Schlusslicht Niederösterreich
Pflegekinder können nun auch in Niederösterreich gleichgeschlechtliche Eltern bekommen.
Fred (Name von der Redaktion geändert) ist erst sieben Monate alt und dennoch kann er was erzählen. Seine leiblichen Eltern waren nicht in der Lage, ihn großzuziehen. Die Fürsorge übergab den wenige Tage alten Säugling einer Krisenpflegemutter und machte sich auf die Suche nach den passenden Eltern.
Jetzt lebt Fred bei Julia und Sandra als Pflegekind. Die beiden gebürtigen Niederösterreicherinnen sind seit 2007 ein Paar, seit 2010 verpartnert. Was in Wien schon seit 1997 ein gut funktionierendes Modell ist, ist seit Ende Mai auch in Niederösterreich Realität: Homosexuelle dürfen die Pflegschaft für ein Kind übernehmen.
Niederösterreichs SoHo-Chefin Michaela Menclik machte sich für diese Gleichstellung stark: "Niederösterreich ist mit der Öffnung der Pflegschaft für homosexuelle Paare das österreichische Schlusslicht." Die Gänserndorferin bietet über die Soho-Plattform (sozialistische Homosexuelle) Hilfe und Begleitung für pflegewillige Mütter- und Väter-Paare.
Wer sich um ein Pflegekind bemüht, muss zuerst einen langen Prozess durchschreiten: Kurse über Theorie, Recht und Pflege, Intensivseminar und Gespräche mit Sozialarbeitern. "Wir wurden ordentlich durchleuchtet", erzählt Sandra von dem langwierigen, aber gut gestalteten Prozess, "dass wir zwei Frauen sind, war im Kurs nie ein Problem." Die Reaktionen ihrer Umgebung und Familien waren extrem positiv: alle lieben Fred. Und er liebt seine Mamis: Der als Schreibaby diagnostizierte Säugling lebte sich hervorragend ein. "Er schläft seit dem dritten Tag bei uns durch", freuen sich die glücklichen Mütter.
In Wien ist die MA 11 für Pflegschaften zuständig. In Niederösterreich kümmern sich die Bezirkshauptmannschaften. "Verpflichtend ist ein Vorbereitungslehrgang, der über drei Wochenenden läuft", erklärt Bezirkshauptmann Martin Steinhauser. Weitere Betreuungsangebote von Sozialarbeitern werden individuell behandelt. Anfragen von homosexuellen Paaren werden bereits in Gänserndorf bearbeitet.
Karina Seidl
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