Vibroseismik erschüttert den Bezirk Gänserndorf
BEZIRK. (mc) Das Haus des Landwirts Josef Zihr aus Orth an der Donau hat Risse. Und zwar, seitdem die seismischen Messungen im Auftrag von OMV und Geotief Wien, einer Tochter der Wien Energie, stattgefunden haben – das sagt Zihr und hat gegen die OMV ein Beweissicherungsverfahren angestrengt. Dem entgegen steht die Aussage der OMV: „Aufgrund unserer Auflagen in Bezug auf die ÖNORM S9020 sind die von uns ausgelösten maximalen Schwinggeschwindigkeiten unterhalb des Grenzwertes für denkmalgeschützte Gebäude. Das bedeutet, dass wir mit der Einhaltung der Grenzwerte keinen Schaden verursachen können.“
Zurück zum Anfang - Warum seismische Messungen?
OMV und Geotief Wien lassen durch die deutsche Spezialfirma DMT mittels Vibroseismik eine „unterirdische Landkarte“ der Untergrundstrukturen in 4000-6000 Metern Tiefe erstellen, unter anderem auch im Bezirk Gänserndorf. Die OMV sucht dabei nach Gasvorkommen, die Geotief Wien nach Heißwasser zur Gewinnung geothermaler Energie. „Ganz im Süden des Bezirks geht es um heiße Quellen. Geothermie als Energiequelle für Wien und sein direktes Umland könnte eine Alternative zu den gebräuchlichen fossilen Brennstoffen werden. Wenn hydrothermale Geothermie möglich ist. Denn petrothermale Geothermie ist grundsätzlich abzulehnen. Die Technologie dabei ist im Prinzip dieselbe, die bei Schiefergasbohrungen angewendet wird, womit auch die Nebenwirkungen und Gefahren ähnliche sind,“ sagt Beate Kainz von den GRÜNEN Gänserndorf. Vibroseismik bedeutet, dass Fahrzeuge mittels Vibrationsplatten Schwingungen in den Boden schicken. Diese werden durch die Gesteinsschichten reflektiert und an der Oberfläche von sogenannten Geophonen wieder aufgefangen. So entsteht die „Landkarte“, die Wasser- aber auch Gasvorkommen zeigen kann. Kainz sagt weiter: „Umso nördlicher, umso Schiefergas. Die Technologie ist vorhanden, wurde nach eigenen Aussagen auch bereits erprobt. Die unterirdische Landkarte wird mit jeder Messung vollständiger. Uns muss klar sein, dass wir weder informiert noch gefragt werden. Fracking ist generell abzulehnen – egal ob es um Schiefergas geht oder um warmes Wasser.“
Gebäudeschäden durch seismische Messungen?
Im Fall des Herrn Zihr wird ein durch das Gericht beauftragter Sachverständiger versuchen zu klären, ob die Schäden durch die Vibrationen im Boden und Mauerwerk entstanden sein können. Und hier liegt das Problem: Momentan ist die Beweislast nämlich beim mutmaßlich Geschädigten, der belegen können soll, dass vor den Messungen kein Schaden vorhanden war. Dies wird auch von den GRÜNEN kritisiert, die eine Beweislastumkehr fordern und sich daran stören, dass Anrainer nicht persönlich verständigt werden. Es genügt die Bekanntmachung mittels Edikt. Interessant scheint hierbei, dass die Stadtgemeinde Gänserndorf im besagten Edikt von 3.9.2018 nicht aufscheint, aber dennoch Messungen vorgenommen wurden. So wird von der OMV das Vorgehen erläutert: „Alle Gemeinden werden vorab über die Messungen informiert und es wird deren Zustimmung eingeholt. Von Grundeigentümern und Bewirtschaftern von durch die Seismik benutzten Flächen, wird eine schriftliche Zustimmung eingeholt. Messungen wurden direkt im Ort Gänserndorf durchgeführt“, mit dem Zusatz „und wir hatten keine einzige Schadensmeldung.“
Was ist "die Wahrheit"?
Zihr sammelt indes Schadensmeldungen, Gebäudeschäden aber auch gehäufte Stromausfälle, aus dem ganzen Bezirk. Es gibt mittlerweile auch eine Telefonnummer, unter der sich Betroffene bei der OMV melden können. Ob es nun Schäden durch Vibroseismik geben kann oder nicht, wird sich somit zeigen. Zihr kämpft auch vor Gericht weiter und betont, dass es ihm allein darum gehe, „die Wahrheit“ an die Öffentlichkeit zu bringen. Die ihm möglicherweise zustehende Entschädigung, es geht um einen Wert von 10000 Euro, möchte er im Falle des Erfolges seiner Klage nicht behalten, sondern spenden - für Projekte zur Erforschung alternativer, umweltschonender Formen von Energiegewinnung.
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