wird.“ Lang anhaltender Beifall!
Dunst: „Das Pinkatal braucht dieses Zentrum nicht!“
LRn Verena Dunst legte ebenfalls ein Bekenntnis dazu ab, dass die Politik nicht gegen den Willen der Bevölkerung derartige Projekte durchziehen könne: „Wir können im Pinkatal dieses Zentrum nicht brauchen,“ betont sie.
Risikoanalyse
Der akademische Risikomanager Herbert Wagner bot eine vorläufige Sicherheitsrisikoanalyse, die „nur mit öffentlich zugänglichen Fakten“ erstellt wurde. „Vom Innenministerium habe ich nichts Vergleichbares vorgefunden!“
• Missverhältnis der Ortsbevölkerungszahl zu Asylwerbern. Traiskirchen: 4,33 %, Thalham: 3,3 %, Eberau: 27,5 %!
• Asylwerber prägen das Ortsbild v.a. in den Abend- u. Nachtstunden: Angst in der Bevölkerung.
• Zu wenige Polizisten im Bezirk: In Traiskirchen mussten bei zwei Massenschlägereien jeweils 70 Polizisten ausrücken.
• Schlepper setzen zahlreiche Flüchtlinge direkt bei Eberau ab.
• Mangelnde Aktivitäten und fehlende Infrastruktur führen zu Spannungen bei den Asylanten.
• Menschen mit krimineller Energie könnten Asylverfahren ausnutzen: 2008 gab es in Österreich 9.877 Anzeigen gegen Asylwerber wegen Verdacht auf gerichtlich strafbare Handlungen.
• Zahlreiche Flüchtlinge werden so schnell wie möglich untertauchen wollen (in Traiskirchen sind das 200 Personen pro Monat). Das bedeutet Gefahr von Beschaffungskriminalität.
• Spannungssituationen gibt es vor allem unter den für Eberau vorgesehenen Tschetschenen und Afghanen (zwei Massenschlägereien in Traiskirchen!).
Wagner erhob abschließend Forderung nach Maßnahmen zur Risikominimierung.
Meinung (kk):
Des Volkes Macht?
Der „Fall Eberau“ hat sich binnen zwei Wochen zur Probe aufs Exempel über Macht oder Ohnmacht des Staats-, Landes- und Gemeindevolkes seinen gewählten Mandataren gegenüber entwickelt. So herrscht bei fast inflationär stattfindenden Sprechtagen & Co. quer durchs Südburgenland der Eindruck, als ob die Politiker aller Coleurs geständig-schuldbewusst ihren Wählern gegenüberstehen, die Arme zum häufig strapazierten Wiedergutmachungs-Schulterschluss weit erhoben. Doch schon zeigen altbewährte Einlullpolitik und vordergründige Versachlichungs-Forderungen beim Wählervolk die beabsichtigte Befriedungswirkung: Kaum noch hört man Stimmen, die fällige Konsequenzen aus dem Rundumversagen in der Causa Eberau im Besonderen und der Asylpolitik im Allgemeinen fordern. Weicht die kurz verspürte Macht des Souveräns Volk seinen Vertretern gegenüber wieder jener Ohnmacht, die auch nach diversen Befragungen noch alles offen lässt? Schade!
Zur Sache
Direktdemokratie
Es gibt auf Bundes- und Landesebene 3 Formen der direkten Mitsprache des Volkes:
• Volksabstimmung ( bisher 2x in Ö.: Zwentendorf, EU-Beitritt) - das Ergebnis ist bindend.
• Volksbegehren (bei über 100.000 Unterschriften muss sich das Parlament damit beschäftigen, Einleitung durch Unterstützungsunterschriften einer bestimmten Zahl der Bevölkerung oder von Mandataren) . Ergebnis ist nicht bindend.
• Volksbefragung (österreichweit noch nie, auf Landes- u. Gemeindeebene selten angewendet, nur politisches „Stimmungsbarometer“) - Ergebnis ist (rechtlich) nicht bindend. Die Fragestellung muss mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sein.
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