Leser-Bilanz
Das sagen die Floridsdorfer nach einem Jahr Parkpickerl
Die BezirksZeitung hat nach der Meinung der Menschen in Floridsdorf zum Parkpickerl gefragt. Zahlreiche Leserinnen und Leser haben sich gemeldet. Hier der erste Teil der Einsendungen.
WIEN/FLORIDSDORF. Seit über einem Jahr begleitet das Parkpickerl nun auch die Menschen in Floridsdorf. Während zuletzt die politischen Parteien ihr Resümee über das erste Jahr gezogen haben, kommen jetzt die Floridsdorfer Leserinnen und Leser zu Wort. Dabei zeigt sich, warmgeworden mit dem Pickerl sind bei weitem nicht alle Menschen im 21. Bezirk.
Für Herrn Nagy hat sich seit einem Jahr einiges verkompliziert. "Ich muss von Zeit zu Zeit auf der Brünnerstraße für meinen behinderten Sohn Produkte besorgen. Da es sich jeweils um
mehrere große Kartons handelt, bin ich dabei auf das Auto angewiesen."
Vor der Einführung des Parkpickerls konnte er um die Ecke in der Kurzparkzone in der Weisselgasse parken. "Das geht jetzt nicht mehr, da dies keine Kurzkparkzone mehr ist. Jetzt muss ich irgendwo, mitunter auch regelwidrig parken und einen Strafzettel riskieren", zeigt sich der Floridsdorfer wenig begeistert.
In Zeiten der Krisen
Nicole Weiß sieht in der Einführung des Parkpickerl in Zeiten der Krisen eine Frechheit: "Anscheinend macht es sehr viel Spaß, den Leuten noch mehr das Geld aus der Tasche zu ziehen und sie noch mehr in ihrem Freiraum einzuschränken. Die absolute Frechheit ist auch, dass den Menschen vorgegaukelt wird, dass das Parkpickerl nur 10 Euro pro Monat kosten würde. Das stimmt ja überhaupt nicht!".
Die Bearbeitungsgebühr von rund 50 Euro werde schließlich jedes Mal zusätzlich verrechnet. Auch, dass das Parkpickerl bis 22 Uhr gilt, sieht die Floridsdorferin mit Unmut: "Meiner Ansicht nach ist das reine Schikane. Besuche sind so beinahe unmöglich." Sie selbst zahlt mittlerweile einen Garagenplatz plus Parkpickerl, damit sie sich in "ihrem" Bezirk mit dem Auto fortbewegen könne.
Ein teurer Besuch
"Wir wohnen in Jedlesee. Parkplätze sind trotz Pickerl nicht viel mehr freigeworden. Wir sind um die 80 Jahre alt, wenn eine unserer Töchter oder Enkel aus dem Weinviertel uns besucht, und zwar mit dem Auto, kostet das Parken nunmehr pro Stunde 2,50 Euro", beklagen Hubert und Rosemarie Vockenhuber.
Mehrere Stunden pro Besuch könnten anfallen: "Unsere Angehörigen besuchen uns laufend auch wegen Hilfeleistungen, Einkaufen etc. und haben auch vor der Pickerlzeit unter der Woche immer einen Parkplatz gefunden", so das Paar. Mit den Öffis nach Wien reinfahren, koste nicht nur viel mehr Zeit, sondern auch Geld und die Flexibilität falle weg.
"Das ist sehr ärgerlich und wir hoffen, dass es für derartige Besuchs- und Hilfsdienste bald eine bessere Regelung gibt. Dieses neue Problem müsste doch bei vielen anderen älteren Menschen nunmehr auch bestehen", so die Floridsdorfer.
Viel Geduld gefordert
Das Leben von Maria Mlnarsky sei vor einem Jahr auf den Kopf gestellt worden, wie sie betont: "Mein Lebensgefährte und ich – beide knapp 68 Jahre – trafen uns am Wochenende. Er wohnt in Essling und ich in Floridsdorf. Ab 15.30 Uhr kam er immer mit dem Auto zu mir. Wir gingen essen, unternahmen etwas."
Nun müsste er jede Woche am Freitag für über sechs Stunden Parkgebühr bezahlen. "Reine Abzocke", echauffiert sich Frau Mlnarsky. Jetzt reise sie am Freitag in überfüllten Öffis bis zur Stadtgrenze. "Das sind hin und zurück jedes Mal 75 Minuten, wenn es keine Störungen oder Ausfälle gibt. Sehr seniorenfreundlich ...", so die Floridsdorferin.
Gerlinde Mäser sieht seit Einführung des Parkpickerls eine gewisse Flucht aus den Garagen: "Es gibt jetzt weniger Parkplatz in den Parkhäusern, auch auf der Straße, da viele Bewohner die Garagen gekündigt haben, da das Pickerl wesentlich preiswerter ist." Drei Stunden Parkzeit wären ein besserer Ansatz. "Bis 19 Uhr würde genügen, jetzt ist es reine Geldbeschaffung", so Mäser.
"Das haben wir noch nicht erlebt"
Nicht begeistert zeigen sich auch Helmut und Eva Leprich. Den Menschen sei zuerst noch versprochen worden, dass das Parkpickerl in den Randbezirken nicht kommen würde. Jetzt aber habe man den Salat: "Im 22. Bezirk gibt es viele Erholungsmöglichkeiten, die wir inzwischen unter der Woche nicht mehr nutzen können! Was sind schon zwei Stunden für eine Wanderung in der Lobau?"
Familie Leprich habe den Eindruck gewonnen, dass sich dadurch alles auf das Wochenende verlagert hat. "Die untere Alte Donau und Lobau sind in den Sommermonaten am Wochenende überfüllt. Das haben wir in den Jahren vorher noch nicht erlebt!"
"Meine Gattin und ich sind bereits in Pension und gehen unter der Woche gerne walken, schwimmen, stand-up-paddlen und angeln. Letztere beiden Aktivitäten sind mit Öffis beziehungsweise dem Fahrrad wegen der Mitnahme des erforderlichen Equipments kaum zu bewältigen und uns angesichts des Parkpickerls zum Beispiel am Badeteich Hirschstetten, genommen", so Helmut Leprich.
Die Beiden sind über 60 und noch fit, betonen sie, aber wie machen das Menschen mit Einschränkungen des Bewegungsapparates beziehungsweise Jungfamilien mit Kind und Kegel aus anderen Bezirken, fragen sich die Floridsdorfer. "Parkpickerl ja, aber nur für Wiener in ganz Wien und nicht bezirksweise", so lautet ihr Fazit.
Das könnte dich auch interessieren:
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
2 Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.