"Da wussten wir, das ist die Abschiebung"
GROSS-ENZERSDORF. Frust, Wut und unendliche Traurigkeit erfüllt die Stimme von Margit Huber. Die Groß-Enzersdorferin unterstützt gemeinsam mit anderen die palästinensische Familie Abuteir seit ihrer Ankunft in Österreich. Heute morgen wurden sie nach Kroatien abgeschoben. Trotz aller Integrationsbemühungen.
Kontrollpunkte werden zu Boomerang
Sie kamen im Jänner wie die meisten anderen über die von der EU organisierten Balkanroute über Kroatien nach Österreich. Nach Monaten des Wartens wurden sie zu einem "Rückkehrberatungsgespräch" nach Traiskirchen geladen. Die 22-jährige Hanadi und ihr 29-jähriger Mann Walid, sowie der heute elf Monate alte Khaled konnten Bestätigungen aus Deutsch-Kursen vorlegen, Empfehlungsschreiben von Freunden und über Mithilfe bei diversen Veranstaltungen. Die Antwort der Behörden: Die Familie darf in Österreich nicht um Asyl ansuchen. Das müsse nach der Dublin III-Verordnung in Kroatien geschehen.
Wechselspiel
Nach monatelangen Wechselspiel von Einsprüchen und Ablehnungen bekamen Familie Abuteir diesen Donnerstag einen Brief: Tags darauf müssen sie sich um 9 Uhr in Traiskirchen melden. Sie sollen alle nötigen Medikamente mitbringen. "Da war uns klar, das ist die Abschiebung" sagt Margit Huber.
Für Hanadi war das zuviel. Die junge Frau reagierte völlig apathisch, war nicht mehr ansprechbar. Die Helfergruppe brachte sich anstatt nach Traiskirchen zu einem Arzt. Es folgte die Überstellung in die Psychatrie nach Tulln: Die Frau war akut selbstmordgefährdet. "Nach vierstündiger Untersuchung und einer handvoll Medikamente wurde sie im selben Zustand entlassen in dem wir sie hin gebracht haben", empört sich Margit Huber. In den frühen Morgenstunden des Samstags stand dann die Polizei vor der Tür, um die dreiköpfige Familie abzuholen.
Integration ist nicht genug
"Kroatien geht derzeit über. Im Moment entstehen dort Camps, wie im Sommer 2015 in Traiskirchen, aber jetzt steht der Winter bevor", sieht Margit Huber, die mit anderen Helfergruppen europaweit gut vernetzt ist, eine humanitäre Katastrophe heranziehen.
Der Fall der Familie Abuteir ist keine Ausnahme. Drei junge Männer – 18, 20 und 26 Jahre alt – die ebenfalls in Groß-Enzersdorf integriert sind, droht eine ähnliche Ausreise. Einer von ihnen hat bereits zwei Jobzusagen in der Tasche. Ob er sie nutzen kann, liegt an den Behörden.
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