Der Müll-Wahnsinn mit dem Marchfeldgemüse
Karotten, Zwiebenl und Erdäpfel liegen tonnenweise auf den Feldern. Bereit zum Einackern.
BEZIRK. "Ist die Karotte zu spitz oder die Gurke zu krumm, kommt sie nicht in den Handel", ärgert sich Bezirksbauernkammerobmann Manfred Zörnpfenning. Die Produkte unserer Gemüsebauern unterliegen strengen Auflagen - und dabei geht es nicht nur um Qualität, denn die steht außer Zweifel. Es geht auch um die Optik. In Einzelfällen würden die Supermarktketten verbogenes Gemüse annehmen, aber das mit einer Preisminderung von 70 Prozent.
Zu kurze oder zu lange Karotten landen daher entweder in der Biogasanlage oder auf den Feldern, wo sie eingeackert werden. "Das ich auch der letzte Weg für die Kartoffeln", weiß Andreas Staudigl von der Bauernerdäpfel Verkaufs-GmbH. Grundsätzlich versuche man aber durch massive Qualitätskontrollen die Abfälle zu minimieren. "McDonalds stellt extem hohe optische Ansprüche. Doch immerhin gelangen nicht zur Produktion geeignete Erdäpfel in der betriebseigenen Biogasanlage, die das Werk in Hollabrunn betreibt", sagt Zörnpfenning.
Einzelne Früchte gelangen allerdings doch zum Konsumenten. Es bleiben immer wieder Autofahrer am Straßenrand stehen, um das Gemüse für den Eigenbedarf einzusammeln. Ein gefundenes (Fr-)Essen für sogenannte Freeganer, die die Ernährung aus Abfall zum Dogma erhoben haben. Freeganer ernähren sich von weggeworfenen, nicht abgelaufenen und verwertbaren Lebensmitteln der Supermärkte oder eben von jenen auf den Feldern.
Johannes Mühl, Biobauer aus Parbasdorf, ist optimistisch: "Es wird besser. Die Ketten bemühen sich, weniger wegzuwerfen." Nichtsdestotrotz herrscht gerade zu Beginn der Erntesaison ein Machtkampf zwischen Produzenten und Abnehmern. Je mehr Ware vorhanden ist, desto mehr wird wieder zurückgeschickt.
Aber auch die Entsorgung hat ihren Preis, daher geht man dazu über, die Retourware einer weiteren Überprüfung zu unterziehen und neu auszusortieren. Wegen einer Karotte ist nicht gleich das ganze Kilo schlecht.
REWE International AG will unter einer neuen Eigenmarke als erster heimischer Lebensmittelhändler Produkte mit Schönheitsfehlern in Österreichs Supermärkte bringen. "Mit Hilfe der Aktion soll ein noch stärkeres Bewusstsein für die Qualität von heimischen Lebensmitteln geschaffen und ein Gegenmodell zur Wegwerfkultur entwickelt werden." Laut REWE-Sprecher wurde die Aktion von September auf Oktober verschoben.
Zur Sache
Der Gänserndorfer Müllverband (GVU) sammelte im Jahr 2012 10.942 Tonnen Biomüll. Ungefähr 45 Prozent der Haushalte haben eine Biotonne, der Rest des biologischen Abfalls - inklusive Lebensmittel - landet auf Komposthaufen oder - verbotenerweise - im Restmüll. Laut einer Aussendung des GVU zu Beginn des Jahres landen im Bezirk pro Person jedes Jahr 15 Kilo Lebensmittel im Müll.
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